Hagen/Hemer. Sie treiben Herden, fangen ausgebüxte Rinder. Was Marco Hubricht und sein Team tun, klingt nach Cowboy. Doch das hören sie nicht gern.

Cowboys mitten in Westfalen? Sie sehen so aus, aber diese Bezeichnung hören die Reiter, die am Felsenmeer in Hemer an diesem Tag mit ihren Pferden auf eine Herde Heckrinder zureiten, nicht gerne. Sie nennen sich Rinderhirten. Die 90 Tiere mit gewaltigen Hörnern, einem bis zu 1,4 Tonnen schwerem Bullen und Kälbern in der Ferne haben sie fest im Blick. „Heckrinder ähneln nicht nur im Aussehen spanischen Kampfstieren. Es sind Wildtiere, die das ganze Jahr in der freien Natur verbringen“, berichtet Marco Hubricht, der seinen Hut zurechtrückt. Er ist ein Mann, der Gelassenheit ausstrahlt. Gemeinsam mit seiner Frau Tanja (53) hat er den in Deutschland einmaligen Rinderhirten-Verein mit Sitz in Hagen vor mehr als einem Jahrzehnt gegründet.

„Rinder sehen anders“

Eine Straße auf dem Gelände des ehemaligen Truppenübungsplatzes in Hemer stellt für die Rinderhirten an diesem Tag eine zusätzliche Herausforderung dar: „Rinder sehen anders, scharf nur 1,5 Meter weit“, sagt Hubricht. Ohnehin verfügen sie nur über 30 Prozent des menschlichen Sehvermögens, können Kontraste nur schwer erkennen. Da ihr Bildauflösungsvermögen ebenfalls geringer sei, sollten hektische Bewegungen im Umgang mit Rindern vermieden werden, ergänzt der 60-Jährige. Das gilt auch hier an diesem Tag in Hemer. „Aber mit Ruhe und leichtem Druck müsste es funktionieren. Die Arbeit im Team ist gefordert“, so Hubricht.

