Hagen. Überdurchschnittlich viele Menschen in Westfalen leiden an Rückenschmerzen - das zeigen AOK-Zahlen für alle Kreise. Das sind Ursachen.

Westfalen-Lippe hat Rücken, besser gesagt, ein Sitzproblem, das die Volkswirtschaft enorm belastet – so könnte das Fazit des aktuellen „Gesundheitsatlas Rückenschmerzen“ der AOK NordWest lauten, der erstmals die regionale Verteilung von Rückenschmerzen bis auf die Ebene der Kreise und kreisfreien Städte transparent macht. Insgesamt waren 26,2 Millionen Patientinnen und Patienten in Deutschland 2021 mit Rückenbeschwerden in ärztlicher Behandlung und damit fast ein Drittel der Bevölkerung (31,4 Prozent). In Westfalen-Lippe waren sogar 34,2 Prozent betroffen.

Fehltage kosten Wirtschaft 12,4 Milliarden Euro

„Damit sind Rückenschmerzen eines der häufigsten Gesundheitsprobleme in Deutschland“, sagt Tom Ackermann, Vorstandsvorsitzender der AOK NordWest. Laut Krankheitskostenstatistik entfielen im Jahr 2022 bundesweit genau 11,6 Milliarden Euro und damit 2,8 Prozent der Krankheitskosten auf Rückenleiden. Außerdem gehen 14 Prozent der Arbeitsunfähigkeitstage auf Rückenschmerzen zurück. So ergaben sich für das Jahr 2022 auf die 34,4 Millionen sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in Deutschland umgerechnet 96,7 Millionen Arbeitsunfähigkeitstage aufgrund von Rückenschmerzen. Die Produktions-Ausfallkosten wegen der Fehltage beliefen sich im Jahr 2022 auf 12,4 Milliarden Euro. Der Anteil der Rückenschmerzen an den gesamten volkswirtschaftlichen Kosten durch Arbeitsunfähigkeit beläuft sich somit auf 14 Prozent.

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Hohe Werte im Märkischen Kreis und Hagen

Nordrhein-Westfalen weist dem Gesundheitsatlas zufolge mit 33,1 Prozent nach Thüringen (36,1), Sachsen (35) und Sachsen-Anhalt (33,9) den vierthöchsten Wert aller Bundesländer auf. Auch innerhalb Westfalen-Lippes gibt es deutliche Unterschiede. Demnach lag die Anzahl der Krankheitsfälle 2021 mit 39,5 Prozent in Bottrop am höchsten, gefolgt vom Märkischen Kreis (38,7) und Hagen (38,6). Am niedrigsten ist der Wert in Münster (24,3). „Der Gesundheitsatlas kann den Akteuren vor Ort Hinweise geben, welche Veränderungen nützlich sein können, um die Krankheitsraten zu senken“, berichtet Tom Ackermann. Mögliche Ansatzpunkte böten die Präventionsangebote im betrieblichen Kontext, die Risikofaktoren für die Entstehung oder Chronifizierung von Rückenschmerzen verhindern sowie Maßnahmen zur Verbesserung der ergonomischen Bedingungen am Arbeitsplatz.

Insgesamt gilt, dass ländliche Regionen laut Gesundheitsatlas stärker betroffen sind als Ballungsräume. Das spiegelt sich auch in Westfalen-Lippe wider, wo neben dem Märkischen Kreis auch der Ennepe-Ruhr-Kreis (37,7) und der Hochsauerlandkreis (35,3) besonders hohe Werte verzeichnen. Bielefeld weist hingegen mit 30,1 Prozent nach dem Kreis Borken und Münster den drittgeringsten Belastungswert auf. Eine Ausnahme von der Regel bilden neben Bottrop die Ruhrgebietsstädte Gelsenkirchen (37,8) und Herne (37,7), die ebenfalls zu den negativen Spitzenreitern in NRW gehören.

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Risikofaktor Übergewicht

Ärztlich dokumentierte Rückenschmerzen kommen laut Gesundheitsatlas bereits bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen vor, nehmen jedoch mit steigendem Alter zu. Im Alter zwischen 30 und 35 Jahren leiden bereits 27 Prozent der Frauen und 22 Prozent der Männer unter Rückenschmerzen. Bei Frauen über 65 Jahren ist immerhin jede Zweite betroffen. Bei Männern wird dieser Wert erst ab einem Lebensalter von 80 Jahren erreicht.

