Brilon. Der Schützenforscher Peter Becker aus Brilon weiß: Die Sehnsucht nach Schützenfesten ist riesengroß. Ob es 2022 wie früher wird, sei offen.

Wenn Peter Becker dieser Tage gefragt wird, ob er glaubt, dass im kommenden Jahr wieder Schützenfeste in der gewohnten Form stattfinden, sagt er: „Auch wenn ich es gerne tun möchte, kann ich nicht uneingeschränkt mit ja antworten.“ Als im vergangenen Februar noch einige Schützenvereine hofften, dass ihr Fest stattfindet, sprach sich der Briloner Becker, Schützenforscher und Lehrbeauftragter an der Universität Paderborn, bereits für eine generelle Absage aus. Würde der eine Vereine seine Veranstaltung durchziehen und der andere nicht, müsse man mit einem in Pandemie-Zeiten gefährlichen Schützenfest-Tourismus rechnen, so ein Argument. Ein anderes: Feiern mit Abstand geht nicht.

Und auch jetzt kann er sich noch nicht so recht ein Fest vorstellen, bei dem ausgelassen feiernde Menschen in Fünferreihen vor der Theke einer Schützenhalle stehen. Aber vielleicht anders? „Wir müssen mit Blick auf 2022 abwarten, wie sich die Pandemie über den Winter hin weiterentwickelt. Schützenfeste sind Kontaktfeste, das fängt beim Tanzen an und hört beim Autoscooter fahren auf. Vielleicht geben Weihnachtsmärkte Aufschluss darüber, wie Massenveranstaltungen mit einem vernünftigen Schutz-Konzept durchführbar sind.“

Verantwortungsvoll gehandelt

Die Schützenvorstände jedenfalls hätten in der Pandemie bewiesen, dass sie sehr verantwortungsvoll handelten. Hinzu komme, dass viele Menschen vorsichtig geworden seien, so Becker.

Der Forscher verweist auf eine Corona-Sonderstudie der Uni Paderborn zu den Folgen der Pandemie für das Schützenwesen, deren Ergebnisse zeitnah veröffentlicht werden. Demnach sei bei einer Online-Umfrage mit Vereinsmitgliedern bzw. mit Menschen, die einen Bezug zum Schützenwesen haben, herausgekommen, dass die Sehnsucht nach einem Schützenfest riesengroß ist – als Ort der Begegnung mit Freunden und Bekannten sowie als Ort der Geselligkeit und Gemeinschaft. Weniger als Ort des ausgelassenen Feierns oder gemeinsamen Essens und Trinkens. Der Briloner: „Es geht in erster Linie um die sozialen Kontakte, um das Zusammensein und um die Erhaltung der Tradition, wenn auch in neuer Form.“

Die Pandemie habe gezeigt, so Becker weiter, dass Schützenvereine entgegen mancher Vorurteile keine reinen Feier-Vereine seien: „Das Coronavirus hat nicht geschafft, Vereine auseinanderzubringen oder überflüssig zu machen.“ Ganz im Gegenteil: Die Vereine hätten in der Krise „als Förderer des sozialen Zusammenhalts in der Ortsgemeinschaft“ gepunktet. Becker: „Daher sind sie trotz gewisser finanzieller Ausfälle insgesamt gut, das heißt: ohne großen Mitgliederschwund, aber mit einer hohen Bereitschaft bei Mitgliedern, sich zu engagieren, durch die Pandemie gekommen.“

Und was die Krise in stark beschleunigter Form auch gezeigt habe, sei die Fähigkeit der Vereine, ihre Traditionen durch Digitalisierung zu transformieren und so einem weiten Empfängerkreis zugänglich zu machen: „Das ist im besten Sinne Tradition im Wandel.“

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Die Aussicht, sich vielleicht doch wieder 2022 bei einem Schützenfest oder anderen Veranstaltungen zu treffen, dürfte die Vereine nach Ansicht von Peter Becker beflügeln: „Ich gehe davon aus, dass das kommende halbe Jahr eine Phase der Kreativität und eine Besinnung auf die wahren Werte sein wird.“