Hagen. Raphalea Schmaltz gibt auf Instagram Steuertipps im ungewohnten Umfeld. Ist das unseriös? Der Steuerberater-Präsident hat eine klare Meinung.

Verlustvortrag, Werbungskosten und Pauschbeträge sind an den meisten Frühstückstischen wohl eher Tabu-Themen. Nicht so bei Raphaela Schmaltz. Die 29-jährige gebürtige Hagenerin fand Steuern schon immer interessant – was maßgeblich mit ihrem Vater, Steuerberater Dieter Schmaltz, zusammenhängt. „Deshalb kommt es durchaus schon mal vor, dass wir beim Familienessen über Steuerthemen wirklich emotional diskutieren“, erzählt Schmaltz. Sie ist überzeugt: „Man muss nur genau hinschauen, dann stellt man fest: Steuern sind überall.“

Die Leidenschaft der ehemaligen Schülerin des Geschwister-Scholl-Gymnasiums in Wetter zeigt sich aber nicht nur am heimischen Küchentisch: Auch auf Instagram bewirbt sie unter dem Namen „Steuer_Ela“ Themen, die rund um die Steuererklärung anfallen. Anfang 2020 startete die Wahl-Bochumerin ihren Kanal, mittlerweile folgen Schmaltz dort schon über 6500 Leute. „Dass ich mit Steuer-Themen mal so viele Leute erreichen würde, hätte ich niemals gedacht.“ Ob Buchhaltung, Gewerbesteuer oder geringwertige Wirtschaftsgüter: „Ela“, wie sie sich nennt, versucht die Inhalte bunt und auch für junge Follower interessant darzustellen.

Bei „Stayin Alive“ den geldwerten Vorteil erklärt

Und so geht sie in einem der Kurz-Beiträge bei Instagram zu den Klängen von Rose Beats Cover-Version des Bee-Gees-Klassikers „Stayin Alive“ an einem Strand umher und steigt in einen weißen Pkw ein, um zu erklären, dass es einen Steuervorteil für Plug-In-Hybridfahrzeuge bei der Versteuerung des geldwerten Vorteils gibt: „Statt ein Prozent vom Bruttolistenpreis werden bei Hybridautos unabhängig vom Kaufpreis immer nur 0,5 Prozent angesetzt.“ Trockene Steuer-Infos, hier aber in ungewohntem Umfeld.

Für Volker Kaiser aus Soest, Präsident der Steuerberaterkammer Westfalen-Lippe, kein Bruch mit dem seriösen Image der Branche: „Es ist gut, dass die Steuerberaterbrache auch auf sozialen Netzwerken wie Facebook, Instagram oder Youtube aktiv ist. So kann man junge Leute mit Steuerthemen erreichen. Das ist nicht unseriös.“

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Aktuell werden die Beiträge von „steuer_ela“ alias Raphaela Schmaltz jedoch weniger. Nach ihrer Ausbildung zur Steuerfach-Angestellten sowie einem Bachelor- und einem Master-Studium in Steuerrecht bereitet sich die 29-Jährige aktuell auf die Prüfung zur Steuerberaterin vor. Im Oktober steht die schriftliche Prüfung an. Seit Juni laufen die Vorbereitungen schon auf Hochtouren: Da ging Schmaltz mit einer Kollegin zusammen ins sauerländische Sundern, um sich an einer privaten Steuerfachschule auf die Prüfung vorzubereiten.

40 bis 55 Prozent der Prüflinge scheitern in NRW an der harten Prüfung. Eine intensive Vorbereitung ist damit also unerlässlich. „Im Prinzip habe ich kaum die Möglichkeit, soziale Kontakte aufrecht zu erhalten. Jeden Tag lerne ich von morgens bis abends. Nur sonntags halte ich mir frei, um zu meiner Familie zu fahren“, erklärt sie. „Das brauche ich auch.“ Sollte sie die Steuerberater-Prüfung bestehen, sind die beruflichen Perspektiven jedoch rosig. Laut der Steuer-Fachschule Endriss liegt das Durchschnittsgehalt eines Steuerberaters in NRW zum Berufseinstieg bei etwa 55.000 Euro im Jahr – netto.