Die Bilder: So arbeiten die Rinderhirten im Sauerland

Die Rinderhirten in Aktion: Sie treiben Heckrinder in Hemer.
Die Rinderhirten in Aktion: Sie treiben Heckrinder in Hemer. © FUNKE Foto Services | Socrates Tassos
Die Rinderhirten in Aktion: Sie treiben Heckrinder in Hemer.
Die Rinderhirten in Aktion: Sie treiben Heckrinder in Hemer. © FUNKE Foto Services | Socrates Tassos
Die Rinderhirten in Aktion: Sie treiben Heckrinder in Hemer.
Die Rinderhirten in Aktion: Sie treiben Heckrinder in Hemer. © FUNKE Foto Services | Socrates Tassos
Die Rinderhirten in Aktion: Sie treiben Heckrinder in Hemer.
Die Rinderhirten in Aktion: Sie treiben Heckrinder in Hemer. © FUNKE Foto Services | Socrates Tassos
Die Rinderhirten in Aktion: Sie treiben Heckrinder in Hemer.
Die Rinderhirten in Aktion: Sie treiben Heckrinder in Hemer. © FUNKE Foto Services | Socrates Tassos
Die Rinderhirten in Aktion: Sie treiben Heckrinder in Hemer.
Die Rinderhirten in Aktion: Sie treiben Heckrinder in Hemer. © FUNKE Foto Services | Socrates Tassos
Die Rinderhirten in Aktion: Sie treiben Heckrinder in Hemer.
Die Rinderhirten in Aktion: Sie treiben Heckrinder in Hemer. © FUNKE Foto Services | Socrates Tassos
Die Rinderhirten in Aktion: Sie treiben Heckrinder in Hemer.
Die Rinderhirten in Aktion: Sie treiben Heckrinder in Hemer. © FUNKE Foto Services | Socrates Tassos
Die Rinderhirten in Aktion: Sie treiben Heckrinder in Hemer.
Die Rinderhirten in Aktion: Sie treiben Heckrinder in Hemer. © FUNKE Foto Services | Socrates Tassos
Die Rinderhirten in Aktion: Sie treiben Heckrinder in Hemer.
Die Rinderhirten in Aktion: Sie treiben Heckrinder in Hemer. © FUNKE Foto Services | Socrates Tassos
Die Rinderhirten in Aktion: Sie treiben Heckrinder in Hemer.
Die Rinderhirten in Aktion: Sie treiben Heckrinder in Hemer. © FUNKE Foto Services | Socrates Tassos
Die Rinderhirten in Aktion: Sie treiben Heckrinder in Hemer.
Die Rinderhirten in Aktion: Sie treiben Heckrinder in Hemer. © FUNKE Foto Services | Socrates Tassos
Die Rinderhirten in Aktion: Sie treiben Heckrinder in Hemer.
Die Rinderhirten in Aktion: Sie treiben Heckrinder in Hemer. © FUNKE Foto Services | Socrates Tassos
Die Rinderhirten in Aktion: Sie treiben Heckrinder in Hemer.
Die Rinderhirten in Aktion: Sie treiben Heckrinder in Hemer. © FUNKE Foto Services | Socrates Tassos
Die Rinderhirten in Aktion: Sie treiben Heckrinder in Hemer.
Die Rinderhirten in Aktion: Sie treiben Heckrinder in Hemer. © FUNKE Foto Services | Socrates Tassos
Die Rinderhirten in Aktion: Sie treiben Heckrinder in Hemer.
Die Rinderhirten in Aktion: Sie treiben Heckrinder in Hemer. © FUNKE Foto Services | Socrates Tassos
Die Rinderhirten in Aktion: Sie treiben Heckrinder in Hemer.
Die Rinderhirten in Aktion: Sie treiben Heckrinder in Hemer. © FUNKE Foto Services | Socrates Tassos
Die Rinderhirten in Aktion: Sie treiben Heckrinder in Hemer.
Die Rinderhirten in Aktion: Sie treiben Heckrinder in Hemer. © FUNKE Foto Services | Socrates Tassos
Die Rinderhirten in Aktion: Sie treiben Heckrinder in Hemer.
Die Rinderhirten in Aktion: Sie treiben Heckrinder in Hemer. © FUNKE Foto Services | Socrates Tassos
Die Rinderhirten in Aktion: Sie treiben Heckrinder in Hemer.
Die Rinderhirten in Aktion: Sie treiben Heckrinder in Hemer. © FUNKE Foto Services | Socrates Tassos
Die Rinderhirten in Aktion: Sie treiben Heckrinder in Hemer.
Die Rinderhirten in Aktion: Sie treiben Heckrinder in Hemer. © FUNKE Foto Services | Socrates Tassos
Die Rinderhirten in Aktion: Sie treiben Heckrinder in Hemer.
Die Rinderhirten in Aktion: Sie treiben Heckrinder in Hemer. © FUNKE Foto Services | Socrates Tassos
Die Rinderhirten in Aktion: Sie treiben Heckrinder in Hemer.
Die Rinderhirten in Aktion: Sie treiben Heckrinder in Hemer. © FUNKE Foto Services | Socrates Tassos
Die Rinderhirten in Aktion: Sie treiben Heckrinder in Hemer.
Die Rinderhirten in Aktion: Sie treiben Heckrinder in Hemer. © FUNKE Foto Services | Socrates Tassos
Die Rinderhirten in Aktion: Sie treiben Heckrinder in Hemer.
Die Rinderhirten in Aktion: Sie treiben Heckrinder in Hemer. © FUNKE Foto Services | Socrates Tassos
Die Rinderhirten in Aktion: Sie treiben Heckrinder in Hemer.
Die Rinderhirten in Aktion: Sie treiben Heckrinder in Hemer. © FUNKE Foto Services | Socrates Tassos
Die Rinderhirten in Aktion: Sie treiben Heckrinder in Hemer.
Die Rinderhirten in Aktion: Sie treiben Heckrinder in Hemer. © FUNKE Foto Services | Socrates Tassos
Die Rinderhirten in Aktion: Sie treiben Heckrinder in Hemer.
Die Rinderhirten in Aktion: Sie treiben Heckrinder in Hemer. © FUNKE Foto Services | Socrates Tassos
Die Rinderhirten in Aktion: Sie treiben Heckrinder in Hemer.
Die Rinderhirten in Aktion: Sie treiben Heckrinder in Hemer. © FUNKE Foto Services | Socrates Tassos
Die Rinderhirten in Aktion: Sie treiben Heckrinder in Hemer.
Die Rinderhirten in Aktion: Sie treiben Heckrinder in Hemer. © FUNKE Foto Services | Socrates Tassos
Die Rinderhirten in Aktion: Sie treiben Heckrinder in Hemer.
Die Rinderhirten in Aktion: Sie treiben Heckrinder in Hemer. © FUNKE Foto Services | Socrates Tassos
Die Rinderhirten in Aktion: Sie treiben Heckrinder in Hemer.
Die Rinderhirten in Aktion: Sie treiben Heckrinder in Hemer. © FUNKE Foto Services | Socrates Tassos
Die Rinderhirten in Aktion: Sie treiben Heckrinder in Hemer.
Die Rinderhirten in Aktion: Sie treiben Heckrinder in Hemer. © FUNKE Foto Services | Socrates Tassos
Die Rinderhirten in Aktion: Sie treiben Heckrinder in Hemer.
Die Rinderhirten in Aktion: Sie treiben Heckrinder in Hemer. © FUNKE Foto Services | Socrates Tassos
Die Rinderhirten in Aktion: Sie treiben Heckrinder in Hemer.
Die Rinderhirten in Aktion: Sie treiben Heckrinder in Hemer. © FUNKE Foto Services | Socrates Tassos
Die Rinderhirten in Aktion: Sie treiben Heckrinder in Hemer.
Die Rinderhirten in Aktion: Sie treiben Heckrinder in Hemer. © FUNKE Foto Services | Socrates Tassos
Die Rinderhirten in Aktion: Sie treiben Heckrinder in Hemer.
Die Rinderhirten in Aktion: Sie treiben Heckrinder in Hemer. © FUNKE Foto Services | Socrates Tassos
Die Rinderhirten in Aktion: Sie treiben Heckrinder in Hemer.
Die Rinderhirten in Aktion: Sie treiben Heckrinder in Hemer. © FUNKE Foto Services | Socrates Tassos
Die Rinderhirten in Aktion: Sie treiben Heckrinder in Hemer.
Die Rinderhirten in Aktion: Sie treiben Heckrinder in Hemer. © FUNKE Foto Services | Socrates Tassos
1/39

