Sauerland. Niederländer und Belgier kommen schon jetzt gerne ins Sauerland kommen. Jetzt wirbt man um die Dänen. Aber das ist nicht so einfach.
Der Möhnesee als nördlichster Sauerlandsee galt lange Zeit als „Badewanne des Ruhrgebiets“, und als Sauerländer weiß man, dass man an verschneiten Wochenenden mit seinem HSK-Kennzeichen zwischen den vielen gelben Kennzeichen der Niederländer heraussticht. Natürlich sind das Vorurteile - aber Vorurteile haben nunmal ihren Ursprung. Und die Wahrheit ist, dass das Sauerland eine beliebte Naherholungsregion ist; sowohl für die Menschen aus Ruhrgebiet und Rheinland als auch international für Touristen aus den Benelux-Ländern, allen voran die Niederlande, dicht gefolgt von Belgien.
Damit gibt sich das Sauerland aber nicht zufrieden. Als klassische Outdoorregion zieht es nicht nur Ski- und Snowboardfahrer im Winter an, sondern im Sommer auch Wanderer, Fahrradfahrer und viele mehr - und besonders die Sommerangebote werden weiter ausgebaut. „Neue privatwirtschaftliche Investitionen machen es uns möglich, immer wieder mit neuen Highlights zu punkten“, erklärt Rouven Soyka, Pressesprecher des Sauerland-Tourismus. „Und sie zeigen, dass der Tourismus in der Region funktioniert.“ Ein Beispiel dafür ist der erst im vergangenen Jahr eröffnete Skywalk in Willingen - er ist die längste Fußgängerbrücke Deutschlands und die zweitlängste der Welt. Der Skywalk ist von einer privaten Gründungsgesellschaft geplant und gebaut worden.
Kernmärkte, Potenzialmärkte - und wie man da hin kommen möchte
„Unsere Kernmärkte werden wir natürlich nicht vergessen“, so Soyka. Doch mit den neuen Highlights sollen bestenfalls auch neue Touristen kommen. Nach einigen statistischen Erhebungen hat sich ein deutlicher Potenzialmarkt gezeigt, den die Sauerländer dann für sich gewinnen wollten: Dänemark. Dort steht Deutschland auf Platz eins der Auslandsreiseziele. Und die Dänen sollen jetzt ins Sauerland kommen. „Für die Dänen gelten hier die gleichen Pro-Argumente wie für Menschen aus den Benelux-Ländern“, so Soyka. Das Sauerland ist in wenigen Stunden Autofahrt zu erreichen, bietet ein vielseitiges Freizeitangebot und ist landschaftlich attraktiv. Das deutsche Mittelgebirge ist für Niederländer und Dänen zugleich die am leichtesten zu erreichende Gebirgsregion.
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Dänemark insgesamt gehört laut Martina Binhack, Pressesprecherin von der Deutschen Zentrale für Tourismus (DZT), zu den Top-Ten-Quellländern für Tourismus in Deutschland; im Jahr 2022 lag der Marktanteil bei 3,7 Prozent deutschlandweit. Die Dänen kommen für Sehenswürdigkeiten, Kunst und Kultur, Architektur, Landschaft, Natur und Erholungsmöglichkeiten - außerdem campen sie gern. „Von den Dänen im Vergleich zu Urlaubern aus anderen Ländern überdurchschnittlich gefragt sind Schwimmen bzw. Wassersport, Schiffsausflüge, Ruhe genießen, Musical bzw. Theater sowie Joggen, Laufen oder Nordic Walking“, erklärt Martina Binhack.
Obwohl die dänischen Touristen bisher eher in den Grenzregionen wie den Ost- und Nordseeküsten oder in den großen Städten bleiben, gehöre Winterberg laut der DZT zu den Top-15-Gemeinden für dänische Touristen. „Das dürfte vor allem als Wintersportort für Dänen infrage kommen“, überlegt Martina Binhack. „Näher als die Alpen und günstiger als skandinavische Ziele.“ Insgesamt kommen die Dänen aber bisher vorzugsweise eher im Sommer nach Deutschland - der beliebteste Monat sei im Jahr 2022 der Juli gewesen. Deutschland werde aber mehr und mehr zum Ganzjahresziel. Das Sauerland haben sie aber, mal abgesehen von Winterberg, noch nicht für sich entdeckt.
