Iserlohn/Hagen. Eine 250.000-Euro-Abfindung für einen Stadtmitarbeiter? Vor dem Landgericht Hagen startet der Prozess um die Iserlohner Abfindungsaffäre.

Vier Jahre nachdem ein früherer Ordnungsamtsmitarbeiter der Stadt Iserlohn eine Abfindung in Höhe von 250.000 Euro brutto erhielt und die Kommune im Märkischen Kreis daraufhin in politische Turbulenzen geriet, wird die sogenannte „Iserlohner Abfindungsaffäre“ strafrechtlich aufgearbeitet. Ab Mittwoch, 1. März, muss sich der ehemalige Stadt-Mitarbeiter Ü. (41) vor der 9. Strafkammer des Landgerichts Hagen wegen Beihilfe zur Untreue verantworten.

Ebenfalls auf der Anklagebank sitzt der frühere städtische Personalreferent G. (57). Ihm wird schwere Untreue vorgeworfen.

Ex-Bürgermeister ist nicht verhandlungsfähig

Im Zuge der Affäre nahm der damalige Bürgermeister A. im Mai 2019 seinen Hut. Er soll vier Monate zuvor den Aufhebungsvertrag mit dem kommunalpolitisch engagierten Ordnungsamtsmitarbeiter in Auftrag gegeben haben, Ende März des Jahres soll eine Netto-Summe in Höhe von etwas mehr als 177.000 Euro auf das Konto von Ü. geflossen sein.

Die Staatsanwaltschaft Hagen hatte auch den Ex-Bürgermeister wegen Untreue angeklagt. Aufgrund einer Erkrankung ist A. einem Gutachten zufolge inzwischen verhandlungsunfähig.

Landesarbeitsgericht: Ü. hat nicht unrechtmäßig gehandelt

Nach Auffassung der Staatsanwaltschaft Hagen habe Ü. damals wissen müssen, dass die Höhe der Abfindung in einem „völligen Missverhältnis“ zu den üblich gezahlten Summen stand. In einem Arbeitsrechtsprozess vor dem Landesarbeitsgericht in Hamm vor einem Jahr waren die dortigen Richter der Auffassung, dass der heute 41-Jährige nicht unrechtmäßig gehandelt habe. Er habe das „ihm vorteilhaft erscheinende Angebot annehmen dürfen“.

Dem Hagener Landgericht zufolge sollten laut Aufhebungsvertrag die darin fixierten 250.000 Euro brutto Ü. bei der Ablösung seiner auf seinem Haus lastenden Verbindlichkeiten (125.000 Euro) helfen sowie ihn für den Verlust seines Arbeitsplatzes entschädigen. Der Anklage zufolge soll in einem Aktenvermerk Ü. als „problematischer Mitarbeiter“ bezeichnet worden sein.

Kommunalpolitisch aktiv

Einträge in seine Personalakte fanden sich offenbar keine. Beobachter äußerten die Vermutung, dass so manchem im Iserlohner Rathaus und in der Kommunalpolitik Ü.‘s Tätigkeit als Vorsitzender der Wählergemeinschaft „Gemeinsam für Iserlohn“ (GfI) ein Dorn im Auge gewesen sein könnte.

Ü. hat seit dem Beginn der staatsanwaltlichen Untersuchungen im Frühjahr 2019 einen beruflichen und sozialen Abstieg erlitten. „Ich gehe durch die Hölle“, sagt er und nennt als Beispiel weit mehr als 100 Absagen bei Stellenbewerbungen: „Mein Name ist seit der Affäre verbrannt.“ Er hoffe, dass das Verfahren „ein gutes Ende für mich nimmt“, so der zweifache Familienvater zu dieser Zeitung – „damit ich endlich wieder im Leben Fuß fassen kann.“

Fünf Verhandlungstage terminiert

Fast wäre dem Iserlohner der Prozess vor dem Landgericht Hagen erspart geblieben. Ende 2020 hatte die zuständige Strafkammer abgelehnt, die Anklage gegen ihn zur Hauptverhandlung zuzulassen. Das Oberlandesgericht Hamm kippte die Entscheidung.

Das Landgericht Hagen hat fünf Verhandlungstage bis zum 29. März festgesetzt.