Sundern. Weihnachtsbaumerzeugern im Sauerland macht das Wetter zu schaffen. Experte hält „Ernte“ in Steilhängen gerade für zu gefährlich.
Eberhard Hennecke hat Stress. „Wäre der Schnee eine Woche später gekommen, wäre es ideal gewesen“, sagt der Vorsitzende der Weihnachtsbaum- und Schnittgrünerzeuger in Nordrhein-Westfalen. Jetzt steht der Forstwirt am Hang im Sauerland knietief im Schnee, und in Sachen „Ernte“ geht erst einmal nicht mehr viel. Bei diesen Verhältnissen sei der Einschlag, vor allem aber der Transport der Bäume aus den steilen Schonungen im Sauerland unmöglich. „Hier im Steilhang ist das Arbeiten momentan zu gefährlich.“ Das Winterwetter sorgt dafür, dass das Geschäft mit dem Weihnachtsbaum auf Eis liegt.
„Entreebäume“ kommen mit Verspätung
Also ist seit Wochenbeginn erst einmal Pause in der Schonung. Bis der Baum beim Familienfest im Wohnzimmer stehen soll, sind es zwar noch vier Wochen hin, aber mit frischen Tannen als Adventsdeko im öffentlichen Raum wird es in den kommenden Tagen nichts. „Alle wollen natürlich jetzt den Entree-Baum haben. Das wird sehr, sehr schwierig“, bittet Hennecke die Kunden um Verständnis. 20 Mann seien allein bei ihm in Sundern-Stockum normalerweise im Einsatz. Jetzt ist erst einmal Pause.
Die schöne Tanne für das Foyer der Bank, als animierende Deko für die umsatzstärkste Einkaufszeit im Einzelhandel oder für die Firmen-Weihnachtsfeier wird normalerweise schon Wochen vor dem Fest geschlagen. Eben eigentlich jetzt. Auch Tannengrün wird derzeit massenweise geordert. Auch hier ist Geduld gefragt. Bei Hennecke klingelt das Telefon auch am Mittwochmorgen pausenlos. „Die Leute in der Stadt verstehen nicht, was hier gerade los ist.“
Deutschlands größter Marktplatz für Tannenbäume ist das Sauerland
Anfang November beginnt die Saison für die Vorweihnachtszeit und die Entree- oder Ausstellungsbäume, wie sie der Fachmann nennt. Spätestens dann herrscht mächtig Rummel auf dem Marktplatz Sauerland. 500 bis 600 Händler zählt die Branche allein hier in der Region, wenn man die Nebenerwerbs-Weihnachtsbaumhändler mitzählt. Darunter auch die ganz Großen, die die Baumärkte, die großen Supermärkte wie Marktkauf oder die Discounter beliefern und dafür sogar Bäume aus Bayern, Baden-Württemberg oder Dänemark zukaufen – obwohl vor der Haustür ausreichend viele wachsen. Auf einer Größe zwischen 16.000 und 18.000 Hektar Wirtschaftsfläche bewege man sich.
Am 9. November startete die Saison in diesem Jahr offiziell. Weihnachtsbaumkönigin Sophia Adlberger sägte die erste Tanne bei Peter Strugholtz vom Familienbetrieb Dünnebacke-Strugholz in Anröchte. Eberhard Hennecke aus Sundern war auch mit dabei.
„Millionengeschäft“ liegt auf Eis
Zu den Umsätzen sagt der Fachmann nur so viel: „Es ist ein Millionengeschäft“. Klar. Rund sieben Millionen Weihnachtsbäume werden auf dem „Marktplatz Sauerland“ laut Hennecke jedes Jahr umgeschlagen. Die meisten, etwa 85 Prozent, sind Nordmanntannen. „Eindeutig der Matador unter den Bäumen. Das Klima hier ist für die Nordmanntanne optimal.“
Der 60er-Jahre-Weihnachtsbaum ist die pieksige Rotfichte, die ist aber kaum noch nachgefragt. Blaufichte und Edeltanne schon eher – im Grunde aber beherrscht der „Matador“ das Geschäft. Er ist mit Preisen zwischen gut 20 und knapp 30 Euro pro Meter das teuerste Gewächs, wegen seines geraden Wuchses, dem satten Grün und den samtweichen Nadeln aber der beliebteste.
Preise für „emotionales Produkt“ gestiegen
Dass der Meter Tanne in diesem Jahr wieder etwas teurer geworden ist, führt der Branchenexperte auf höhere Transport- und Lohnkosten zurück. Das Preisniveau sei dabei im Ruhrgebiet genauso hoch wie in Südwestfalen. Ebenso die Nachfrage, die ungebrochen bleibe, auch wenn der Meter Baum ein, zwei Euro mehr kostet. „Den Weihnachtsbaum macht man nicht am Preis fest. Das ist ein emotionales Produkt für die ganze Familie.“ Die wenigsten seien Käufer im Vorbeigehen oder auf den letzten Drücker, für viele sei der Kauf ein Event, das mit Kind und Kegel beim Kinderpunsch oder Ähnlichem zelebriert werde.
Wenigstens einige Tage dürfte es im Sauerland noch tief winterlich bleiben. Am kommenden, ersten Adventswochenende startet eigentlich auch der Verkauf für die „Familienbäume“. Hennecke beruhigt: Verzögerungen ja, mit langanhaltenden Engpässen rechnet der Fachmann aber nicht: „Zur Not holen wir die Bäume mit dem Bagger aus den Hängen“, verspricht der Sauerländer hemdsärmelig ein Weihnachtsfest mit Baum für alle, die mögen.