Ein Risikofaktor für Rückenschmerzen ist Übergewicht. Im Gesundheitsatlas wurden daher die Zusammenhänge zwischen ärztlich dokumentierter Adipositas und Rückenschmerzen auf regionaler Ebene untersucht. Ergebnis: In Regionen mit einem höheren Anteil adipöser Personen sind auch mehr Menschen von Rückenschmerzen betroffen. So steigt die Anzahl der Krankheitsfälle in Regionen mit einem hohen Anteil adipöser Personen. Dies betrifft Bottrop, Hamm, den Märkischen Kreis, Hagen, Gelsenkirchen, Herne, den Ennepe-Ruhr-Kreis, Unna, Soest, Steinfurt und Coesfeld. Besonders hoch ist der Anteil übergewichtiger Menschen im Märkischen Kreis mit 38,7 Prozent bzw. in Hagen mit 38,6 Prozent.

Sozialer Status spielt eine Rolle

Auch wenn ein kausaler Zusammenhang nicht wissenschaftlich untermauert werden könnte, liege die Erklärung doch nahe, dass materiell und sozial benachteiligte Menschen häufiger unter Rückenschmerzen leiden als Menschen mit einem hohen sozialen Status, berichtet Tom Ackermann. Faktoren wie Einkommen, Beschäftigung oder Bildung spielten wohl eine Rolle. Ökonomisch und sozial besonders benachteiligte Regionen weisen laut Gesundheitsatlas mit 34,2 Prozent eine höhere Rückenschmerzdichte auf als Regionen mit der besten materiellen und sozialen Ausgangssituation. Dort liegt der Wert nur bei 28,8 Prozent. Dies betrifft vor allem Bottrop, Hamm, den Märkischen Kreis, Hagen, Gelsenkirchen, Herne, Unna, Recklinghausen und Dortmund.

Zusammenhang zwischen Depression und Rückenschmerzen

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Mehr als der Hälfte der Bevölkerung ist bewusst, dass sie sich zu wenig bewegt. Doch bei der Umsetzung ist noch viel Luft nach oben.
Tom Ackermann, Vorstandsvorsitzender der AOK NordWest

.Außerdem, so führt Ackermann fort, lasse sich ein Zusammenhang zwischen Depressionen und der Rückenschmerz-Häufigkeit ableiten. Danach seien in Regionen mit einem hohen Anteil depressiver Personen auch mehr Menschen von Rückenschmerzen betroffen. Das trifft vor allem auf Bottrop, Hamm, den Märkischen Kreis, Hagen, Gelsenkirchen, Herne, den Ennepe-Ruhr-Kreis, Unna, Soest, Steinfurt, den Hochsauerlandkreis, Recklinghausen und Dortmund zu.

Teufelskreis aus Schmerz, Verspannung und Schonhaltung

„Langes Sitzen in gleicher Position und andere ungünstige Arbeitsplatzverhältnisse sowie dauerhaft schwere körperliche Belastungen wie in pflegenden Berufen beanspruchen den Rücken massiv. Bei vielen Menschen besteht der erste Reflex bei Rückenschmerzen darin, sich ins Bett zu legen und darauf zu warten, dass es wieder besser wird. Doch eine derartige Schonung schwächt in vielen Fällen die Muskeln nur noch weiter und die Patientinnen und Patienten geraten leicht in einen Teufelskreis aus Schmerz, Verspannung und Schonhaltung“, sagt Ackermann. Der beste Schutz gegen Rückenschmerzen liege deshalb in der regelmäßigen körperlichen Aktivität, die nachweislich der Entstehung und Chronifizierung von Rückenschmerzen vorbeuge.

Das Bewegungsdilemma

Eine im August durchgeführte repräsentative Forsa-Umfrage im Auftrag der AOK deutet jedoch darauf hin, dass viele Menschen in Westfalen-Lippe im Bewegungsdilemma stecken: „Mehr als der Hälfte der Bevölkerung ist bewusst, dass sie sich zu wenig bewegt. Doch bei der Umsetzung ist noch viel Luft nach oben“, sagt Ackermann. Zeitknappheit (54 Prozent), fehlende Lust und wenig Motivation (45 Prozent) hindern viele daran, ihren Alltag bewegter zu gestalten.

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Um dem Thema „Bewegungsmangel“ mehr Aufmerksamkeit zu schenken, bietet die AOK unter dem Motto ‚Wer sich mehr bewegt, lebt länger – schon 21 Minuten Bewegung am Tag helfen‘ Tipps an, die sich an den Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation WHO orientieren. Weitere Informationen gibt es im Internet unter www.aok.de/21minuten.