Hagen/Siegen. . Viele Betriebe in der Region machen sich zu wenig Gedanken um Datensicherheit. Cyber-Kriminalität wächst. Industrie- und Handelskammern raten zur Vorbeugung - gerade weil zur hiesigen Industrie viele Weltmarktführer gehören. Deren Daten sind für Konkurrenten Gold wert.

Industrie- und Wirtschaftsspionage stellen eine oft verdrängte Gefahr dar. Sie werden achselzuckend hingenommen als irgendwie zum Wirtschaftsleben zugehörig. Welches Ausmaß das Ausspionieren angenommen hat, lässt sich seit Edward Snowden und der NSA allenfalls erahnen.

Tatsache ist jedoch, dass die so genannte Cyber-Kriminalität zunehmend auch kleinere und mittlere Unternehmen bedroht - den Mittelstand, wie er etwa Südwestfalen prägt. Und die zahlreich vertretenen Weltmarktführer der Region haben Know How angesammelt, das auch andere interessiert.

Das Smartphone als Zielobjekt

Es geht nicht nur um gekaperte Webseiten und gestohlene Adressen. Es geht um wettbewerbsrelevante Unternehmensdaten, die „Kronjuwelen“, die etwa fünf Prozent der Datenmenge ausmachen, weiß Peter Vahrenhorst, Hauptkommissar im Cyberkriminalitäts-Zentrum des Landeskriminalamts, der von den Kammern wie der IHK Siegen zu Vorträgen zum Thema Prävention eingeladen wird. Diese Daten müssen so gesichert werden, dass ein Zugriff aus dem Netz unmöglich wird. Auch und besonders auf Smartphones und Tablets, auf die sich seinen Angaben zufolge die Kriminalität immer mehr konzentriert.

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Nur um die Dimension festzuhalten: Jedes zweite Unternehmen ist nach Vahrenhorsts Erkenntnissen schon einmal von Netz-Kriminellen angegriffen worden. 600 Fälle im Jahr werden dem LKA gemeldet, aber das ist nur die Spitze des Eisberges: Es gibt eine große Grauzone derjenigen, die lieber schweigen als sich dem Verdacht auszusetzen, Daten seien bei ihnen nicht sicher. 5000 neue Schadsoftware-Produkte kommen täglich weltweit auf den Markt, berichtet Roger Schmidt, im Bereich Technologie, Innovation und Umwelt zuständiger IT-Ansprechpartner der IHK Siegen unter Bezug auf den Branchenverband Bitkom.

25 Prozent aller privaten Rechner sind gehackt

Danach sind 25 Prozent aller privaten Rechner gehackt, bei der Erstinstallation eines Smartphones sind in der ersten Stunde allein 200 Angriffe zu erwarten, bei der Erstinstallation eines DSL-Anschlusses sind es 500. Und dann noch die ausländischen Nachrichtendienste: Wenn ein deutscher Geschäftsmann nach China fliegt und sein Smartphone sich in das neue Netz einbucht, fängt er sich mit Sicherheit einen Trojaner ein, weiß Schmidt - ein Schadprogramm, das das Smartphone von selbst steuern und damit Daten ausspionieren kann. Gerade im Mittelstand nehme die Zahl ungezielter der Angriffe über so genannte Botnetze (eine Vielzahl gekaperter Rechner) zu, aber auch gezielte Angriffe , die den Webserver lahmlegen.

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Das Thema wird auf der Agenda der regionalen Industrie- und Handelskammern immer höher gehängt, berichtet Roger Schmidt. Die IHK Siegen will daher ihre Aktivitäten in diese Richtung deutlich erhöhen. „Der unternehmerische Alltag lässt es oft nicht zu, dass der Inhaber sich selbst mit der Sicherheit seiner Daten beschäftigt. Er muss dann auch die Netze absichern und die notwendigen Updates vornehmen.“ Und oft ist kein eigener IT-Spezialist vorhanden. „Das erledigt dann jemand in der Firma mit.“ Wohin das führen kann, beschreibt der IHK-Mann so: Da wird vor dem Firmengelände ein Computerstick gefunden, den nimmt jemand mit ins Unternehmen und ruckzuck hat er einen Trojaner auf dem Programm. Machmal reiche es schon, eine Mail oder Webseite nur anzuklicken. Die Kriminellen sind immer einen Schritt voraus.

Frage des Gefahrenbewusstseins

Für Peter Vahrenhorst ist es auch eine Frage des Bewusstseins. Die Unternehmer seien im Laufe der Jahre nicht gerade sensibler für das Thema Datensicherheit geworden. Das Geld spiele nur eine untergeordete Rolle. „Die jüngere Generation, die mit dem Netz groß geworden ist, sieht dessen Gefahren oft nicht mehr.“