Hagen. Im derzeit wichtigsten Rocker-Prozess Deutschlands hat das Landgericht Hagen Urteile gegen die Bandidos-Gründer gesprochen. Sie sind deutlich.
Peter M. und Leslav H., die Gründer der Rockergruppe Bandidos in Deutschland, müssen ins Gefängnis. Sie sind gestern am Landgericht Hagen als Rädelsführer einer kriminellen Vereinigung verurteilt worden. Als eine solche stuften die Richter die Bandidos-Dachorganisation „Federation West Central“ ein, deren führende Köpfe die beiden waren. Im Zweifel, so Richter Bernhard Kuchler, würden bei den Bandidos die eigenen Regeln mehr gelten als die Gesetze.
Leslav H. (60) soll als Chef der Federation zudem den Ankauf von 16 illegalen Waffen für 12.000 Euro angeordnet haben, die auf einem Parkplatz in Menden übergeben wurden. Die stammten aus dem „Umarex“-Komplex: ein ehemaliger und inzwischen verurteilter Mitarbeiter des Waffenherstellers aus Arnsberg hatte Teile aus dem Unternehmen geschmuggelt und zuhause zusammengebaut, bevor er mindestens 55 Stück weiterverkaufte. Das Gericht verurteilte Leslav H. zu vier Jahren. Da der Herner schon zweieinhalb Jahre in Untersuchungshaft saß – erst seit vergangener Woche ist er auf freiem Fuß – würde er bei Rechtskraft des Urteils nicht mehr lange einsitzen müssen.
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Seinen langjähriger Rockerfreund Peter M.(58), mit dem H. das Buch „Ziemlich böse Freunde“ über ihre Bandidos-Zeit geschrieben hatte, sieht das Gericht ebenfalls als Rädelsführer. Er wurde zu einer Haftstrafe von zwei Jahren verurteilt, eine Aussetzung zur Bewährung lehnten die Richter ab. Auf M., der bislang nicht in Untersuchungshaft saß, wartet also noch eine längere Zeit im Gefängnis.
Mit Räumpanzer Grundstück in Dortmund gestürmt
Ganz anders beim dritten Angeklagten, einem 40-jährigen Dortmunder, dessen Grundstück bei einer Razzia im Januar 2020 spektakulär mit einem Räumpanzer gestürmt worden war. Er wurde wegen Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung zu eineinhalb Jahren Haft verurteilt. Die hat er aber quasi schon abgesessen, er saß sogar länger in U-Haft, weil er ursprünglich wegen Anstiftung zum versuchten Mord – es ging um Schüsse auf einen Hells-Angels-Treff in Köln – angeklagt war. Das, so die Richter, sei aber nicht nachweisbar.
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In Hagen ist damit der aktuell wohl wichtigste Rockerprozess Deutschlands zu Ende gegangen. Nicht nur, weil die Bandidos-Gründer angeklagt waren, sondern auch, weil juristisches Neuland betreten wurde. Die Frage, ob die Rocker als Kriminelle Vereinigung gewertet werden können, wird vor dem Bundesgerichtshof landen. Die Anwälte haben Revision angekündigt. Ob das Hagener Urteil Bestand haben wird, ist also noch unklar.
Gleiches gilt für das Verbotsverfahren, gegen das die Rocker vor dem Bundesverwaltungsgericht klagen: der damalige Bundesinnenminister Horst Seehofer hatte im Juli 2021 die Bandidos verboten. Und ausdrücklich Bezug genommen auf das nun zu Ende gegangene Verfahren in Hagen. Dort war es im Jahr 2018 zu einem blutigen, aber zunächst lokal begrenzten „Rockerkrieg“ zwischen Bandidos und Freeway Riders gekommen. Die Ermittler recherchierten aber so akribisch, dass sie die internen Führungsstrukturen der Rocker aufdeckten, die nun zum Urteil gegen die Bandidos-Chefs führten.