Die Nachfrage nach Wärmepumpen und Photovoltaikanlagen ist groß in der Region. Firmen sagen, was die Umrüstung kostet und wann sie Sinn ergibt.

Hagen. Der Mann am Telefon hat keine Zeit. Natürlich nicht, er muss arbeiten: Heizungsanlage reparieren. Das gewohnte Geschäft ist das. Alles andere kommt noch obendrauf. „Der Krieg in der Ukraine treibt die Leute extrem an. Ich kriege Aufträge ohne Ende“, sagt Hartwig Dicke, Sanitärmeister aus Ennepetal, über seine Kundschaft. „Sie wollen weg von Putin, von seinem Gas und seinem Öl.“ Umrüsten, unabhängiger werden, das ist der Wunsch. Die Nachfrage sei sprungartig angestiegen, um den Faktor vier oder fünf, sagt Dicke.

Wärmepumpe, Elektro- oder Holzpelletsheizung

Die Frage, die die Menschen haben wegen des Kriegs in der Ukraine, wegen der steigenden Preise für Öl und Gas, wegen der Zukunftsfähigkeit der Rohstoffe, lautet: Wie weiter heizen? Woher die Energie nehmen, die der Haushalt braucht? Wie möglichst autark werden?

Hartwig Dicke empfiehlt seinen gasflüchtigen Kunden derzeit Wärmepumpen, Elektro- oder Holzpelletsheizungen. Das sei immer eine Frage der Gegebenheiten. Für die Holzpelletheizung braucht es Platz im Kellergeschoss, die Wärmepumpe macht am meisten Sinn, wenn damit eine Fußbodenheizung betrieben wird – unabhängig vom Alter des Gebäudes.

Öl und Gas: Hybridlösungen sind ebenfalls möglich

Luftwärmepumpen kosten ab 15.000 Euro, Erdwärmepumpen ab 25.000 Euro. Allerdings: Wer von der Ölheizung auf Wärmepumpe umsteigt, kann bis zu 45 Prozent der Kosten über das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle wiederbekommen.

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Marcel Heinze, Betriebsleiter beim Sanitär-Meisterbetrieb Friedel Schültke in Sundern, rät – je nach Gegebenheit- auch zu Hybridlösungen: Öl oder Gas plus Wärmepumpe. Auch das werde stattlich gefördert. Die Nachfrage hat auch bei ihm stark zugenommen: „Um 50, 60 Prozent schätze ich.“ Mancher schrecke vor den Kosten natürlich zurück. Ein 150 Quadratmeter großes Haus, das auf Wärmepumpe und Flächenheizung umgerüstet werden müsse, könne durchaus mit über 40.000 Euro zu Buche schlagen. „Aber die Bereitschaft zu investieren ist da.“ Manche Betriebe könnten die Auftragsbücher für ein halbes Jahr im voraus füllen.

Material fehlt: Heizkessel und Elektronik

Aber da ist das nächste Problem: die Planbarkeit. „Wir sind ein sehr, sehr gut strukturierter Betrieb“, sagt Heinze, „aber die Materialbeschaffung ist mitunter abenteuerlich. Das macht die Planung schwer.“ Auf eine gewöhnliche Wärmepumpe, die er vor einem Dreivierteljahr bestellt habe, warte er noch immer. Kollege Dicke sagt, vor allem bei Elektronik wie Regelungstechnik und Steuerungen müsse man teilweise monatelang warten. Heizkessel? Auch nicht viel schneller da.

Anderes Metier, gleiche Probleme: Thomas Hasenbeck ist Elektriker-Meister aus Meschede. Sein Hauptgeschäftsfeld seit Jahren: Photovoltaikanlagen. „Die Nachfrage hat sich zuletzt verdoppelt, eher noch verdreifacht“, sagt Hasenbeck. Die Strompreise, die schon gestiegen waren und mit dem Beginn des Ukraine-Krieges explodierten, ließen die Menschen nach Alternativen trachten. Eigenen Strom durch Sonnenkraft erzeugen und mit einem Speicher unabhängig von anderen Einflüssen darüber verfügen – für viele ist die Energiewende im eigenen Haus reizvoll. Aber lohnt sich das immer?

Für wen sich die Photovoltaikanlage rechnet

„Wenn jemand nur 1500 Kilowattstunden im Jahr verbraucht, dann ist der Aufwand zu hoch“, sagt Hasenbeck. Sonstige Einschränkungen? Kaum. „Weil die Platten so effektiv sind, ist jede Dachausrichtung möglich außer Norden.“ Wer wenig Dachfläche und viele Dachfenster hat, bei dem müsse man rechnen. Und das im Sauerland beliebte Schieferdach mit einer PV-Anlage zu bestücken ist aufwändiger und deswegen viel teurer. Wer Hasenbeck jetzt anruft, hat die Anlage betriebsfertig in einem halben Jahr auf dem Dach. Grund: Auftragslage und – natürlich – Materialmangel. Es fehlen vor allem Wechselrichter und Lithium-Stromspeicher. Der Nachschub aus China ist wegen der Corona-Pandemie nach wie vor beeinträchtigt.

Die Stadtwerke Menden bestätigen das große Interesse an PV-Anlagen. Der Versorger hat in diesem Jahr schon mehr Beratungen zum Thema abgehalten als im gesamten vergangenen Jahr. Neben den herkömmlichen Anlagen sind auch kleine Balkonanlagen beliebt: Mit etwas handwerklichem Geschick kann man die selber zum Beispiel ans Balkongeländer montieren und – am besten mit Hilfe eines Elektrikers - an eine Einspeisesteckdose anschließen. Kosten: rund 500 Euro. Ertrag? „Damit kann man die Grundlast eines Haushalts am Tag durchaus abdecken“, schätzt Sprecher Josef Guthoff. Heißt: Kühlschrank und alles, was auf Standby im Hintergrund läuft wie Fernseher oder Stereoanlage, kann darüber betrieben werden.

Langfristige Tarife beim Versorger wieder mehr gefragt

Was kommt an Kundenreaktionen sonst so bei den Versorgern an? Bei der AVU mit Sitz in Gevelsberg bemerkt man eine gesteigertes Interesse an langfristigen Tarifen, die Planungssicherheit bieten, dafür aber etwas teurer sind. Ein Trend allerdings, der schon vor dem Krieg eingesetzt habe. Zudem sei die Verunsicherung am gesamten Markt groß. „Der Preiskampf ist weg“, sagt Sprecher Daniel Flasche. „Wenn Sie früher aus Vergleichsportalen geschaut haben, dann waren da über 100 unterschiedliche Stromtarife.“ Das Angebot sei zusammengeschmolzen. „Und die sind alle teurer als die, die Menschen schon haben. Wer jetzt wechselt, zahlt drauf.“