Lüdenscheid. Nach der Rahmedetalbrücke kommt für Lüdenscheid womöglich bald der nächste Schock. Wichtige Bahn-Verbindung möglicherweise über Jahre gesperrt.
Sven Prillwitz ringt um Gelassenheit. Eigentlich ist der Pressesprecher der Stadt Lüdenscheid seit der Sperrung der Rahmedetalbrücke auf der A 45 Hiobsbotschaften gewohnt: „Sie erreichen uns im Wochenrhythmus – aber nun droht Lüdenscheid durch eine längerfristige Sperrung der Volme-Bahntrasse vollständig abgehängt zu werden.“
Wie die Deutsche Bahn auf Anfrage dieser Zeitung bestätigte, haben die seit dem 1. Juli laufenden Untersuchungen an der maroden Eisenbahnbrücke, die direkt über einem Bahnknotenpunkt im Lüdenscheider Vorort Brügge liegt, ergeben, dass die Schäden größer als vermutet sind. Ein Ausfall der Strecke unweit der B 229 über das Jahr hinaus sei nicht ausgeschlossen, berichtet ein Bahnsprecher. Damit erreichen Lüdenscheid voraussichtlich längerfristig auch keine Züge aus dem Süden mehr.
Stadt erfährt von Brücken-Desaster über Medien
Prillwitz hat von dem möglichen Brücken-Desaster aus den Medien erfahren. Dementsprechend kritisiert er scharf die Informationspolitik der Deutschen Bahn. „Nicht vorstellbar, was das für Lüdenscheid bedeutet, wenn die Brücke tatsächlich länger ausfällt. Das wäre eine Vollkatastrophe.“ Der Schienenersatzverkehr, die A-45-Umleitungen durch Lüdenscheid, all das müsste neu durchdacht werden.
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Prillwitz fordert schnellstmöglichst „kreative Lösungen“. Seit Wochen staue sich angesichts des Schwerlastverkehrs – vor allem an der Lennestraße – die Wut der Anwohner. „Die Geduld reißt, wenn wir nicht großzügiger umleiten.“
Schäden am Brückenpfeiler
Wie ein Sprecher der Bahn bestätigt, seien im Laufe der Inspektion Schäden an einem Pfeiler der Brügger Brücke entdeckt worden. An einer Stelle soll das Bauwerk um mehrere Zentimeter abgesackt sein, eine Verrohrung der Volme, deutet nach Berichten der Lüdenscheider Nachrichten auf längerfristige Baumaßnahmen hin.
Die Gutachter, so der Bahnsprecher, vermuten, dass die Risse durch Geröll bei der Jahrhundertflut entstanden sind. „Das Niedrigwasser der Volme hat es jetzt sichtbar gemacht“, verrät der Bahnsprecher. Bis zum 19. Juli stünde fest, ob der Bahnverkehr wieder über die Brücke fahren könnte. Verschiedene Firmen und auch Taucher seien im Einsatz.
Zwei Zuglinien betroffen
Betroffen von der Sperrung ist vor allem die Zuglinie RB 25 (Köln - Gummersbach - Meinerzhagen - Lüdenscheid). Die RB 52 zwischen Hagen und Lüdenscheid ist wegen Flutschäden bereits seit Monaten ausgefallen. Eine längere Sperrung droht nun auch dieser Strecke. Güterzüge sind laut Bahnsprecher auf den betroffenen Strecken kaum unterwegs, nur einige Holztransporte seien unterbunden. „Zurzeit finden statische Berechnungen statt.“ Erst dann wisse man, ob Züge bald wieder gefahrenlos über die Brücke fahren können. „Es ist alles offen“, berichtet der Bahnsprecher. Sicherheit habe absolute Priorität.
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Für Pendler, die mit dem R 25 nach Lüdenscheid fahren müssen, wäre es eine Katastrophe, wenn die Behebung der Schäden länger als geplant dauern würde. Wie lange die Brücke gesperrt bleibt, hängt laut Lüdenscheider Nachrichten auch davon ab, ob eine Bestandsbrücke die Fahrt bis zu einem eventuellen Neubau überbrücken kann.
Zeitraubende Tour mit Schienenersatzverkehr
Lothar Ebbers vom Fahrgastverband Pro Bahn leidet mit den Pendlern: „Ich kenne die Strecke, bin mit dem Schienenersatzverkehr von Hagen nach Lüdenscheid gefahren. Was für eine anstrengende und zeitraubende Tour.“ Der Schienenersatzverkehr sei „schlicht unkalkulierbar“. Die Innenstadt von Lüdenscheid sei bereits jetzt sehr schlecht zu erreichen. „Wenn das Fundament der Brücke ersetzt werden muss, dann fällt die Alternative zur gesperrten A 45 auf Jahre aus. Ich fühle mit den Menschen in Lüdenscheid.“
Bei Mario Bredow vom Brückenbauer-Büro in Lüdenscheid laufen die Fäden rund um die gesperrte Rahmedetalbrücke auf der A 45 zusammen. Auch er spricht von einer Desaster. „Vom Regionalverkehr komplett abgeschnitten, kaum vorstellbar.“ Einfluss auf den Neubau der Rahmedetalbrücke habe es aber nicht.
Sprachlosigkeit auch bei IHK
In der Region herrscht angesichts der in Aussicht gestellten längeren Bahnbrücken-Sperrung in Lüdenscheid Sprachlosigkeit. Das drückt auch Hans-Peter Langer, Pressesprecher der Industrie- und Handelskammer in Siegen aus: „Die Situation für die Menschen in Lüdenscheid und die gesamte Wirtschaft dort macht auch uns sprachlos und ist wirklich bemitleidenswert. Von Unternehmen, die direkt von der Brückensperrung betroffen sind, wissen wir aktuell nichts, was jedoch nicht heißen muss, dass es diese Unternehmen nicht gibt. Wir hoffen, dass sich das Problem für die Menschen vor Ort zeitnah lösen lässt.“