Philadelphia. Die deutsche Fußball-Nationalmannschaft spielt in diesen Tagen zweimal in den USA. Aber wie ist das Stadion-Erlebnis eigentlich? Eine Reportage.
Mats Hummels hat schon richtig Lust. 60.000 Mexikanerinnen und Mexikaner werden im Lincoln Financial Field von Philadelphia grün-rot-weiße Kleidung tragen. Sie werden singen, schreien, laut sein. Wie in Europa, Mittel- und Südamerika, den Hochburgen des Fußballs. „Mir war nicht bewusst, dass es ein Hexenkessel wird, aber dann freue ich mich sehr drauf. Ich liebe die Atmosphäre“, meinte Deutschlands Innenverteidiger mit Blick auf das Länderspiel am frühen Mittwochmorgen deutscher Zeit (2 Uhr, ARD). Bisher war Atmosphäre für die DFB-Elf, nun ja: amerikanisch. Aber was heißt das eigentlich?
Der frische Geruch eines kühlen Herbsttages mischt sich mit dem des Fleisches, das schon am Vormittag brutzelt. Sportfans treffen sich schon weit vor Anpfiff auf den Parkplatz-Wüsten rund um die hiesigen Arenen. Sie trinken Bier und schießen Fußbälle, während der Rauch aus ihren Grills in die Luft steigt. Man sieht Trikots der USA, alte und neue der DFB-Elf, von Bundesliga-Klubs. Durch die Tore des Pratt & Whitney Stadium in Hartford/Connecticut laufen sie erst kurz vor Anpfiff des Testspiels zwischen den USA und Deutschland.
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Es geht mehr ums Drumherum, ums Ereignis. Auch innerhalb des Stadions. Vor der amerikanischen Fankurve steht ein Mann mit Mikrofon. So kennt man es auch aus Deutschland, so koordinieren die Ultra-Gruppen ihre Gesänge. Hier aber ist er gleich mit der zentralen Lautsprecher-Anlage verbunden, er ist Teil der Show des Veranstalters. „Make some noise“, brüllt er. Seid laut. Als Christian Pulisic die Amerikaner in Führung schießt, dröhnen Techno-Beats durchs Stadion. Das Flutlicht flackert.
Stimmung aus dem Reagenzglas
Die Amerikaner verbinden das, was sie kennen – die Show aus dem American Football, dem Eishockey, dem Basket- und Baseball - mit dem was, sie in Europa aufschnappen. Sport schauen in den USA, manchmal ist das auch albern.
Ortswechsel in den TD Garden. Hier treffen die Boston Bruins auf die Chicago Blackhawks. Kurz vor Ende des Eishockey-Spiels wird der Fan des Spiels gewählt. Drei Kandidaten stehen zur Auswahl und werden jeweils auf dem Videowürfel eingeblendet. Die Lautstärke des Applauses entscheidet, wer gewinnt. Am Ende sichert sich eine Bulldogge mit Karl-Dall-Auge den Titel. Kein Witz.
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Ihren Sport vermarkten aber können sie auf der anderen Atlantikseite auch emotional. Es geht um gute Geschichten. Weil die Bruins 100-jähriges Jubiläum feiern, fahren sie Helden ihrer Vergangenheit wie Bobby Orr auf.
Frisbee-Hunde beim NFL-Spiel
Noch ein Ortswechsel. American Football im Metlife-Stadium, die New York Jets empfangen die Philadelphia Eagles. In der Halbzeit sollen die angeblich besten Frisbee-Hunde Amerikas die fliegenden Scheiben fangen, schnappen aber erstaunlich oft daneben.
Es gibt auch eine Simba-Kamera, die Zuschauer im Stadion in den Fokus nimmt. Im Zeichentrick-Klassiker König der Löwen präsentiert ein Pavian in einer ikonischen Film-Szene den Bewohner der Savanne das gleichnamige Löwenjunge. Im herbstlichen East Rutherford hingegen halten Väter panisch ihre Kleinkinder in die Luft - die Besitzer der "Frisbee-Hunde" (sic!) auch ihre Vierbeiner.
Als die Jets kurz davor sind, das Spiel gegen die Eagles zu gewinnen, wird eine Warnung auf der Leinwand eingeblendet. „Es ist erlaubt, aufzustehen und nicht leise zu sein“, steht da. Die Mexikanerinnen und Mexikaner werden dafür am Dienstag in Philadelphia keine Extra-Einladung benötigen.