Hagen. . Im Interview erklärt Heinrich Brüggemann, Vorsitzender der Geschäftsleitung von DB Regio NRW, warum sich die Bahn auf die Ausschreibung für das Sauerlandnetz bewirbt. Er spricht von einer “attraktiven Aufgabe“, die mehr sei als nur ein Versorgungsauftrag.

Der Ausschreibungswettbewerb um das Sauerlandnetz auf der Schiene geht in die heiße Phase. Am 20. und 21. März können sich die Interessenten dazu äußern, wie sie die Verbindungen für Berufspendler, aber auch für den Freizeitverkehr möglichst attraktiv ausgestalten wollen. Mit im Boot ist die Regionalgesellschaft NRW der Deutschen Bahn (DB Regio NRW). Heinrich Brüggemann, Vorsitzender der Geschäftsleitung, äußert sich als Gast unserer Zeitung zu seinen Plänen.

Warum bewerben Sie sich auf die Ausschreibung für das Sauerlandnetz?

Heinrich Brüggemann: Mit der Ausschreibung wird sich entscheiden, wie sich der öffentliche Personennahverkehr in den nächsten 12 Jahren entwickelt. Das bedeutet, es geht um die künftigen Bedürfnisse unserer Kunden - da gibt es wichtige Trends zu berücksichtigen, zum Beispiel den des demografischen Wandels. Im westfälischen Teil gibt es beispielsweise nicht den typischen S-Bahn-Verkehr. Das Volumen des Sonderverkehrs, der nicht jeden Tag stattfindet, spielt hier eine doppelt so große Rolle wie in anderen Gegenden in NRW. Vor diesem Hintergrund für die Bürger in der Region flexible und bedarfsgerechte Angebote zu entwickeln, ist eine attraktive Aufgabe und mehr als nur ein Versorgungsauftrag. Deshalb bewerben wir uns.

Was ist Sonderverkehr?

Brüggemann: Das sind Fahrten in die Skigebiete des Sauerlandes, zu Schützenfesten oder der Transport von Fahrrad-Wanderern. Um die Bedeutung festzumachen: Wir haben im Sauerland mit fast 75.000 Kilometern im Jahr viermal mehr Sonderverkehr als NRW-weit zusätzliche Fahrten für Fußballfans. Und das vor dem Hintergrund, dass diese Verkehre oft nicht langfristig planbar sind - ob Schnee liegt, weiß man vorher nicht. Das wird für die nächsten 10 bis 12 Jahre eine noch größere Herausforderung sein.

In schwach besiedelten Regionen wie Südwestfalen hatte es der öffentliche Nahverkehr schon immer schwerer. Zahlreiche Bahnlinien sind aus Rentabilitätsgründen gestrichen worden. Wäre nicht eine Vernetzung mit dem Individualverkehr sinnvoll?

Brüggemann: Motorisierter Individualverkehr und öffentlicher Verkehr wurden bislang immer unabhängig voneinander finanziert und verantwortet. Heute denkt man da integrativer. Man kann den Zugang zum öffentlichen Verkehr vereinfachen, etwa mit Car Sharing oder Zubringerbussen, um die Züge für die Menschen erreichbarer und attraktiver zu machen. Für die Politik hat das auch noch den Charme ökologischen Verantwortungsbewusstseins. Wenn ein Zug auch nur halbwegs voll ist, ist das für die Umwelt gut. Die Gesellschaft ist heute bereiter für den öffentlichen Nahverkehr als früher.

Wie kann der zersplitterte öffentliche Nahverkehr sich gegen das Auto behaupten und für die Menschen attraktiver werden?

Brüggemann: Alle Wettbewerber auf der Schiene müssen lernen, auch miteinander unterwegs zu sein. Der öffentliche Personennahverkehr muss funktionieren, um die Autofahrer überhaupt auf den Gedanken zu bringen, zu wechseln. Wenn für die Fahrgäste die Zusammenarbeit der Anbieter funktioniert, hilft das dem System.

Wie wollen Sie bei den Gesprächen am 20. März die Anwesenden überzeugen, dass die DB Regio NRW die Ausschreibung gewinnen sollte?

Brüggemann: Es gibt zum Beispiel gerade hier in der Region ein großes Bedürfnis, das Rad mit in den Zug zu nehmen. Wir glauben, dass vor dem Hintergrund der wachsenden Bedeutung des Freizeitverkehrs etwa auf dem Ruhrtal-Radweg oder dem Sauerland-Radring die Lösung nicht unbedingt darin liegt, Radfahrer und Räder in einem Zug zu transportieren.

Sondern?

Brüggemann: Das eigene Rad vorauszuschicken oder am Bahnhof ein Mietrad zu buchen. Man fährt mit dem eigenen Rad zum Bahnhof und stellt es dort sicher ab. Die Fahrkarte beinhaltet dann die Radnutzung am Ziel, natürlich auch von E-Bikes. Der Vorteil liegt nicht nur darin, entspannt anzukommen. Wir können das natürlich nicht alles selbst anbieten, sondern müssen auch die Kommunen dafür interessieren und die Tourismusverbände.

Auf welche Stärken setzen Sie bei der Deutschen Bahn AG im Wettbewerb?

Brüggemann: Wettbewerbsrelevant ist vor allem die Frage: Wer hat die besten Leute mit Ideen und Kreativität? Da müssen wir uns schon heute nicht verstecken. Wenn wir die spannendsten Ideen für den Nahverkehr der Zukunft entwickeln, erreichen wir unser Ziel und bleiben Marktführer.