Winterberg. . Rekordweltmeisterin Tatjana Hüfner beendet nach der Saison die Karriere. Sie nennt ihren Höhepunkt und Tiefpunkt – und will bei der WM angreifen.

Tatjana Hüfner spricht ruhig, gelassen. Doch das, was sie sagt, muss bei ihrer Konkurrenz alle Alarmglocken schrillen lassen. Hüfner, die Altmeisterin des Rennrodelns, die Rekordweltmeisterin, die in dieser Saison im Weltcup als bislang bestes Ergebnis einen dritten Platz in Innsbruck-Igls vorzuweisen hat, erklärt vor ihrem Start bei der Weltmeisterschaft in Winterberg nämlich Folgendes: „Ich habe mich im Weltcup in diesem Winter auf den Bahnen nicht wohlgefühlt. In Winterberg ist das nach den Trainingsläufen anders.“

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Sie fühlt sich wohl. Und sie will angreifen. Denn der Sprint am Freitag und das Einzel am Samstag werden ihre letzten Rennen bei Weltmeisterschaften sein. Hüfner, als kleines Mädchen mit neun Jahren zum Rennrodeln gekommen, verlässt 35-jährig als Grande Dame die große Bühne.

Was könnte zum Abschied passender sein, als die sechste Goldmedaille bei einer WM? Zumal sie den Vorsprung auf Natalie Geisenberger in der ewigen Bestenliste damit ausbauen würde. Hüfner führt mit fünf Goldmedaillen und jeweils einmal Silber und Bronze. Geisenberger belegt in dem Ranking mit drei Goldmedaillen, drei silbernen und einer bronzenen Platz vier. Zwischen den beiden deutschen Stars liegen ihre Vorgängerinnen Sylke Otto (auf Rang zwei) und als Dritte Margit Schumann.

Alles kann, nichts muss

„Um hier überhaupt eine Medaille zu holen, muss aber alles passen“, sagt Tatjana Hüfner. Locker, gelassen. Mit dem Wissen: alles kann, nichts muss. Schließlich gibt es keinen Titel, den die Athletin, die für den RC Blankenburg startet und in Neuruppin geboren wurde, nicht bereits gewonnen hat.

Emotionaler Höhepunkt: Tatjana Hüfner küsst 2010 als Olympiasiegerin in Vancouver das Podest. Dritte damals: Natalie Geisenberger (re.)
Emotionaler Höhepunkt: Tatjana Hüfner küsst 2010 als Olympiasiegerin in Vancouver das Podest. Dritte damals: Natalie Geisenberger (re.) © imago

Bei dieser imposanten Sammlung – welcher Triumph ist Hüfner emotional am meisten in Erinnerung geblieben? „Das ist ganz klar der Olympiasieg 2010 in Vancouver“, antwortet sie, ohne lange nachdenken zu müssen. Jene in Kanada waren ihre zweiten Olympischen Winterspiele nach Turin vier Jahre zuvor, „aber da bin ich ja eher in der Rolle eines Lehrlings gewesen“, sagt sie. Vier Jahre arbeitete Hüfner anschließend auf Vancouver hin – und triumphierte.

Bei Olympischen Winterspielen erlebte sie jedoch auch „den schwärzesten Tag meiner Karriere“, wie sie den 13. Februar 2018 nachträglich nennt. Es war kein Freitag, sondern ein Dienstag, als Hüfner aussichtsreich auf Platz zwei liegend und durch den am Vortag von ihr aufgestellten Startrekord zusätzlich motiviert in den abschließenden vierten Durchgang in Pyeongchang ging. Das Resultat: Als letzte Starterin verdrängte die Olympiasiegerin Natalie Geisenberger ihre Teamkollegin vom Treppchen. Hüfner blieb als Viertplatzierte das so genannte Blech.

Pädagogin bei der Bundeswehr

Vergangenheit. Ebenso wie der Zwist vor, bei und nach den Olympischen Winterspielen 2014 in Sotschi, als Hüfner beklagte, dass andere Sportler im Vergleich zu jenen aus Bayern benachteiligt würden. „Ich habe an den Weggabelungen meiner Karriere ziemlich oft die richtige genommen“, sagt sie nun. Der Schritt, Sportsoldatin zu werden, fällt darunter. Der Bundeswehr bleibt sie treu. Als studierte Kinderpädagogin arbeitet sie in Zukunft bei der Truppe in St. Augustin in der Kinderbetreuung.

Aber bis dahin gilt: Volle Konzentration auf das Rennrodeln – und die eventuelle Medaillenjagd in Winterberg.