Hagen/Lüdenscheid. Sauerländerin Carolin Strehmel hat die App „Knowbody“ für junge Menschen mit entwickelt. Sie findet: Sexualkundeunterricht muss besser werden.

Wie wenig sie über ihren eigenen Körper wusste, war Carolin Strehmel aus Lüdenscheid während ihres Studiums „überhaupt nicht klar.“ In Gesprächen mit Kommilitoninnen und Kommilitonen wurde ihr klar: Aufklärung – das Thema hätte in der Schule deutlich intensiver besprochen werden müssen. Nun, rund fünf Jahre später, ist die junge Frau, die mittlerweile in Bochum lebt und arbeitet, stolze Mit-Gründerin der App „Knowbody“. Deren Ziel: Sexualkundeunterricht in der Schule soll besser werden.

Gemeinsam mit ihrer ehemaligen Studienkollegin und Geschäftspartnerin Vanessa Meyer startete die gebürtige Sauerländerin 2019 in die Projektentwicklung. „Nach Gesprächen mit Vanessa im Studium stand erst einmal die Erkenntnis, dass wir beide eigentlich kaum eine Ahnung hatten, wie unsere Körper funktionieren. Wir haben uns häufig darüber ausgetauscht und sind zu der Erkenntnis gekommen, dass wir beide in der Schule Sexualkundeunterricht bekommen haben, der einfach nicht mehr zeitgemäß ist“, so Strehmel.

Ein offensichtliches Problem

Auch in Gesprächen mit weiteren Studien-Kollegen wurde das Problem immer offensichtlicher. Die Schlussfolgerung der Freundinnen: Es muss möglich sein, die Aufklärung an Schulen spannender und nachhaltig besser zu gestalten. „Dann kam uns relativ schnell die Idee, hierfür eine App zu nutzen. Mittlerweile hat jede Schülerin und jeder Schüler ein Handy in der Tasche. Warum sollte man das also nicht nutzen?“

Mit Unterstützung verschiedener Landesinitiativen ging es 2019 dann mit der tatsächlichen Projektentwicklung los. Erste Frage: Was muss die App können, um den Sexualkundeunterricht spannender zu gestalten? – Strehmels Antwort: „Wir haben darauf geachtet, die App möglichst interaktiv zu gestalten. Es gibt nicht nur Quiz-Fragen, sondern teilweise sollen die Schüler Antworten auch via Sprachnachricht eingeben“, erklärt Strehmel. So soll es den Schülern leichter fallen, über das vorurteilsbehaftete Thema Sex und eigener Körper zu sprechen.

App hat an Schulen Testphase durchlaufen

In den vergangenen Wochen und Monaten vor den Sommerferien durchlief die Knowbody-App eine Pilotphase und wurde an unterschiedlichen Schulen und in Schulklassen in der Praxis getestet. Unter anderen auch an der Gesamtschule Nordstadt in Neuss, wo Biologie-Lehrer Tim Gerdes erstmals in Kontakt mit der App kam. Seine Erfahrung: „Die App war super leicht zu bedienen und die Schüler haben das Format klasse angenommen. Man hat gemerkt, dass es vielen leichter fiel, sich mit Themen der Sexualkunde leichter und spielerischer zu befassen als das vorher mit klassischen Lehrmaterialien der Fall war.“

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Gerne würde Gerdes die App auch zukünftig einsetzen. Doch da gibt es ein Problem: Durch die zum August auslaufende Förderung der Landesregierung müssen Schulen die Lizenzen für die Knowbody-App im neuen Schuljahr bezahlen. „Das ist immer so eine Sache, weil dafür nur ein bestimmtes Budget zur Verfügung steht. Ich würde mich aber sehr darüber freuen, wenn die App den Schülern auch perspektivisch helfen könnte, den eigenen Körper besser kennenzulernen“, so der Lehrer aus Neuss.

Schaubilder könnten zielgruppengerechter werden

Begeisterung löst die Knowbody-App auch bei Andreas Rau aus. Er ist Sexualpädagoge und arbeitet als Leiter der Aids-Hilfe e.V. in Hagen. Für unsere Redaktion hat der Experte die App getestet. Sein Fazit: „Ich kann mir sehr gut vorstellen, die App auch einzusetzen, wenn ich Seminare und Workshops an Schulen gebe. Inhaltlich habe ich überhaupt nichts auszusetzen. Die App ermöglicht es jungen Menschen, spielerisch und ohne Vorbehalte an Themen wie Sex heranzutreten. Vor allem die Interaktivität gefällt mir gut“, so Rau.

Auszusetzen hat er lediglich etwas an den in der App verwendeten Schaubildern. „Die Grafiken dort zeigen meist erwachsene Personen. Für Kinder würde ich mir wünschen, dass die Personen dort etwas jugendlicher ausschauen würden, um einen besseren Zugang zur Thematik zu erhalten.“

Platz für sexuelle Gesundheit

Außerdem würde sich der Sexualpädagoge wünschen, dass das Thema sexuelle Gesundheit und Geschlechtskrankheiten noch etwas prominenter in den Quiz-Fragen der App abgebildet würden. „Ich denke, das sollte eine etwas größere Rolle in den Fragen spielen“, so Rau. Davon abgesehen sagt der Experte aber: „Ich würde die App bedenkenlos weiterempfehlen.“

>> ZUR PERSON: Carolin Strehmel und Andreas Rau

  • Carolin Strehmel kommt aus Lüdenscheid und ging nach dem Abitur an die Freie Universität Berlin, um dort „Communication and Media Studies“ zu studieren. Anschließend absolvierte Strehmel an der Zeppelin-Universität in Friedrichshafen den Master-Studiengang „General Management“.
  • Sexualpädagoge Andreas Rau aus Hagen bietet mit der „Youth-work Hagen“ Aufklärungs-Workshops und Kurse an weiterführenden Schulen an, in denen es um Sexualität und sexuelle Gesundheit geht.
  • Weitere Informationen zu der App Knowbody gibt es hier.