Hagen. . Vieles hat weh getan, doch die Begeisterung der Besucher macht das wieder wett: Vor drei Jahren wurde das Emil-Schumacher-Museum in Hagen eröffnet. Ein Gespräch mit dem Stifter-Ehepaar Ingrid und Dr. Ulrich Schumacher.

Normalerweise werden Stifter umworben. Doch Dr. Ulrich Schumacher musste lange kämpfen, um in seiner Heimatstadt Hagen das Werk seines Vaters, des großen Malers Emil Schumacher (1912 – 1999), mit einem eigenen Haus zu würdigen. Heute ist das Emil-Schumacher-Museum eines der wenigen Beispiele für privat-öffentliche Kultur-Partnerschaft in NRW. Im Gespräch mit unserer Zeitung ziehen Ingrid und Dr. Ulrich Schumacher anlässlich des 100. Geburtstags des Künstlers am 29. August eine ganz persönliche Bilanz.

2009 wurde das Emil-Schumacher-Museum eröffnet. Wie haben Sie die vergangenen drei Jahre erlebt?

Ulrich Schumacher: Ich denke, dass man eine positive Bilanz ziehen kann. Eine große Zahl von Besuchern kommt aus allen Teilen Deutschlands nach Hagen, um das Museum und die Bilder meines Vaters und natürlich die Ausstellungen zu sehen. Das ist sehr erfreulich. Und das Museum ist im Gespräch, das ist wichtig.

Ingrid Schumacher: Ich bin immer wieder begeistert von dem schönen Platz, der durch den Neubau entstanden ist, mit dem Osthaus-Museum, dem Schumacher-Museum und der Marienkirche. Der Architekt wollte ja ursprünglich die Bäume abholzen…

Ulrich Schumacher: Dagegen hätte sich mein Vater mit Vehemenz gewehrt. Der Baum vor meinem Elternhaus in der Bleichstraße steht ja auch immer noch. Der Baum vor dem Museum ist präsent und hat eine Dominanz gegenüber dem Gebäude, das ist ein schönes Wechselspiel.

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Nach Führungen bitten Schulkinder Sie sogar um Autogramme. Ziehen Sie als Stifter und Vorsitzender der Stiftung noch die Fäden im Museum?

U. Schumacher: Aus dem operativen Geschäft möchte ich mich etwas zurückziehen. Ich habe fast 30 Jahre lang das Museum Quadrat Bottrop geleitet, irgendwann ist es genug. Aber durch Ausstellungen führe ich sehr gerne. Es gibt sehr positive Rückmeldungen auf das Werk, und alle, die ich führe, sagen, das wäre etwas Besonderes, weil ich Dinge zu den Bildern sagen kann, die sonst niemand weiß.

Den 100. Geburtstag Emil Schumachers feiern Sie mit der Ausstellung „Malerei ist gesteigertes Leben. Emil Schumacher im internationalen Kontext“, die am 29. August eröffnet wird. Warum gibt es keine Einzelausstellung?

U. Schumacher: Uns war schnell klar, dass eine große Retrospektive der falsche Weg ist; diese absolute Präsenz Emil Schumachers wäre auch missverstanden worden. Unser Konzept hat einen tieferen Sinn. Maler wie Antoni Tapies, Robert Motherwell und Franz Kline waren Freunde, Wegbegleiter meines Vaters, mit denen er zusammen international ausgestellt hat. Diese Bilder jetzt in Hagen zusammenzuführen, ist für mich ein Geschenk an meinen Vater zu seinem 100. Geburtstag.

Das Museum wird nicht nur gelobt, sondern ist wegen zahlreicher Baumängel in den Schlagzeilen. Belastet Sie diese Situation?

U. Schumacher: Ja, denn alles Negative, was den Bau betrifft, wird dem Museum zugeschrieben, obwohl das Museum gar nichts dafür kann. Das ist schon traurig.

Sie haben ohnehin viele Widerstände überwinden müssen...

I. Schumacher: Irgendetwas war immer gegen uns gerichtet. Das ärgert mich für meinen Mann, weil seine Lebensleistung dadurch nicht anerkannt wird.

U. Schumacher: Gottseidank gibt es einen großen Kreis von Menschen, die sich für das Museum eingesetzt haben und einsetzen. Einen Förderverein mit über 400 Mitgliedern hat noch lange nicht jedes große Haus.

Sie sind von Bottrop nach Hagen gezogen, um sich ganz für die Stiftung einsetzen zu können. Für Ihren Mann ist Hagen die Heimat. Wie war das für Sie, Frau Schumacher?

I. Schumacher: Ich bin gerne nach Hagen gezogen. Was haben wir nicht alles in Hagen, ein Theater, Sinfoniekonzerte! Das hat mich gereizt, das gibt es in Bottrop nicht.

Sie sind ein Ehepaar und ein Team. Wie verteilen Sie die Aufgaben untereinander?

U. Schumacher: Meine Frau ist die Archivarin. Ohne das, was meine Frau seit 1986 mit dem Schumacher-Archiv aufgebaut hat, wäre das Museum ja gar nicht möglich gewesen. Wir haben 150 Ausstellungen zusammen gehängt. Man braucht immer ein Gegenüber, das einen kritischen Blick hat.

I. Schumacher: Wenn man so lange an einem Archiv arbeitet und jedes Bild kennt, ist klar, dass man auch eine Vorstellung davon hat, wie die Bilder bei der Hängung zueinander wirken. Aber das möchte ich jetzt den jungen Leuten überlassen.

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Sie sind Künstlersohn sowie Kunstwissenschaftler und zudem ein leidenschaftlicher Sammler der Werke Emil Schumachers.

U. Schumacher: Mein Vater wollte, dass seine Bilder in die Welt gehen. Aus meiner Erfahrung als Museumsmann habe ich gesagt, man sollte das eine oder andere Bild zurückbehalten, vielleicht eins in jedem Jahr.

Die Kritik hat sich nicht nur gegen das Museum gerichtet, sondern Sie erhielten persönlich hässliche anonyme Briefe. Wie gehen Sie mit solchen Angriffen um?

I. Schumacher: Das war am Anfang furchtbar.

U. Schumacher: Das hat mich so deprimiert und verletzt. Ich habe nicht umsonst einen Schlaganfall bekommen.

I. Schumacher: Dann heißt es in den Internetkommentaren immer, mein Mann wollte sich als Museumsdirektor nur ein gutes Gehalt von der Stadt bezahlen lassen. Wie oft habe ich meinen Mann gefragt: Warum tun wir uns das an?

U. Schumacher: Ich hätte auch etwas ganz anderes mit dem Erbe meines Vaters machen können. Ich hätte alles verkaufen können. Aber Bundespräsident Johannes Rau hat damals zu mir gesagt: Dieses Werk gehört nach Hagen. Und ich bin ebenfalls der Meinung, dass das Werk meines Vaters in seine Heimatstadt gehört.

Aber die fehlende Wertschätzung tut weh?

U. Schumacher: Wenn ich mir angucke, wie in anderen Städten um Sammler geworben wird, die stiften wollen. Wir hingegen geben ein riesiges Kapital nach Hagen, und es kommt von Teilen der Politik keine Wertschätzung, sondern nur die Bemerkung: Was soll er denn sonst mit den Bildern machen? So fing das ja schon damals bei meinem Vater an, als ein Politiker ihm sagte: Das Bild kannst Du Dir im Keller über die Kartoffelkiste hängen. Ich habe aber das Gefühl, dass sich mit dem Erfolg des Museums diese Einstellung verändert, und darüber freuen meine Frau und ich uns sehr.