Hagen. . Brenner Klaus Wurm musste sich immer selbst um die Vermarktung seines Whiskys kümmern. Das war zwar nicht immer leicht, verschafft ihm jetzt aber einen Vorteil gegenüber den Kollegen, denen der Staat bis jetzt die Abnahme garantierte. Viele von ihnen stehen vor dem Ruin.

Südwestfalens Reichtum an Tropfsteinhöhlen lockt nicht nur Touristen an. Auch Erzeuger von Genussmitteln aus der Region finden hier ein ideales klimatisches Umfeld, um ihre Produkte in Ruhe reifen zu lassen. Käse aus der Atta-Höhle bei Attendorn ist bekannt, weniger dagegen, dass in der Dechenhöhle in Letmathe fassweise Whisky aus Hagen-Dahl lagert - bei optimalen Bedingungen von permanenten 10 Grad Celsius und fast 100 Prozent Luftfeuchtigkeit.

„Wir produzieren neben Edelobstbränden den einzigen deutschen Höhlen-Whisky“, sagt Klaus Wurm mit einem Schmunzeln. Wurm ist Inhaber der Märkischen Spezialitäten-Brennerei in dem Hagener Ortsteil, und er kann, anders als viele kleine Kornbrennereien, sein Geschäft nach dem Ende des staatlichen Branntwein-Monopols am 30. September fortführen - über das Jahr 2017 hinaus, wenn auch die Regelung für Obstbrennereien ausläuft.

Kompliziertes Brennrecht

„Im Gegensatz zu den Abfindungsbrennern, denen der Staat bis jetzt die Abnahme garantierte, bin ich gewerblicher Verschlussbrenner und muss meine Produktion selbst vermarkten“, erklärt Wurm die Feinheiten des komplizierten deutschen Brennrechts. Anders ausgedrückt: Alle Brennereien können theoretisch weiterproduzieren - wer aber seine Brände nicht selbst an den Mann bringen kann, hat ein Problem: Der Staat stellt seine Subvention ein. Da sitzen Abfindungsbrenner und Verschlussbrenner in einem Boot.

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Nach Ansicht von Klaus Wurm werden auch einige Abfindungsbrenner wirtschaftlich überleben: „Die, die auf Qualität geachtet und einen eigenen Kundenstamm aufgebaut haben, anstatt sich auf die staatliche Abnahmegarantie zu verlassen.“ Die einen werden also in einen Markt entlassen, den viele nicht beherrschen und den die anderen bereits erobert haben. Voraussetzung: Innovative Produkte, Investitionen, gutes Marketing. Das nimmt die Märkische Spezialitätenbrennerei, Klaus Wurm zufolge mit einer Jahresproduktion von 1500 Litern „eine größere unter den kleineren Brennereien“, für sich in Anspruch. Kleinere, das sind in seinen Augen Brennereien mit einem 300-Liter-Brennrecht.

Private Kunden

Zu den Abnehmern des in einer alten Schmiede untergebrachten Ein-Mann-Betriebes zählen vor allem private Verbraucher, sowohl Stammkunden als auch Laufkundschaft, die regionale Gastronomie sowie kleinere Wein-, Spirituosen- und Delikatessenläden. Aber das allein, fürchtet Wurm, könnte auf Dauer nicht ausreichen. Daher setzt er auf eine gläserne Produktion, etwa auf Events mit Busreisegruppen am riesigen hauseigenen Grill. Oder er veranstaltet Fahrten mit Pferd und Wagen von Hagen-Dahl nach Letmathe, um etwa drei Fässer Whisky zum Reifen in die Dechenhöhle zu bringen.

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Whisky ist Wurms Thema, daran hängt sein Herz. Das spürt man, wenn er von dem „Genießerthema“ spricht. Bei der Herstellung hilft Nachbar Christian Vormann, Besitzer der gleichnamigen Brauerei. Nicht nur mit gutem Quellwasser. Bei Vormann wird die Whisky-Maische hergestellt, die sich dann im Wurmschen Brennkessel weiter entwickelt, erzählt der Unternehmer. Für Bier braucht es Gerstenmalz, Wasser, Hefe und Hopfen, für Whisky wird nur der Hopfen weggelassen. Der Single Malt etwa geht mit 65 Alkoholprozenten ins Fass und wird nach der Reife mit 55 oder 46 Prozent verkauft.

So regional wie möglich

Das Obstbrandgeschäft versucht Wurm „so regional wie möglich“zu gestalten - mit Obst von Landwirten aus der Soester Börde oder dem Münsterland. Der im Vergleich geringere Zucker- und höhere Säureanteil etwa der Äpfel verspricht seiner Erfahrung nach „eine geringere Alkoholausbeute, dafür aber mehr Aroma“. Kann man von der Brennerei leben? Wurm, der einen Jahresumsatz im fünfstelligen Bereich angibt, zögert einen Moment. Schnell reich werden kann man damit jedenfalls nicht: „Die Kosten sind hoch und auch die Risiken.“ Für 13 bis 15 Liter Apfelbrand braucht man 350 Kilo Äpfel. Und bis Geld hereinkommt, dauert es - bei Lagerzeiten von einem Jahr für Obstbrand und drei Jahren für Whisky - mindestens. Das muss vorfinanziert werden.

Klaus Wurm verkauft nebenher Werbeartikel im Außendienst, auch in der Industrie: „Das ergänzt sich.“ Destillate sind schließlich auch Werbemittel.