Hagen. Drei Jahre lang stand der Iserlohner Paul Ziemiak als Generalsekretär der CDU im Feuer. Nun gibt er sein Amt ab. Mehr Zeit für die Familie!
Paul Ziemiak hat gut eine Stunde Zeit. Dann muss er die Kinder aus der Kita in Iserlohn abholen. Am Montag gibt der 36-jährige Politiker sein Amt als Generalsekretär der CDU ab. Ab dann sitzt der Abgeordnete für den Märkischen Kreis im Bundestag ziemlich weit hinten. Weniger Privilegien, weniger Prominenz. Und nun?
Kinder abholen: das neue Normal von Paul Ziemiak?
Paul Ziemiak: Jedenfalls freue ich mich sehr darauf. Ich blicke zurück auf unglaublich viele spannende Erlebnisse, aber einiges ist in den vergangenen vier Jahren ist auch zu kurz gekommen. Die Familie gehört definitiv dazu.
Dass Sie Ihre Funktion verlieren, frustriert Sie nicht?
Nein, politische Ämter werden auf Zeit vergeben.
Aber jetzt sind Sie „nur“ noch ordentliches Mitglied im Ausschuss für internationale Zusammenarbeit und Entwicklungshilfe.
Mal langsam. Viele haben verwundert darauf reagiert, dass ich nicht gleich ein neues Amt in der Fraktion angenommen habe. Es ist nicht mein Lebenselixier, sofort eine neue Position anzunehmen, nur um eine zu haben. Ich bin direkt gewählter Abgeordneter des Deutschen Bundestags für den Märkischen Kreis, das ist eine wichtige und sehr erfüllende Aufgabe. Darauf meine ganze Kraft konzentrieren zu können macht mir zudem große Freude. Im Übrigen: Zum Ende meiner Parteitagsrede habe auch nicht „tschüss“ gesagt, sondern „bis bald“.
Zu lange über den Kanzlerkandidaten debattiert
Was wird Ihnen fehlen?
Das kann ich Ihnen jetzt noch gar nicht genau sagen. Ich bin jemand, der gern Politik macht, gestaltet und eine klare Haltung hat. Viel Verantwortung zu haben, bedeutet immer auch viel gestalten zu können. Sicher ist das ein Punkt.
Sie tragen eine Mitverantwortung für die Niederlage der Union bei der Bundestagswahl. Was waren die größten Fehler?
Sicherlich kann man jetzt über jedes Wahlplakat diskutieren. Aber das war nicht der Kern des Problems. Wir haben es nicht erst seit dem letzten Jahr versäumt, klarzumachen, was das zentrale politische Anliegen der CDU für das Land und die Menschen ist. Auch die späte Entscheidung über den Parteivorsitz hat uns viel Zeit zur Klärung wichtiger Fragen gekostet. Das hatte auch mit der Pandemie zu tun. Anschließend haben wir vier Monate lang auch noch heftig über den Kanzlerkandidaten debattiert. Der heftige Streit zwischen CDU und CSU hat geschadet. Ich hätte viel früher, am besten noch im Jahr 2020, auf eine zügige Klärung der Personalfragen drängen und sagen müssen: So geht es nicht.
Warum nicht?
Man kann einen Wahlkampf nicht wirklich gut in drei Monaten vorbereiten; er muss exakt auf den Kandidaten zugeschnitten sein. Laschet und Söder sind zwei sehr unterschiedliche Persönlichkeiten. Dazu kommt insgesamt die fehlende Geschlossenheit der Union. Die SPD hat von unseren Fehlern profitiert.
Geschlossen hinter Friedrich Merz versammeln
Welche Lehren sollte die CDU daraus ziehen?
Sie muss jetzt klare Kante als konstruktive Oppositionspartei zeigen. Das heißt: die Regierung dort stellen, wo es notwendig ist. Auch mal loben, aber kritisieren, wenn es schlecht läuft. Vor allem aber muss sie sich jetzt geschlossen hinter Friedrich Merz versammeln. Streit auf offener Bühne kommt bei den Bürgerinnen und Bürgern nicht an. Niemand möchte einer Truppe das Land anvertrauen, die sich ständig intern bekämpft.
Angela Merkel möchte mit der Partei offenbar nicht mehr so viel zu tun haben. Sogar den Ehrenvorsitz lehnt sie ab.
Wir haben Angela Merkel sehr viel zu verdanken und wir sind stolz auf diese sehr große Kanzlerschaft. Wir pflegen nach wie vor einen sehr guten persönlichen Kontakt. Angela Merkel vertritt die Auffassung, dass ein Ehrenvorsitz nicht mehr in die Zeit passt. Sie kann ja generell mit Ehrungen nicht viel anfangen, so etwas brauchte sie nie. Ich glaube, sie genießt jetzt die neue Zeit.
Wie ist denn Ihr Verhältnis zu Friedrich Merz?
Ausgezeichnet. Wir arbeiten nicht nur in der Bundespolitik gut zusammen, sondern pflegen auch ein vertrauensvolles freundschaftliches Verhältnis. Vor der Entscheidung von Ralph Brinkhaus, auf den Fraktionsvorsitz zu verzichten, habe ich großen Respekt. Jetzt haben wir Klarheit auf allen Ebenen und können als Union voll durchstarten. Friedrich Merz ist nach dem starken Votum von fast 95 Prozent und der Entscheidung für den Fraktionsvorsitz die unangefochtene Nummer 1 der CDU.
Gutes Verhältnis zu Friedrich Merz
Und warum sind Sie dann nicht Generalsekretär geblieben?
Friedrich Merz hat es auf dem Parteitag so zusammengefasst: „Paul Ziemiak und ich sind uns einfach zu ähnlich. Und die Spitze der Partei kann nicht nur von Sauerländern gestellt werden, sondern sie muss die Breite der Partei abdecken.“ Deswegen verstehe ich gut seine Entscheidung für einen neuen Generalsekretär aus den neuen Ländern, der gleichzeitig aus dem Sozialflügel der Partei kommt.
Sollte Friedrich Merz auch als Kanzlerkandidat antreten?
Ein CDU-Vorsitzender muss immer bereit und in der Lage sein, für dieses Amt zu kandidieren.
Das kommt doch gar nicht von Ihnen, sondern von Merz selbst.
Daran können Sie wieder sehen, wie gut Merz und ich uns vor Interviews bei Ihnen abstimmen.