Menden. Die schwarze Romantik mit ihren Schauergeschichten steht im Mittelpunkt des neuen Kunstfestivals Passagen auf Gut Rödinghausen in Menden

Wenn die Droste im frühen 19. Jahrhundert durchs Sauerland reist, sucht sie nicht Blümchenkaffee oder rosa Biedermeiersträußchen, sondern Werwölfe, Untote und Geister. Ein neues Festival in Menden lässt jetzt die dunkle Romantik wieder aufleben und die Salonkultur an westfälischen Adelshöfen. Vom 31. August bis 15. September wird das historische Gut Rödinghausen zum Schauplatz für Tanz, Theater und Musik.

Annette von Droste-Hülshoff hat tatsächlich auf Gut Rödinghausen übernachtet, bei den Freiherren von Dücker. „Die Dichterin hatte verwandtschaftliche Beziehungen zu den Dückers, die sind auch die einzige Adelsfamilie, über die sie geschrieben hat“, erläutert Jutta Törnig-Struck, die Direktorin des künftigen Industriemuseums in dem Herrenhaus. An diese historische Situation knüpft der künstlerische Leiter des Festivals, Volker Fleige, mit seinem Konzept an: „Das war für uns der Anlass zu sagen, dann nehmen wir die Droste und ihre Zeit als Ausgangspunkt für ein Kunstfest und verbinden sie mit den Brüdern Grimm, Goethes ,Erlkönig’, Schuberts ,Geistertrio’ und Marschners ,Vampyr’, also der schwarzen Romantik.“

Melodram wird wiederbelebt

Dabei wollen die Organisatoren einerseits romantische Gattungen wie das Melodram wiederbeleben und haben andererseits den Anspruch, kreativ neue Formate zu entwickeln. Fleige: „Was Sie hier sehen, können Sie nur bei uns sehen.“ Die Schauspielerin Kathrin Steinweg und der Musiker Christian Klein öffnen zum Beispiel den Blick auf Annette von Droste-Hülshoff als Lyrikerin, Autorin und Komponistin. Volker Fleige hat zusammen mit Alexander Hülshoff, dem künstlerischen Leiter des Orchesterzentrums NRW in Dortmund, ein Programm mit romantischen Schauermärchen entwickelt, bei dem Claus Dieter Clausnitzer die Rezitation übernimmt. Neben dem Salon wird der Park im englischen Landschaftsstil in das Konzept einbezogen.

Tanzcamp für Kinder und Jugendliche

Die westfälischen Adelshöfe vergangener Tage waren gastfreundliche Orte. Besuch war gerne gesehen und blieb mitunter lange. Auch an diese Tradition knüpfen die „Passagen“ an, denn die Künstler werden überwiegend nicht in Hotels untergebracht, sondern übernachten bei der Familie von Alvensleben, die sich im Vorstand des Fördervereins engagiert. Maria-Theresia von Alvensleben ist auf Gut Rödinghausen aufgewachsen. „Wir sind als Diplomaten durch die ganze Welt gezogen. Die Gastfreundschaft, die wir erlebt haben, war immer eine große Bereicherung für uns. Das möchten wir nun weitergeben.“

Ebenfalls wichtig ist dem Förderverein die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen. Deshalb wird in Kooperation mit dem Tanzhaus NRW ein Tanzcamp für junge Menschen angeboten. Derzeit führt man bereits Gespräche mit dem NRW Juniorballett Dortmund und jungen Choreographen vom Theater Hagen für die kommenden Spielzeiten. Und die Beethoven-Gesellschaft in Bonn fördert 2020 ein Beethoven-Projekt in Menden.

Edeltraud Kwiatkowski, lange Sopranistin am Theater Hagen und Mendenerin, stellt nicht nur ihre Kontakte, sondern auch ihre Bühnen-Erfahrung im Vorstand zur Verfügung. „Ich habe sofort begeistert Ja gesagt. In diesen Ort muss Leben rein. Und bei mir ist ja die Kultur das Lebenselixier.“

Lust am Schauerlichen

Das Programm ist ambitioniert, darüber ist sich der Förderverein im Klaren. Die Finanzierung für die erste Saison steht; die Wirtschaft vor Ort unterstützt das Festival mit 30.000 Euro Sponsorengeldern. Eröffnet wird die Reihe am 31. August mit einem bunten Picknick im Park. „Wir haben das Konzept lange diskutiert. Wir haben gesagt, um in der Kulturszene NRWs bestehen zu können, brauchen wir ein Profil, da kann man nicht mit Coverbands anfangen“, reflektiert Volker Fleige. „Aber wir werden unsere Zeit brauchen, bis sich das herumgesprochen hat.“

Mit dem Schwerpunkt schwarze Romantik sind die Mendener jedenfalls mitten im Trend. Das Thema wird derzeit neu entdeckt und offenbart die Lust der Epoche am Abgründigen. Bei der Sanierung des Herrenhauses hat Jutta Törnig-Struck ein Konvolut von Briefen gefunden, alle von Mäusen zernagt. Vielleicht sind Liebesbriefe der Droste darunter? Vielleicht eine Ballade wie die vom Werwolf, vom Loup Garou?

„Brüderchen schläft, ihr Kinder, still!/ Setzt euch ordentlich her zum Feuer!/ Hört ihr der Eule wüst Geschrill?/ Hu! im Walde ist’s nicht geheuer.“

Das Festival geht vom 31. August bis 15. Septmber. www.kunstfest-passagen.de