Meschede. Jürgen Alliger vom Vorstand des Werkkreis Kultur Meschede sieht in der professionellen Unterstützung der Stadt eine Entlastung der Ehrenamtlichen
„Kultur braucht Unterstützer“ - davon ist Jürgen Alliger überzeugt - aus allen Altersklassen und allen Schichten. Deshalb ist er erstmal froh, dass auch der Bürgermeister Kultur jetzt zur Chefsache erklärt hat, „auch wenn wir nicht immer einer Meinung sind“, sagte und grinst.
Durch die Neuorganisation der Kultur unter Federführung der Stadt fühlt sich auch der Vorsitzende des Werkkreis Kultur Meschede (wkm) entlastet. „Es ist gut zu wissen, dass nicht alles zusammenbricht, wenn es uns und den Kulturring als Veranstalter mal nicht mehr geben sollte.“
Die Anfänge
40 Jahre wird der wkm im nächsten Jahr alt. „Unsere Anfänge liegen in der Sozialistischen Jugend Deutschland - Die Falken“, erklärt Alliger. Die Gründungsmitglieder wollten Kultur für ein breites Publikum machen, Lücken schließen, die die etablierte Kultur ließ, Rock-, Jazz- und Blues-Konzerte, aber auch politisches Kabarett und modernes, sozialkritisches Kinder- und Jugendtheater. „Wir wollten Mitte der Achtziger eine Ausstellung über den sexuellen Missbrauch von Kindern anbieten.
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Es wurde abgelehnt, mit der Begründung „im Sauerland gebe es sowas nicht.“ Auch andernorts wehte dem wkm der Wind ins Gesicht. „Christdemokratische Mütter haben bei den alternativen Kinder-Stücken alles mitgeschrieben, was in ihren Ohren gefährlich klang. Es hieß, wir erziehen die Jugend zu Kommunisten, und Rock’n Roll war für viele der alten Generation noch eine Erfindung des Teufels.“
Die größten Erfolge
Aber das tat dem Erfolg keinen Abbruch. „Wir hatten super erfolgreiche Konzerte“, erinnert sich Alliger. Er selbst war 14, als er zu seinem ersten wkm-Konzert in die Schützenhall Wennemen fuhr: Die Puhdys, eine ostdeutsche Rockband, spielte dort. Der Verein hatte extra eine Ausnahmegenehmigung beim Ordnungsamt erwirkt, so dass auch 14-Jährige ins Konzert durften. Mit Bussen fuhren abends alle wieder nach Meschede. „Da habe ich Feuer gefangen“, erinnert er sich.
1981, da war er 16, fuhr er mit dem wkm zum Genesis-Konzert in die Westfalenhalle. „Im Bus bin ich dann Mitglied geworden.“ Ihm habe es damals gefallen, dass jeder beim wkm seine Ideen einbringen konnte. Am 1. Mai 1981 gab es dann das legendäre Grobschnitt-Konzert in der Schützenhalle mit 2200 meist jungen Zuhörern und Pyrotechnik. „Das wäre heute gar nicht mehr zulässig und in all den Jahren wurde auch deutlich gegen den aufkommenden Rechtsradikalismus Flagge gezeigt.“
Der Nachwuchs
Heute fragt er sich manchmal, wo die Jugendlichen sind. „Zu Konzerten gehen sie nur, wenn sie die Bands vorher bei Youtube schon gesehen und für gut befunden haben. Sie lassen sich nicht mehr überraschen.“ Auch das persönliche Engagement ist mager. „Der wkm hat immer angeboten, wir unterstützen euch, aber ihr müsst auch selbst aktiv werden.“
Doch dafür und für die Vorstandsarbeit sei es schwer Menschen zu begeistern. „Vielleicht bekämen wir noch einen Bus voll, wenn wir zu Helene Fischer fahren“, sagt Alliger ein wenig resigniert. Zielgruppe sind auch für den wkm heute eher die Älteren, „das wird auch zusätzlich von Land und Bund gefördert“.
Beim letzten Blues-Konzert in der Tröte waren es 40 zahlende Gäste. „Dabei stand Blues früher immer für Party. Heute steht er wohl bald auf der Liste des immateriellen Kulturerbes der Unesco ähnlich wie Flamenco....“. Dazu kommt ein weiteres Phänomen: Das beste Konzert zählt nicht, wenn es vor der Tür stattfindet. „Die Leute fahren nach Frankfurt oder Köln, aber wenn sie diesen Spitzenmusikern in der Alten Synagoge direkt gegenüber sitzen könnten, bleiben sie zu Hause.“
Die Stadthalle
Für die Zukunft hofft er jetzt auf die Fertigstellung der Stadthalle. „Zuletzt war die Halle immer verpönt.“ Zu Unrecht, wie er findet. „Sie hat wirklich eine tolle Akustik.“ Alliger ist aber sicher, dass die Mescheder in den vergangenen Jahren gemerkt haben, was sie an ihr haben. „Auch als Veranstalter ist es eben doch was anderes, ob man in der Schützenhalle alles selbst organisieren muss, oder ob Veranstaltungstechnik und Bestuhlung schon vorhanden sind.“
Große Firmen, wie Veltins oder Martinrea-Honsel, sähen längst das Potenzial von Kultur und seien auch als Sponsoren interessiert. „Auch die touristischen Betriebe könnten viel mehr für die Veranstaltungen werben.“ Alliger ist überzeugt: Davon würden beide Seiten profitieren. Auch Komplett-Arrangements wären möglich - ein Wochenende in Meschede mit der Springmaus oder dem Klavierabend mit Benjamin Moser oder der Sängerin Jessica Gall. Zum Konzert der irische Folkband Goitse hätten Gäste sich hier extra ein Zimmer genommen. Dumm nur, dass man im Hotel nicht mal wusste, wo der Bürgertreff Campus liegt. Alliger: „Im Thema Kultur und Tourismus steckt noch viel Potenzial.“