Hagen. Jahrelang erzielten Autobauer hohe Gewinne. Allen voran Mercedes. Experte sieht Trendwende. Was das für Südwestfalens Zulieferer heißt.

Die Gewinne vieler Automobilhersteller (OEM) sind in den ersten drei Monaten dieses Jahres deutlich gesunken. Das dürfte auch Auswirkungen auf die südwestfälische Zulieferindustrie haben. Dies geht aus einer Studie hervor, die der Autoexperte Professor Stefan Bratzel vom Center of Automotive Management (CAM) in Bergisch Gladbach am Dienstag präsentierte.

VW-Gruppe macht laut Studie nur 1272 Euro Gewinn pro Auto

Deutschlands größter Autokonzern, die Volkswagen-Gruppe, erzielt demnach pro Autoverkauf nur noch 1272 Euro Gewinn. Im vergangenen Jahr lag der Gewinn vor Abzug der Investitionskosten und Steuern (EBIT) bei der VW-Gruppe noch bei 1652 Euro pro Fahrzeug. Die Abkehr von Diesel und Benziner kostet Hersteller Gewinne. „Die Autobauer verdienen mehrheitlich noch kein Geld mit Elektroautos“, benennt Bratzel das Dilemma, in dem VW, Mercedes, BMW und Co. stecken. Geld für Zukunftsinvestitionen verdienen sie vor allem mit Verbrenner-Pkw, von denen sie aber in Zukunft immer weniger bauen sollten, wenn sie die Vorgaben zur Klimafreundlichkeit einhalten wollen.

Gewöhnlich führen sinkende Margen bei OEM immer zu steigendem Kostendruck bei den Zulieferern. Also können wir auch hier mit sinkenden Gewinnen in den nächsten Quartalen rechnen.
Prof. Dr. Stefan Bratzel - Leiter des „Center of Automotive Management“ (CAM) in Bergisch Gladbach

Der schleppende Absatz von Elektroautos und die schmelzenden Profite bei vielen Autobauern seien auch für viele Unternehmen in Südwestfalen keine gute Nachricht. „Gewöhnlich führen sinkende Margen bei OEM immer zu steigendem Kostendruck bei den Zulieferern. Also können wir auch hier mit sinkenden Gewinnen in den nächsten Quartalen rechnen“, prognostiziert der Autoexperte.

Nachwehen der gestrichenen staatlichen E-Auto-Prämie

Seit der kurzfristigen Streichung der staatlichen E-Auto-Prämie in Deutschland im Dezember vergangenen Jahres ist der Absatz von Elektrofahrzeugen hierzulande deutlich rückläufig. Dies habe sich auch beim Sauerländer Zulieferer Kirchhoff Automotive in Deutschland bemerkbar gemacht. Werke seien dadurch zu Beginn dieses Jahres nicht voll ausgelastet gewesen.

Der Licht- und Elektronikkonzern Hella Forvia verbuchte nach aktuellen Angaben im vergangenen Jahr Aufträge in Höhe von elf Milliarden Euro. Für Hella die Bestätigung, dass die eigenen Licht- und Elektronikprodukte nach wie vor stark nachgefragt werden. Man sehe allerdings Überkapazitäten im europäischen Markt. „Angesichts des dadurch weiter steigenden Kostendrucks im Markt bleibt es für uns entscheidend, unsere Wettbewerbsfähigkeit und Profitabilität konsequent hochzuhalten“, heißt es aus Lippstadt.

Einige Hersteller haben versucht, mit hohen Rabatten für Elektroautos die Nachfrage anzukurbeln. Autobauer wie VW und Audi haben diese Nachlässe seit April aber deutlich zurückgefahren, meldet das Duisburger CAR-Institut. „Während Nachlässe bei Elektroautos einbrechen, erreichen Nachlässe bei Verbrennermodellen ein Dreijahreshoch“, sagt Professor Helena Wisbert, Chefin des CAR-Instituts. Die Rabatte bei den Top-30-Verbrennern seien den fünften Monat in Folge auf durchschnittlich 17,9 Prozent gestiegen. Je nach Marke und Modell ist dies unterschiedlich.

Das Center of Automotive Management (CAM) in Bergisch Gladbach hat in seiner aktuellen Studie die Gewinnentwicklungen von zehn namhaften Marken über einen Zeitraum von 2021/22 bis heute betrachtet. Neben VW auch BMW, Mercedes, Ford, GM, Toyota, Hyundai, Honda und die beiden Top-Elektroautohersteller Tesla und BYD. Im Schnitt sei die Rendite auf den tiefsten Wert seit mehr als drei Jahren gesunken. Am profitabelsten sei aktuell BMW. Im Schnitt erziele der Konzern 4557 Euro pro Auto, das verkauft wird. Knapp dahinter folgt Mercedes (4321 Euro) und Toyota (2210 Euro). Die VW-Gruppe liegt mit 1272 Euro nur im Mittelfeld, Schlusslicht ist demnach der Autobauer Ford mit 920 Euro pro verkauftes Fahrzeug.

Prof. Bratzel: Deutschlands Autobauern fehlt es an Innovationen bei E-Mobilität

Bei den E-Autoherstellern liegt Tesla mit 2803 Euro pro Fahrzeug vorn. Allerdings lag die Gewinnspanne vor einem Jahr noch bei 4544 Euro, 2021 mit 5894 Euro sogar noch mehr als doppelt so hoch. CAM-Chef Bratzel hält eine Preissenkung bei den E-Autos für zwingend notwendig: „Die Endkundenpreise zwischen Verbrennern und Elektrofahrzeugen müssen für den weiteren Markthochlauf angeglichen werden.“ Die deutschen Autobauer müssten zudem innovativer im Bereich Elektromobilität werden, um die im Vergleich zu chinesischen Modellen im Schnitt höheren Preise bei den Kunden rechtfertigen zu können.