Winterberg. . Rennrodler Felix Loch überwindet im Sauerland sein Olympia-Trauma. Hinter seinem WM-Triumph verbirgt sich ein kleines Geheimnis.
Es bedurfte nicht all zu viel Fantasie, um sich dieses sportliche Drama auszumalen. Denn Felix Loch ging wieder als letzter Starter in den abschließenden Lauf. Und wieder lauerten im Ziel drei Berufskollegen darauf, dass der 29-jährige Star der Rennrodel-Szene den einen entscheidenden oder sogar mehrere Fehler machte. Wie es ihm bei den Olympischen Winterspielen 2018 passierte, als Loch, der Dominator des vergangenen Jahrzehnts, in Führung liegend im letzten Lauf die Goldmedaille noch aus der Hand gab und den Wettbewerb lediglich auf Platz fünf beendete.
Doch bei der Weltmeisterschaft in Winterberg machte Loch keine Fehler. Er trotzte den bösen Erinnerungen an Pyeongchang, er trotzte dem fiesen Nieselregen und den leichten Plusgraden – und ließ als neuer Weltmeister seinen Emotionen im Ziel freien Lauf.
In inniger Umarmung übers Eis
Aber nicht nur er tat dies, sondern auch sein Vater, der Chef-Bundestrainer Norbert Loch. Und so boten sich im Zieleinlauf der Veltins-EisArena ähnliche Bilder wie vor Jahresfrist in Südkorea, nur das Loch seinen Filius nicht tröstend in den Arm nahm, sondern fast voller Freude und Stolz mit ihm in inniger Umarmung über das Eis kugelte.
„Hammergeil“, sagte Loch später über seinen Triumph vor dem Österreicher Reinhard Egger und dem Russen Semen Pavlichenko. Und er gestand offenherzig ein, warum er, der bereits alle Titel dieser Welt gewann, sich über diesen derart freute: „Viele sagen, er hat hoch gepokert. Aber ich habe die ganze Saison nicht hoch gepokert – es ist einfach nicht gelaufen.“
Seit guten einem Jahr wartete der sonst so erfolgsverwöhnte Bayer im immer enger zusammenrückenden Männerfeld auf den nächsten Sieg – und der kam ausgerechnet in Winterberg. Dort, wo Loch zwar oft über das Wetter schimpfte, aber sich fast nie über einen Sieg freuen durfte. „Der Titel besitzt einen ganz großen Stellenwert“, sagte er. „Ich stand hier schon oft auf dem Podest, aber es hat nur einmal für einen Sieg gereicht. Dass es ausgerechnet bei der WM für den zweiten reicht, ist natürlich richtig geil.“
Außerdem: Nach seinem insgesamt sechsten WM-Gold darf sich der zweifache Vater, der mit Ehefrau Lisa und den Kindern seit zwei Jahren in Bayerisch Gmain wohnt, nun gemeinsam mit dem Italiener Armin Zöggeler Rekordweltmeister nennen. „Und ich habe alle vier deutschen Bahnen abgehakt“, sagte Loch selbst schmunzelnd. 2008 gewann er in Oberhof WM-Titel Nummer eins, 2012 folgte in Altenberg Nummer drei, 2016 am Königssee Nummer fünf und nun in Winterberg Nummer sechs.
Geisenbergers Kufen
Er habe trotz der Sieglos-Serie nie an sich gezweifelt, sagte der Ausnahme-Rodler noch. Und er verriet ein zuvor sehr gut gehütetes Geheimnis: „Ich hatte einen Deal mit der Geisi. Wir leihen uns schon mal eine Schiene. Heute habe ich ihre Kufen aufgezogen und es war die richtige Entscheidung.“
Die Weltcup-Führende Natalie Geisenberger, die Geisi, hatte am Tag zuvor bei den Damen vor Teamkollegin Julia Taubitz ebenso die Goldmedaille gewonnen, wie Toni Eggert/Sascha Benecken bei den Doppelsitzern vor Tobias Wendl-Tobias Arlt. Dass dieses Gold-Quartett in der abschließend Teamstaffel hinter Russland und Österreich nur Rang drei belegte, war ärgerlich – aber auf gar keinen Fall ein sportliches Drama.