Arnsberg. . Mehrere Kommunen fühlen sich von der Bezirksregierung in Arnsberg übergangen. Jetzt werden wieder Standorte für künftige Anlagen ausgewiesen, die betroffene Bürger und ihre Verwaltungen schon einmal erfolgreich gekippt hatten. Einige werfen der Landesregierung Rücksichtslosigkeit vor.
Fachchinesisch? Beamtendeutsch? Unter Top 2a der Tagesordnung des Regionalrats der Bezirksregierung Arnsberg findet sich der „Sachliche Teilplan ‘Energie’ des Regionalplanes“. Wer die umfangreiche Vorlage verstehen will, muss verknotete Sätze aufdröseln und verklausulierte Formulierungen entschlüsseln. Hinter dem Wortbrei versteckt sich das Windenergiekonzept Südwestfalen.
Und es sorgt für einen Sturm der Entrüstung. Zwischen den Vorstellungen der Bezirksregierung und den Kommunen bezüglich der Ausweisung von so genannten Vorranggebieten für Windkraftanlagen liegen Welten.
„Wir müssen wahrscheinlich ganz von vorn anfangen“, fürchtet Erwin Rahrbach, Bau-Fachbereichsleiter in Netphen. 15 Flächen, zwischen 21,5 und 460,3 Hektar groß, sieht der Plan für die acht Kommunen im Kreis Siegen-Wittgenstein vor. „Innerhalb dieser Gebiete sind alle räumlichen Planungen und Maßnahmen unzulässig, die der vorrangigen Nutzung entgegenstehen“, heißt es.
Neue Standorte
Dass der Eindruck entstehen muss, hier werden durch die Festlegung vom Vorposten der Landesregierung in Arnsberg Fakten geschaffen, darf nicht wundern.
Warum?
Flächen, die in Entscheidungen kommunaler Gremien nach Bürgerprotesten abgelehnt worden sind, tauchen in dem Kartenmaterial wieder auf. So steht in Winterberg nicht mehr die von Rat und Verwaltung favorisierte Fläche nahe Altenfeld zur Debatte. Nein. Es werden Standorte wie zwischen Silbach und Brunskappel aufgeführt, die nie ein Thema waren.
Bürgermeister Werner Eickler (CDU) ist darüber wenig amüsiert. Er fordert einen Windkraftausbau mit Augenmaß „und nur im Konsens mit den Bürgerinnen und Bürgern“. Aus seiner Sicht droht der Stadt Ungemach. In dem Entwurf seien acht Flächen genannt, die jetzt eingestielt würden.
„Selbst wenn wir den Regionalplan in seinen gravierenden Auswirkungen im Beteiligungsverfahren ablehnen“, sagt Eickler, „kann es uns passieren, dass ein ‘von oben’ beschlossener Regionalplan uns durchaus zur Umsetzung über Flächennutzungspläne zwingen kann.“
Auftakt des Verfahrens
Sein Amtskollege, Bürgermeister Walter Kiß aus Kreuztal, sieht das Ansinnen der Bezirksregierung als Sozialdemokrat naturgemäß entspannter. Gleichwohl ist er bass erstaunt darüber, dass der Kindelsberg als Windenergiebereich im Regionalplan genannt wird. „Der Kindelsberg“, so Kiß, „ist als Wahrzeichen der Stadt undenkbar.“
Er glaubt nicht, dass sich die Kommune einer Entscheidung des Regionalrats fügen muss: „Die Planungshoheit ist eine hohes Gut der Kommune. Das kann nicht durch den Regionalrat unterlaufen werden.“ Er sieht den Entwurf als Planungsrahmen. „Es gibt noch viele ungeklärte Fragen.“ Das sieht Christoph Söbbeler, Pressesprecher der Bezirksregierung nicht anders. Er versteht die Kritik an der Vorlage nicht. „Es ist der Auftakt des Verfahrens. Der Entwurf ist eine Gesprächsgrundlage, die diskutiert werden muss. Nicht mehr.“ Und unterstreicht: „Von einer endgültigen Entscheidung kann keine Rede sein.“ Man brauche eine Basis, um über den Bau von Windkraftanlagen in der Region zu reden. „Was wäre denn die Alternative?“, fragt Söbbeler zurück. „Wir hätten eine Dauerdiskussion über die Verschandelung des Landschaftsbildes.“
Ohne Rücksicht
Vier Monate liegen die Pläne ab Donnerstag öffentlich aus. Mit zahllosen Eingaben, Kritik und Änderungswünschen, von einzelnen Bürgern und von den Kommunen, wird bei diesem sensiblen Thema gerechnet. Willi Schmitt aus Winterberg, einer der Sprecher des Bündnisses Vernunftwende, das sich gegen die Windkraft wendet, zählt dazu.
Er ist empört über das Vorgehen, das Übergehen kommunaler Beschlüsse: „Der Schlüssel liegt bei der rot-grünen Landesregierung. Ohne Rücksicht auf die Entscheidung der Menschen vor Ort boxt sie offenbar ihre Ziele durch. Das zeugt von wenig Respekt.“ Dem stimmt Volkmar Pott aus Iserlohn, ebenfalls Sprecher des Bündnisses, zu. Er sieht seine schlimmsten Befürchtungen nach der Lektüre der Vorlage der Bezirksregierung bestätigt. „Sie zeigt alle Grausamkeiten auf.“