Hagen. Gilt nun drinnen eine generelle Maskenpflicht für Geimpfte am Arbeitsplatz? Die neue NRW-Verordnung sorgt für Verwirrung. Was tatsächlich gilt.

Die neue, seit 28. Dezember in NRW geltende Fassung der Coronaschutzverordnung sorgt weiter für viele Fragen und Verunsicherungen. Nicht nur wegen der 2G-plus-Regelungen bei Sport, Freizeit und Wellness, die auch für Geboosterte gelten. Sondern auch wegen der Änderungen bei der Maskenpflicht am Arbeitsplatz für vollständig Geimpfte.

Zunächst hatte das NRW-Arbeits-und Gesundheitsministerium ausdrücklich das bestätigt, was verschiedene Medien - auch unser Portal - in dem aktuellen Verordnungstext erkannt hatten, nachdem dort Ausnahmeregelungen für vollständig Geimpfte ersatzlos gestrichen worden waren: Dass nun in Innenräumen generell eine Maskenpflicht auch für Geimpfte gilt – selbst wenn der Mindestabstand von 1,5 Metern eingehalten werden kann. Am Dienstagnachmittag nun relativierte das Ministerium diese Einschätzung auf Anfrage: Betroffen sind weitestgehend nur die Arbeitsplätze in Innenräumen, zu denen auch Kunden oder Besucher Zugang haben.

Ständige Maskenpflicht nun auch in der Finanzbuchhaltung?

Die Ursprungsnachricht hatte für große Unruhe und viele Reaktionen in der Wirtschaft gesorgt. Zum Beispiel in einem großen Handelsunternehmen in der Region. Dort herrscht die Maskenpflicht ohnehin überall dort, wo Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit der Kundschaft oder mit Geschäftspartnern reden. Nun die Unsicherheit: Muss nun zum Beispiel auch in der Finanzbuchhaltung ständig die Maske getragen werden? Auch am Schreibtisch, trotz Einhaltung des Mindestabstandes? „Bei allen Kundenkontakten ist das o.k., das können wir nachvollziehen“, so ein führender Mitarbeiter. „Aber dort sind ja keinerlei Außenkontakte vorgesehen.“

+++ Lesen Sie auch: Corona-„Spaziergänge“: Wie die Polizei nun vorgehen will +++

Und tatsächlich kann das NRW-Gesundheitsministerium etwas beruhigen. Grundsätzlich, so ein Sprecher , müssten zwei Bereiche unterschieden werden: Alle Arbeitsplätze, zu denen nur Beschäftigte Zugang hätten, und solche, zu denen auch Kunden oder Besucher gelangen könnten. Für den ersten Bereich gelte das Arbeitsschutzrecht. Und für den zweiten neben dem Arbeitsschutzrecht auch die Coronaschutzverordnung, die jetzt für Diskussionen sorgt. Mit dieser sollten nämlich vor allem die Kunden geschützt werden.

Kunden zugelassen oder nicht? Das ist die Frage

Konkret: Bei allen Arbeitsplätzen ohne Kunden- und Besucherkontakt gilt nur dann die Maskenpflicht, wenn der 1,5-Meter-Mindestabstand nicht eingehalten werden kann und auch keine andere Lösungen wie Plexiglas-Abtrennungen möglich sind. Die ausreichende Belüftung muss zusätzlich sichergestellt werden. Insgesamt, so der Ministeriumssprecher, müssten Arbeitgeber eine Gesamtabschätzung der Gefahren vornehmen, bei denen Geimpfte auch bevorzugt werden könnten: „Dabei kann generell auch ein Impfstatus berücksichtigt werden, was aber gerade angesichts der Omikron-Variante nicht mehr automatisch zu einem Verzicht auf die Maskenpflicht führen sollte.“

