Brilon/Berlin. Seit 1961 lädt der Seeheimer Kreis der SPD im Sommer Gäste zur Spargelfahrt ein. Jetzt gibt es Vorwürfe, weil Sponsoren viel Geld zahlen.

Können sich zahlungskräftige Sponsoren ein Gespräch mit Kanzler Olaf Scholz (SPD) kaufen? „Nein“, sagt Dirk Wiese, Sprecher des Seeheimer Kreises der SPD. Die einflussreiche Gruppe der konservativen sozialdemokratischen Bundestagsabgeordneten lädt an diesem Dienstag Freunde, Gönner und Unternehmer zu ihrer traditionsreichen Spargelfahrt per Ausflugsschiff auf dem Wannsee ein. Weil nach 17 Jahren erstmals wieder ein Bundeskanzler mit an Bord sein wird, wittert die „Bild“-Zeitung unbotmäßigen Lobbyismus und schreibt: „Jetzt wollen SPD-Abgeordnete selbst kräftig Kasse machen: Sie bieten ein Treffen mit Bundeskanzler Olaf Scholz (64, SPD) für bis zu 15.000 Euro an!“

Die Zahl stimmt. Für diese Summe kann der Geldgeber sieben Bordkarten erwerben. Zudem darf er sein Logo auf der Sponsorenwand präsentieren, bekommt eine Anzeige in der Bord-Broschüre und einen eigenen Tisch auf dem Hauptdeck. Es geht auch günstiger: Für 5000 Euro gibt es zwei Karten, eine kleinere Anzeige und keinen eigenen Tisch.

Kein Sponsor sitzt am „Promi-Tisch“

„Gesprächsanbahnungen finden aber nicht statt“, sagt Wiese (38), Abgeordneter aus Brilon und SPD-Fraktionsvize im Bundestag. Keiner der Sponsoren werde am „Promi-Tisch“ sitzen. Die Teil-Finanzierung der Veranstaltung über Sponsoren sei absolut üblich und seit Jahren Praxis. „Das läuft auch bei Parteitagen so – auch bei der CDU“, sagt Wiese. „Das Sponsoring wird transparent nach der Veranstaltung auf unserer Homepage veröffentlicht. Auch die Teilnehmerinnen und Teilnehmer werden alle veröffentlich.“ Angemeldet hätten sich übrigens auch zwei „Bild“-Journalisten. Wiese wird die Gäste begrüßen, anschließend soll Olaf Scholz „ein paar Worte“ sagen. Ob der Kanzler an der gesamten dreieinhalbstündigen Tour mit Spargelessen teilnehmen werde, sei nicht sicher.

Für die SPD ist das Sponsoring dennoch heikel. Die Fraktion hatte jahrelang für ein Lobbyregister gekämpft, um Transparenz über die Einflussnahme auf Parlament und Regierung zu schaffen. Als der damalige CDU-Generalsekretär in NRW, Hendrik Wüst, 2010 den Hut nehmen musste, weil er vertrauliche Gespräche mit dem Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers gegen Geld angeboten hatte, war das für die Sozialdemokraten nicht nur in NRW ein gefundenes Fressen.

Zu den Sponsoren der Spargelfahrt zählen Wieses Angaben zufolge unter anderem RWE, Evonik, die Post, die Lufthansa und der Bundesverband Windenergie. Wiese selbst muss übrigens wie alle anderen normalen Teilnehmer 50 Euro Eintritt bezahlen. Und das Bier kommt erstmals aus dem Sauerland – und nicht mehr aus Berlin.