Die Reiter umkreisen die Herde, treiben die Tiere von A nach B. Heute zu Übungszwecken, beim nächsten Mal wartet der Gesundheitscheck im Corral (Gehege) durch den Amtstierarzt. Dass es funktioniert, dafür stehen die Chancen gut: „Zu 95 Prozent“, sagt Hubricht, der alle vor der Arbeit zum Briefing versammelt. Anhand einer selbst gezeichneten Karte markiert er, wo sich die Reiter im Gelände positionieren sollen. Natürlich kommt alles ganz anders: Die Hälfte der Heckrinderherde weicht aus, stürmt den von den Rinderhirten als Ayers Rock bezeichneten Hügel. Hubricht und Co. setzen im Galopp nach, treiben die Rinder wieder zum Rest der Herde. Nach eineinhalb Stunden ist es vollbracht.

Vom Greenhorn zum Rinderhirten ist es ein ordentlicher Weg.
Marco Hubricht - aus Hagen

Vom Greenhorn zum Rinderhirten

„Vom Greenhorn zum Rinderhirten ist es ein ordentlicher Weg“, macht Marco Hubricht in Hemer deutlich. 77 Mitglieder zählt der Verein. Tendenz steigend. Vom Arzt bis zum Landwirt. Darunter zwei Drittel Frauen. All die Mitglieder haben verschiedene Pferderassen - vom Kaltblut bis zum Quarter Horse. Geübt wird auf von Landwirten bereitgestellten Flächen und in der Halle. In Warstein, wo die Anfänger ausgebildet werden, in Friedewald im Siegerland, in Unna, Hamm oder Iserlohn-Letmathe. Im Durchschnitt sind es zehn bis zwölf Lehrgänge und 40 Trainingseinheiten im Jahr. Der Verein bietet mehrtägige Lehrgänge mit ausgebildeten Trainern in verschiedenen Leistungsstufen an. Mitglieder können vom „Rinderreiter“ über den „Rinderhüter“ zum „Rinderhirten“ aufsteigen. Auch mit theoretischer Schulung. „Wie man ein Rind, eine Herde liest“, sagt Hubricht, „ist eines der zentralen Themen unserer Ausbildung.“