Bei allen Arbeitsplätzen mit Kunden- oder Besucherkontakten gelten die Coronaschutzverordnung und die Arbeitsschutzregelungen parallel. „Nach der aktuellen Coronaschutzverordnung gilt in diesen Räumen grundsätzlich zum Schutz der Kundinnen und Kunden eine Maskenpflicht für Beschäftigte“, so der Sprecher des NRW-Gesundheitsministeriums. In der bis 27. Dezember geltende Fassung der Coronaschutzverordnung waren aber Ausnahmen festgelegt. Vollständig Geimpfte konnten in Innenräumen bei ihrer Arbeit auf die Maske verzichten, wenn der 1,5-Meter-Mindestabstand eingehalten werden konnte. Und auch bei Verkaufs- oder Beratungsgesprächen konnte die Maske weggelassen werden, wenn alle Beteiligten vollständig geimpft waren. Diese Ausnahmeregel ist nun ersatzlos gestrichen worden.

+++ Lesen Sie auch: Traum geplatzt: Bundestagsabgeordneter für nur drei Wochen +++

Zum Kundenschutz, so das Ministerium gebe es noch eine Ausnahme: Bei mit Plexiglasscheiben abgetrennten Arbeitsplätzen brauche es keine Maske zum Kundenschutz. „Aber: Wenn hinter dem Plexiglas mehrere Beschäftigte zusammenarbeiten, gilt für die wieder das normale Arbeitsschutzrecht“, so der Ministeriumsprecher: „Wenn zwischen den Beschäftigten Mindestabstände nicht eingehalten werden oder zusätzliche Abtrennung nicht vorhanden sind, gilt Maskenpflicht.“

Viele Detailfragen bleiben weiter offen

Es bleibt also kompliziert. Und so konnte das NRW-Gesundheitsministerium am Dienstag auch noch keine Antworten auf weitere detaillierte Fragen zu der neuen Rechtslage bieten: Die Zahl der Nachfragen zu der neuen Coronaschutzverordnung sei einfach zu groß, so ein Sprecher.

Offen bleiben daher Fragen, wie zum Beispiel die Situation auf Baustellen für Handwerker ist: Sind hier die Innenräume Arbeitsplätze ohne Kunden- und Besucherverkehr? Oder sind sie nicht doch frei zugänglich? Die Ausnahmen von der Maskenpflicht für Geimpfte in Firmenfahrzeugen ist ebenfalls in der neuen Coronaschutzverordnung gestrichen worden. Gilt das auch für private Fahrgemeinschaften zur Arbeit?

Auch weitere Regelungen der Verordnung sorgen nach Weihnachten für Fragen:

2G-plus für vollständig Geimpfte: Eigentlich sollte es quasi einen Bonus für Geboosterte geben. Die Gesundheitsminister der Länder hatten erst Mitte Dezember beschlossen: Wer auch die dritte Impfung hat, der sollte von der 2G-plus Regelung befreit werden, die besagt: Auch Geimpfte müssen in bestimmten Einrichtungen zusätzlich einen aktuellen Test vorlegen. Doch dieser Bonus wird nicht kommen. Weil dort keine Maske getragen werden kann, gilt in NRW ab Dienstag, 28. Dezember, in Fitnessstudios, in Schwimmbädern, Saunen oder bei allen anderen Sportaktivitäten, die in Innenräumen durchgeführt werden, eben jene 2G-plus-Regelung. Woher der Sinneswandel bei Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) bei den Geboosterten? Sein Sprecher sagt, dass dies „nach derzeitigem Stand infektiologisch auch für Geboosterte geboten“ sei. NRW habe sich „in dieser dynamischen Lage für maximale Sicherheit“ entschieden, um mit dem ergänzenden aktuellen Test Bereiche „möglichst sicher auszugestalten“. Die Omikron-Variante sei eben um einiges infektiöser.
+++ Lesen Sie auch: Corona-„Spaziergänge“: Wie die Polizei nun vorgehen will +++

Chöre: Die 2G-plus-Regel gilt auch für alle Chöre und ihre Proben. Immer, wenn ohne Maske gesungen wird, muss der Impfnachweis plus aktueller Test vorliegen.