Einstieg beim Vater ist geplant

Schmaltz’ Plan ist es, nach erfolgreicher Prüfung als Steuerberaterin im Unternehmen ihres Vaters einzusteigen. „Es geht mir dabei nicht unbedingt um die Verdienstmöglichkeiten, sondern darum, unabhängig zu sein und Prozesse anstoßen zu können.“ Bis dahin stehen jedoch noch viele Stunden des Lernens – und die abschließende Prüfung – auf dem Plan. Wie sie dabei mit Stress und Druck umgeht? „Das schaffe ich meist ganz gut, indem ich viel Sport mache und versuche, mich nach dem Lernen am Abend ein wenig abzulenken.“

Wann die Taktung ihrer Instagram-Posts dann wieder höher wird, kann die 29-Jährige aber noch nicht sagen. „Ich bin wirklich bemüht, immer noch regelmäßig etwas zu posten. Allerdings ist das momentan nicht so einfach. Wenn die Prüfung gut läuft, werden es meine Follower auf jeden Fall mitbekommen“, scherzt sie. Und wenn nicht? – „Dann leider auch.“

>> HINTERGRUND: Warum anderen Branchen Steuerfachkräfte abwerben

Dass sich Raphaela Schmaltz für die trockene Materie des Steuerrechts begeistert, kann Volker Kaiser verstehen. Der 62-Jährige aus Soest ist der Präsident der Steuerberaterkammer Westfalen-Lippe, übt den Beruf seit 33 Jahren aus und sagt: „Ich würde den sofort noch einmal beginnen.“

Generell gibt es auch eine stabile Nachfrage bei der Ausbildung zur Steuerberaterin oder zum Steuerberater beziehungsweise zum/zur Steuerfachangestellten. Im vergangenen Oktober hatten allein in Westfalen-Lippe 333 Steuerberater-Prüflinge ihre schriftlichen Abschlussarbeiten eingereicht. Und 706 neue Ausbildungsverhältnisse zum/zur Steuerfachangestellten – ein insbesondere bei Frauen beliebter Beruf – starteten im Jahr 2021. Davon in der Region Hagen 33 (2020: 30), in Iserlohn 26 (26), in Meschede-Soest 59 (58) und in Siegen 29 (25).

Bei der Steuerberater-Prüfung ist die Durchfallquote hoch. Im ersten Anlauf liegt sie bei 40 bis 55 Prozent. „Dann nehmen aber die allermeisten Prüflinge einen zweiten Anlauf und da schaffen es dann 80 Prozent“, sagt Kaiser.

Die Branche bildet generell genug aus, sagt er. „Und trotzdem haben wir insbesondere im Bereich der Steuerfachangestellten Personalprobleme.“ Andere Branchen werben die Fachkräfte ab. Warum das so ist? „Die letzten drei Jahre waren insbesondere durch die Corona-Hilfen eine wirkliche Herausforderung für die Branche. Da denkt mancher, dass es in einem Unternehmen vermeintlich ruhiger ist.“ Zum anderen sei sicher die Bezahlung ein Grund. „Obwohl sich diese für Steuerfachangestellte positiv entwickelt hat.“ Das Gehalt wird individuell vereinbart, im Schnitt ist aber beim Einstieg mit 2400 Euro brutto zu rechnen.

Hier geht es zum Instagram-Account von Raphaela Schmaltz.

>> INFO: Steuerberater – mit und ohne Studium möglich

  • Die Zulassung zur Prüfung zum Steuerberater kann über verschiedene Wege erlangt werden.
  • Einerseits ist es möglich, die Zulassung über den akademischen Weg zu erreichen. Nach einem Studium von BWL, VWL oder Jura müssen mindestens drei Jahre Berufserfahrung vorgewiesen werden.
  • Andererseits besteht die Möglichkeit, die Zulassung zur Prüfung über die Ausbildung zum Steuerfachangestellten zu erlangen. Danach sind zehn Jahre Berufserfahrung notwendig, um sich für die Prüfung anmelden zu können.
  • Raphaela Schmaltz absolvierte zunächst den Bachelor-Studiengang „Steuerrecht“ und schloss ein Master-Studium – ebenfalls in Steuerrecht – an. Die Steuerberaterprüfung steht im kommenden Oktober an. Nach erfolgreicher schriftlicher Prüfung folgt eine mündliche Prüfung zu Anfang des Folgejahres. Insgesamt müssen beide Prüfungen mit einem Notenschnitt abgeschlossen werden, der unter 4,15 liegt.