Hagen/Iserlohn. Obwohl die neue Variante andere Quarantäne-Regeln auslöst, wird nicht jede Probe zweifelsfrei analysiert. Wie schwer Laboren die Suche fällt.
Nachdem die erste Hiobsbotschaft eingetroffen war, hieß es: warten, vielleicht auf die nächste. So erzählt es die Mutter aus Hagen, deren Tochter, Grundschule, dritte Klasse, positiv auf das Coronavirus getestet wurde. Die wichtigste Frage: Omikron-Variante oder nicht? Die Antwort entscheidet darüber, ob auch geimpfte Kontaktpersonen in Quarantäne müssen. Die ganze Familie über Weihnachten zu Hause eingepfercht? Einen Tag musste sie aufs Ergebnis warten: kein Omikron. Selten geht es so schnell. Und: Nicht immer wird überhaupt die Variante festgestellt. Warum eigentlich nicht?
Wie wird geprüft, welche Variante für einen positiven Fall sorgt?
Es gibt zwei Möglichkeiten, sagt Dr. Georg Kirchner, Geschäftsführer der Eurofins medizinischen Labore in Iserlohn und Gelsenkirchen, in denen mehr als 5000 Tests am Tag geprüft werden.
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Möglichkeit 1: Sequenzierung. So nennt sich die aufwändige Analyse, die nicht jedes Labor beherrscht, die aber zweifelsfrei bestimmt, welche Variante hinter der Infektion steckt. Problem: Das Verfahren kann bis zu zwei Wochen in Anspruch nehmen.
Möglichkeit 2: Der PCR-Variantentest, der einem positiven Test angeschlossen wird. Vorteil: Innerhalb von ein, zwei Tagen liegt ein Ergebnis vor. Nachteil: Es ist ist nicht zweifelsfrei, „aber mit hoher Wahrscheinlichkeit“ richtig, sagt Kirchner. Bei 90 Prozent soll die Trefferquote in etwa liegen.
Welcher Anteil der positiven Tests wird auf die Variante hin untersucht?
„Zur Sequenzierung gehen derzeit etwa fünf Prozent“, sagt Kirchner. Diese fünf Prozent werden per Zufallsprinzip bestimmt. Damit nimmt das Labor an einem bundesweiten Überwachungsprogramm teil, um „einen Überblick zu haben, welche Varianten es gibt und wie schnell sie sich ausbreiten“, sagt Kirchner, dessen Labore die Tests von u.a. den Gesundheitsämtern des Märkischen Kreises, des Kreises Olpe und Siegen-Wittgenstein, von Krankenhäusern sowie Testzentren bearbeiten.
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„Mit den Gesundheitsämtern ist vereinbart, dass jede positive Probe auch mit einem Variantentest untersucht wird. Damit kann der Virus-Typ bereits mit hoher Wahrscheinlichkeit bestimmt werden“, sagt Kirchner. „Diesen Test gibt es erst seit dem Sommer, aber er beschleunigt das Verfahren immens und hilft, Infektionsketten richtig zu beurteilen.“
Werden die Restzweifel ausgeräumt?
„Ein Verdacht muss noch mittels Sequenzierung bestätigt werden“, heißt es von der Stadt Hagen auf Nachfrage. Ebenso im Ennepe-Ruhr-Kreis, wo zuletzt dringende Verdachtsfälle an einem Gymnasium in Wetter auftraten, die aber noch nicht bestätigt sind. In solchen Fällen werde „eine Ganzgenom-Analyse zur Bestätigung in Auftrag gegeben“, wie Amtsärztin Dr. Sabine Klinke-Rehbein sagt. Das jedoch hat Grenzen – schon bald im Ennepe-Ruhr-Kreis, der mit einem Dortmunder Labor zusammenarbeitet. „Voraussichtlich wird dies ab der nächsten Woche nicht mehr möglich sein, da die Kapazitäten der Sequenzierung ausgeschöpft sind.“
Was passiert, wenn Omikron die dominierende Variante wird und Labor-Kapazitäten schwinden? Wenn es so kommt, „werden sich Maßnahmen auf die variantenspezifische PCR stützen“, sagt Amtsärztin Rehbein vom Ennepe-Ruhr-Kreis. Heißt: Besteht der mit an Sicherheit grenzende Verdacht einer Ansteckung mit der Omikron-Variante, dann reicht dies, um Quarantäne auch für geimpfte Kontaktpersonen anzuordnen. Das sei bei der Alpha- und Deltavariante auch so gewesen und hat sich „als zuverlässig erwiesen“.
Wie hoch ist der Anteil der Omikron-Fälle derzeit?
„Der Anteil der Omikronfälle ist noch relativ gering, aber er tendiert nach oben“, berichtet Georg Kirchner aus seinen Laboren. „Wir hatten vor zwei Wochen nach dem Ergebnis der Sequenzierung drei Fälle, in dieser Woche waren es schon 13. Wir sehen also eine langsame Zunahme, die sich nach menschlichem Ermessen auch nicht aufhalten lassen wird.“
Bis zum Dienstag waren die Zahlen der bestätigten Omikron-Fälle und engeren Verdachtsfälle in NRW auf 1122 angestiegen.
Wie hoch ist die Dunkelziffer an Omikron-Infektionen in Deutschland?
Eine Antwort darauf fällt schwer. „Nicht alle Labore machen zum jetzigen Zeitpunkt eine variantenspezifische PCR-Analyse“, erklärt Dr. Sabine Klinke-Rehbein, „es ist daher von einer gewissen Dunkelziffer auszugehen“.