Die dreistufige Ausbildung im Verein hat auch Andreas Jung durchlaufen. Der 64-jährige technische Angestellte im Maschinenbau ist am Samstag aus dem Westerwald mit seinem Quarter Horse „Buddy“ nach Hemer angereist. Heute hat er zum ersten Mal Heckrinder getrieben. „Ein spannendes Hobby “, sagt er trocken. Marko Brock aus Heiligenhaus, ein weiterer Reiter, hat sich seit Tagen auf das Treffen in Hemer gefreut. Der 51-Jährige ist vor zwei Jahren dem Verein beigetreten und hat seine ganze Familie angesteckt. Seine Frau Kirsten und Tochter Dana (18) sind mit dabei. „Natur, Teamgefühl, sinnvolle Aufgabe, was kann einem ein Hobby mehr bieten?“, fasst der Mann aus dem Kreis Mettmann seine Leidenschaft zusammen.

Ruhe lautet die Devise der Rinderhirten.
Ruhe lautet die Devise der Rinderhirten. © FUNKE Foto Services | Socrates Tassos

Rinderhirten gibt es in Deutschland selten. Marco Hubricht aus Hagen hat mit seiner Frau Tanja 2013 das Handwerk unter anderem bei den spanischen Vaqueros in Andalusien und in Amerika gelernt.

Ein Pferd mit Kuhinstinkt

Marco Hubricht war zuvor Dressur- und Westernreiter. Inzwischen bieten er und seine Frau Lehrgänge an, sie haben einen Ausbildungsleitfaden und Ausbildungskatalog für Rinderhirten geschrieben, arbeiten in Deutschland, Österreich und der Schweiz mit Landwirten, Rinderzüchtern, Naturschutz-Verbänden und Veterinären zusammen. Mit seinem Pferd Sisqo, einem American Indian Horse (16), und seiner Frau Tanja mit ihrem Pferd Bogy, einer Appaloosa-Stute, ist der Fachmann aus Hagen in ganz Deutschland im Einsatz. „Die Stärke meines Pferdes ist der Kuhinstinkt, mein Pferd wittert das Rind, noch bevor ich es gesehen habe“, sagt Hubricht. Während Sisqo aufgefundene Rinder im Auge behalte, könne er sich auf die Herde konzentrieren. Auf sein Pferd, so der 60-Jährige, müsse man sich verlassen können. „Und das funktioniert nur, wenn das Tier Spaß bei der Arbeit hat.“ Sonst habe man keine Chance. „Manchmal verharren wir eine Viertelstunde in der gleichen Position“, skizziert er die Technik, wie er die Rinder ruhigstellt. Die Hubrichts nutzen darüber hinaus den Vorteil, dass Rinder Menschen kaum wahrnehmen, wenn diese auf dem Rücken eines Pferdes sitzen. „So gelingt es uns, auch an entlaufene Rinder nah heranzukommen.

Natur, Teamgefühl, sinnvolle Aufgabe, was kann einem ein Hobby mehr bieten?
Marko Brock - aus Heiligenhaus

Bernds Rettung

Mit Cowboyfilmen, ergänzt der Hagener, habe das nichts zu tun. „Cowboys verkörpern Draufgängertum - dafür stehen wir nicht.“ Ruhe und Respekt vor dem Rind und vor ihren Pferden seien wichtige Bestandteile ihrer Arbeiten. Wer meine, wild in einer Herde reiten zu müssen, der sei bei ihnen falsch.

Marco Hubricht ist immer wieder mit seinem Team im Einsatz, auch um ausgebüxte Rinder wieder einzufangen. „Rinder verwildern sehr schnell in der freien Natur“, weiß der Fachmann zu berichten. Hubricht berichtet vom Bullen „Bernd“, der bereits dem Tod geweiht war: „Eine Abschuss-Genehmigung lag schon vor“, erinnert sich der 60-Jährige. Das Galloway-Rind hatte mehr als einen Monat im Kreis Gifhorn seine Freiheit genossen. Alle Versuche, den Bullen einzufangen, waren zuvor gescheitert. Erst den Rinderhirten um Marco Hubricht gelang es, „Bernd“ zu retten.

Die Heckrinder werden von den Rinderhirten zu einem Gehege getrieben.
Die Heckrinder werden von den Rinderhirten zu einem Gehege getrieben. © FUNKE Foto Services | Socrates Tassos