Hagen. Die AOK Nordwest analysiert Patientendaten und bewertet Kliniken in Westfalen-Lippe. Krankenhausgesellschaft kritisiert es als „Marketingaktion“.
Wer den Blinddarm entfernt haben muss, der wird im Hagener St.-Josefs-, im St.-Marien-Hospital in Marsberg oder auch in der Paracelsus-Klinik Hemer überdurchschnittlich gut versorgt. Beim Leistenbruch ist man etwa im Mendener Krankenhaus gut dran, das Hüftgelenk kann in Meschede sehr gut ersetzt werden – und beim Knieprothesenwechsel geht nichts über die Elisabethklinik in Olsberg. So liest sich der aktuelle Klinikvergleich für Westfalen-Lippe, den die AOK Nordwest jetzt aktualisiert herausgeben hat und bei dem eine Reihe von Krankenhäusern in Südwestfalen gut abschneiden (siehe Grafik weiter unten).
In 13 Kategorien werden Kliniken genannt, die nach der Analyse der Krankenkasse eine überdurchschnittlich gute Qualität garantieren (nur im Bereich Hüftprothesenwechsel gab es kein Krankenhaus mit überdurchschnittlicher Qualität). Doch dieser Klinikvergleich ist umstritten. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft spricht von Marketing der AOK.
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Das sieht die Krankenkasse ganz anders: Patienten könnten sich anhand des Navigators informieren, welche Kliniken in ihrer Umgebung bei planbaren Operationen im Hinblick auf Komplikationen über- oder auch unterdurchschnittlich abschneiden. „Wir möchten der Öffentlichkeit die nötige Transparenz bieten, sich vorab mit den Qualitätsunterschieden auseinanderzusetzen“, sagt Jens Kuschel, Sprecher der AOK Nordwest. Der Navigator sei dazu da, den Patienten eine Orientierungshilfe in Bezug auf den Standort und die optimale Behandlung zu bieten.
Bewertung anhand von Routinedaten
Wie misst die AOK die Qualität der Kliniken? So genannte harte Faktoren wie die Sterberate oder die komplikationsbedingte Wiederaufnahme in das Krankenhaus sind Bestandteile der Bewertung. Die Krankenkasse konzentriert sich dabei bewusst auf die am häufigsten durchgeführten Operationen, die man planen kann. Hierzu gehören unter anderem Mandelentfernung, Leistenbruch-Operationen, Hüftprothesenwechsel oder auch Blinddarmentfernungen. Basis sind die Abrechnungsdaten der Krankenhäuser zu Behandlungen bei Versicherten der AOK Nordwest. Je nach der Gesamtqualität kann ein Krankenhaus ein, zwei oder drei Lebensbaumsymbole für unterdurchschnittliche, durchschnittliche oder überdurchschnittliche Qualität erhalten.
Die Daten wurden nach dem so genannten QSR-Verfahren ermittelt. Die Abkürzung QSR steht für „Qualitätssicherung mit Routinedaten“. Das Besondere an QSR sei, dass die Qualität einer Behandlung langfristig, das heißt über den Tag der Entlassung hinaus, gemessen werde. „Die besondere Stärke des Konzepts ist die fallübergreifende Analyse. Bei der Sterblichkeit werden beispielsweise Daten nach 30 und 90 Tagen sowie nach einem Jahr mit einbezogen“, erklärt Kuschel.
Im Navigator befinden sich laut AOK zusätzlich die Ergebnisse von Patientenbefragungen – die sogenannten weichen Faktoren. In einem Fragebogen konnten Patienten angeben, ob sie ein Krankenhaus weiterempfehlen und wie sie ärztliche Versorgung, pflegerische Betreuung und den Service beurteilen. Mit in die Qualitätsbewertung fließen diese Angaben zwar nicht ein, aber sie werden zur Vervollständigung mit veröffentlicht. AOK-Nordwest-Chef Tom Ackermann sagt: „Wir wollen unseren Versicherten mit leicht verständlichen Informationen helfen, das richtige Krankenhaus für sich auszuwählen. Dazu bietet unser Navigator eine gute Transparenz.”
Krankenhausgesellschaft kritisiert Veröffentlichungsdatum
Die Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen (KGNW) sieht den Klinikvergleich dagegen kritisch. Und das fängt schon beim Datum der Veröffentlichung an. „Die NRW-Krankenhäuser registrieren mit großer Aufmerksamkeit, dass die AOK Nordwest ihren so genannten Klinikvergleich an genau dem Tag veröffentlicht, an dem landesweit die regionalen Verhandlungen zwischen den Krankenhäusern und den Verbänden der Krankenkassen über die neue Krankenhausplanung für NRW beginnen“, sagt Matthias Blum, KGNW-Geschäftsführer, dieser Zeitung.
Mit der neuen Krankenhausplanung solle mithilfe transparenter und nachvollziehbarer Kriterien die künftige Krankenhausversorgung festgelegt werden, „die nicht mehr der reinen Bettenzahl, sondern qualitativen Maßstäben folgen soll“, erklärt Blum. Ziel aller Beteiligten sei, für Patienten eine weiterhin verlässliche, qualitativ hochwertige und möglichst wohnortnahe Gesundheitsversorgung sicherzustellen. „Ein Klinikvergleich, der eher als Marketingaktion der AOK Nordwest anmutet, kann dieses Verfahren nicht ersetzen, wohl aber erschweren“, sagt der Geschäftsführer der KGNW über den Navigator der Krankenkasse.
Qualitätsberichte der Krankenhäuser seien bessere Quelle
„Für Patienten, die vor einer stationären oder ambulanten Behandlung im Krankenhaus stehen, gibt unverändert das vertrauensvolle Gespräch mit ihrem Arzt die sichere Orientierung, welche Klinik für sie die richtige ist. Auf diesen medizinischen Rat sollten sie vertrauen“, erklärt er weiter.
Sollten die Patienten dennoch weitere Bewertungen sehen wollen, seien die Qualitätsberichte der Krankenhäuser die richtige Quelle. Diese enthalten laut der Krankenhausgesellschaft „im Gegensatz zu den Zahlen der AOK validierte Qualitätsindikatoren“.
Nachzulesen sind die Ergebnisse im AOK-Navigator im Internet unter www.aok.de/gesundheitsnavigator.