Wetter/Brüssel. Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) und die CDU im EU-Parlament streiten über den Wolf. Soll er geschützt werden oder nicht?

Zuletzt wurde ein Exemplar im Hochsauerland gesichtet, davor im Märkischen Kreis, dann mutmaßlich auch im Ennepe-Ruhr-Kreis: Der Wolf breitet sich weiter aus. Damit steigt die Sorge der Weidetierhalter. Sie fürchten tödliche Attacken auf ihre Schafe, Kälber und Ponys. Der Streit ist emotional aufgeladen. Naturschützer zoffen sich mit Schafzüchtern – und jetzt streiten auch wieder Politiker in der Europäischen Union.

Peter Liese, südwestfälischer CDU-Abgeordneter im EU-Parlament, jedenfalls sagt, er sei „geschockt“ von einem Brief, den Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) gemeinsam mit elf Amtskolleginnen und -kollegen jetzt an die Europäische Kommission geschickt habe. In dem Schreiben fordern die Politiker die Kommission auf, den hohen Schutzstatus, den der Wolf in Europa genießt, aufrechtzuerhalten. Tiere dürfen demnach im Grundsatz weder gefangen noch getötet werden. Der Brief wurde von der Slowakei initiiert, neben Deutschland haben ihn Bulgarien, Griechenland, Spanien, Irland, Zypern, Luxemburg, Österreich, Portugal, Rumänien und Slowenien unterzeichnet. Begründet wird der Vorstoß unter anderem mit der weltweiten Biodiversitätskrise.

Erst im November hatte das EU-Parlament mehrheitlich genau das Gegenteil entschieden: Der Wolfsstatus solle neu bewertet werden, um Nutz- und Weidetiere zu schützen und wirtschaftliche Schäden im Agrarbereich zu vermeiden.

„Schlag ins Gesicht der Weidetierhalter“

„Das ist ein Schlag ins Gesicht der Weidetierhalter“, teilte Liese nun in einer Pressemitteilung mit. „Man kann die Probleme, die der Wolf mit sich bringt, nicht ignorieren. In Gesprächen mit heimischen Landwirten ist mir die dramatische Lage immer wieder geschildert worden. Auch viele Grüne und Biobauern unterstützen ein strengeres Wolfsmanagement, weil die Weidetierhaltung durch die zunehmende Zahl der Wölfe in Gefahr ist und auch dadurch die Biodiversität gefährdet wird“, sagte er. Es gebe mittlerweile 20.000 Wölfe in Europa; im Jahr 2020 seien knapp 3500 Nutztierschäden verzeichnet worden.

NRW hat nach Angaben des Umweltministeriums seit 2018 rund 4,5 Millionen Euro an Fördermitteln für den Herdenschutz vor Wölfen ausgegeben. Das Land leiste „umfassende finanzielle Unterstützung, um die mit der natürlichen Rückkehr des Wolfes verbundenen Belastungen für die Tierhalter so gering wie möglich zu halten“, erklärte Umweltminister Oliver Krischer (Grüne). In NRW seien inzwischen schon gut 38 Prozent der Landesfläche als Wolfsgebiete ausgewiesen. Investitionen in vorbeugende Maßnahmen für Schafe, Ziegen und Gehegewild würden zu 100 Prozent gefördert.

Peter Liese hatte sich übrigens seinerzeit mit anderen EU-Abgeordneten auch direkt an Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen gewandt, sie hat demnach eine Überprüfung der Daten zugesagt. Von der Leyen ist persönlich betroffen: Im vergangenen September riss ein Wolf eines ihrer Ponys. Das Raubtier wurde anschließend zum Abschuss freigegeben. Die Genehmigung ist allerdings Ende Januar abgelaufen – ohne dass ein Jäger das Tier erlegt hat.