Datteln/Bestwig. Thomas Nolte aus Bestwig-Föckinghausen verkauft seit 30 Jahren Sauerländer Weihnachtsbäume im Ruhrgebiet. Er erlebt so einiges an seinem Stand.

Es ist nasskalt und so trübe, wie es nur an einem trüben Wintertag sein kann. Ein Wetter, bei dem am besten in seinem warmen Zuhause bleibt.

Und doch steht Thomas Nolte an diesem Tag vergnügt auf dem Parkplatz eines Discounters in der 35.000-Einwohner-Stadt Datteln im Kreis Recklinghausen und bringt auf seine Art Glanz in diese eher schmucklose Umgebung. Genauer: weihnachtlicher Glanz.

Der Vater startete den Verkauf vor 56 Jahren

Thomas Nolte (57) aus dem Bestwiger Ortsteil Föckinghausen verkauft seit 30 Jahren in dem Ort im nördlichen Ruhrgebiet Weihnachtsbäume, sein Vater Hermann hat damit bereits vor 56 Jahren begonnen. „Weihnachtsbäume aus dem Sauerland“, wie es auf großen Transparenten am Rande des Parkplatzes und an der nahen Tankstelle steht.

Thomas Nolte (57) vor seiner Netzmaschine.
Thomas Nolte (57) vor seiner Netzmaschine. © FUNKE Foto Services | Jakob Studnar

Vor einer Woche hat Thomas Nolte den diesjährigen Verkaufsstand geöffnet. Vater Hermann war wie immer beim Aufbau mit dabei.

Bekannt in der Bevölkerung

Und wie immer gab es ein großes Hallo aus der Bevölkerung. „Man kennt uns hier“, sagt Thomas Nolte, sozusagen der Glücksbote aus dem Sauerland, „die Leute freuen sich, dass wir wieder da sind.“

Über die Jahre habe sich ein prima Verhältnis zu den Dattelnern entwickelt. Die Noltes beliefern die Kirchen in der Stadt und Händler der Werbegemeinschaft in der City.

Wenn ältere Stammkunden nicht mehr so mobil sind, bringt der 57-Jährige eine Nordmanntanne („weiter unser Verkaufsschlager“) oder eine Edeltanne („für die, die einen kräftigeren Duft bevorzugen“) vorbei. Während im Bundesschnitt der laufende Meter Nordmann in diesem Jahr von 21 bis 27 Euro kostet, verkauft Nolte ihn für 19 Euro: „Der Weihnachtsbaum soll für die Leute doch bezahlbar bleiben.“

Den Jahresurlaub geopfert

Der Weihnachtsbaumverkäufer ist in seinem sonstigen Leben Sachbearbeiter bei einer Krankenkasse. Für die Zeit vom 6. bis 23. Dezember hat er wieder seinen Jahresurlaub geopfert. Morgens verlässt er mit Pkw oder Bulli und Tannen auf dem Anhänger sein Haus – ungespritzte Tannen, wie er betont –, fährt die 100 Kilometer nach Datteln und ist abends um 9 wieder zurück.

Außenstehende könnten sich fragen, warum er sich das antut, stundenlang in der Eiseskälte zu stehen, wie damals 2009 bei minus 16 Grad. „Ich kenne es nicht anders“, sagt er und lacht herzhaft, „dies hier ist Familientradition.“ Und erzählt er, dass er keine Frostbeule sei: „Ich bin Saunagänger. Das härtet ab.“

Wenn das Stammende zu breit ist, legt Thomas Nolte an seinem Verkaufsstand mit Hilfe seiner Säge Hand an.
Wenn das Stammende zu breit ist, legt Thomas Nolte an seinem Verkaufsstand mit Hilfe seiner Säge Hand an. © FUNKE Foto Services | Jakob Studnar

Wenn jemand einen Weihnachtsbaum verkauft, dann kann er was erzählen: Thomas Nolte hat viele Familiendramen bei der Suche nach dem schönsten Baum aller Zeiten erlebt.

Ein Kauf kann sehr zeitaufwendig sein

Ehepartner, die jedes Gewächs von oben bis unten, bis in die Nadelspitze begutachteten und sich keifend in die Haare bekamen. Er hat sie in vielen Fällen mit seinem sonnigen Gemüt wieder auf Normaltemperatur gebracht. „Es soll doch ein harmonisches Fest werden“, sagt er.

Daheim in Föckinghausen kommt bei den Noltes „selbstverständlich“ auch eine Nordmanntanne ins Wohnzimmer. „Das Schmücken und die anderen Vorbereitungen macht alles meine Frau“, sagt Nolte, „ich bin ja nicht da.“

Noch nie in seinem Leben hat er einen Weihnachtsmarkt besucht („ich war ja immer in Datteln“), noch nie den typischen Duft von Glühwein und gebrannten Mandeln erlebt. Stattdessen strömt an diesem Tag auf dem Discounter-Parkplatz ein markanter Brathähnchen-Duft vom Verkaufswagen schrägt gegenüber in seine Nase.

Es würde Thomas Nolte etwas fehlen, stünde er nicht bei Wind und Wetter in der Adventszeit auf einem Parkplatz in Datteln.

Fast wäre Schluss gewesen

Harz an den Fingern gehört zum Job eines Weihnachtsbaumverkäufers dazu.
Harz an den Fingern gehört zum Job eines Weihnachtsbaumverkäufers dazu. © FUNKE Foto Services | Jakob Studnar

Im vergangenen Jahr wäre sein Weihnachts-Lebenswerk fast zerstört worden. Nachdem eine Packstation der DHL installiert worden war, war kein Platz mehr für seinen langjährigen Verkaufsstand auf dem Gelände eines Lebensmitteleinzelhändlers.

Rettender Anruf des Filialleiters

„Ich hatte fast schon damit abgeschlossen“, sagt er und wirkt plötzlich mal nicht fröhlich. Im nächsten Moment leuchten seine Augen wieder. „Ich bekam einen Anruf vom Netto-Filialleiter. Ob ich nicht auf deren Parkplatz kommen könne.“ Gesagt, getan.

Die Menschen in Datteln freuen sich alle Jahre wieder auf den freundlichen Sauerländer. Mittags bringt ihm oft die Familie einer Verkäuferin des Lebensmittelmarktes am alten Standort ein warmes Mittagessen vorbei, erzählt Nolte und berichtet vom Jägerschnitzel mit selbst gemachten Pommes, die er gerade mit Appetit verspeist hat.

Endlich ein Unterstand bei Schnee- und Regenfällen

Erst seit dem Advent 2020 stellt er sich bei Regen- und Schneefällen in einen engen Holzunterstand, den er sich nach 30 Jahren im Ganztags-Freien gegönnt hat. Wird es arg kalt, zieht er mehrere Kleidungsstücke übereinander und geht seinen Stand auf und ab.

„Bewegung ist das Beste gegen das Frieren“, sagt er. Wenn am 23. Dezember Schluss ist, wird Thomas Nolte wie üblich um die 7 Kilo abgenommen haben. „Die habe ich aber nach Weihnachten und Silvester wieder drauf.“

Hintergrund

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