Wie bekommt man also dänische Touristen ins Sauerland?
Mit dieser Frage haben sich der Sauerland Tourismus gemeinsam mit den Tourismusmanagern der Städte und Gemeinden und dem DZT beschäftigt. Die Antwort: Man hat vor etwa drei Jahren begonnen, das Sauerland in Dänemark zu bewerben. „Wir sind Kooperationen mit Zeitungen eingegangen und haben Internetwerbung geschaltet“, erzählt Rouven Soyka - gerade dort erreicht man die Dänen, die zu 99 Prozent ihre Reisen online buchen. Außerdem wurde in den sozialen Medien einiges gestartet; natürlich auf Dänisch und mit bekannten Gesichtern.
Dazu gehörte auch die bekannte Reisebloggerin und TV-Moderatorin Anne Vibeke. Sie war zu verschiedenen Gelegenheiten im Sauerland unterwegs, erkundete es mit dem Camper und schlief in einigen Hotels. In Dänemark gilt sie als Expertin für Reisen - auf ihrer Website veröffentlichte sie verschiedene Beiträge, die man auch auf Youtube anschauen kann, und veröffentlichte eine komplette Sendung über das Reisen im Sauerland im Fernsehen. „Wir hoffen, dass sich da ein Nachahmungseffekt einstellt und die Touristen dort buchen, wo sie auch zu Besuch war“, erklärt Rouven Soyka.
Wir haben nachgefragt; aber weder das Hotel Schneider in Winterberg noch der Ferienhof Birkenhof mit seinem Landcafé in einem Schmallenberger Ortsteil, die Anne Vibeke besuchte, kann einen merklichen Anstieg an dänischer Touristen verzeichnen. „Vor Corona waren es bei uns etwas mehr Dänen, aktuell sind sie eher zurückhaltend“, erklärt Maike Krautz, Inhaberin des Hotel Schneider. Allerdings sei Anne Vibeke auch erst im letzten Jahr in Winterberg gewesen.
Katharina Nowicki-Heßmann, Mitbetreiberin des Birkenhofs, sieht das Problem eher in der Ausrichtung des Betriebs. „Wir haben verschiedene gutbürgerliche Ferienwohnungen, unsere Zielgruppe sind Familien, die sich Urlaub auf dem Bauernhof wünschen“, erklärt sie. Doch erst im letzten Jahr wurden auf dem Hofgelände neue, luxuriöse Ferienhäuser gebaut - und diese sollen dann auch ab Mitte März online zur Buchung angeboten werden. „Das wird für dänische Touristen wichtig sein“, vermutet Katharina Nowicki-Heßmann. „Die rufen nicht hier an, um zu buchen, und zu fragen, ob sie noch einen Fallschutz fürs Bett haben können und wie sie die Brötchen fürs Frühstück bestellen.“
Warum 2024 ein Tourismus-Boom ins Sauerland schwappen könnte
Insgesamt lässt sich im Sauerland aber ein Anstieg dänischer Touristen verzeichnen, so Rouven Soyka vom Sauerland Tourismus: 2023 hat der Tourismusverband insgesamt 7,7 Millionen Übernachtungen verzeichnet, über 21.000 davon von dänischen Touristen - ein Drittel mehr als noch im Jahr davor. Und wie die Niederländer kommen die Dänen zwar im ganzen Jahr, aber vermehrt zur Skisaison. „Im Februar hatten wir rund 9000 Übernachtungen von Dänen“, sagt Rouven Soyka. „Im Juli waren es nur 3371.“
Die Dänen bleiben im Durchschnitt 4,2 Tage im Sauerland - etwas überdurchschnittlich. „Das zeigt, dass auch manche Wochenurlauber dabei waren“, erklärt Rouven Soyka. „Die meisten waren aber wohl für ein verlängertes Wochenende dort.“ Das kann für das Sauerland im Jahr 2024 nur Gutes bedeuten: Denn es kommt ein Jahr voller Brückentage. So liegt der 1. Mai günstig auf einem Mittwoch, so kann die freie Zeit einfach mit zwei Tagen Urlaub auf fünf Tage gestreckt werden. Und auch der 3. Oktober als Feiertag liegt auf einem Donnerstag - und ruft so wie Christi Himmelfahrt und Fronleichnam nach einem verlängerten Wochenende. Für das Sauerland sehr vielversprechend.