Hagen. Auch in unseren Kreisen in Südwestfalen gibt es immer mehr Unverpackt-Läden. Aber wie funktioniert so ein Einkauf? Und muss man den vorbereiten?
Unverpackt-Läden wollen dem Verpackungsmüll an den Kragen. Auch in unseren Kreisen setzt sich das nachhaltige Einkaufskonzept immer weiter durch. Aber wie kauft man da überhaupt ein? Und muss man sich darauf vorbereiten? Ein Besuch bei „Natürlich unverpackt“ in Hagen.
Das Geschäft
Nicole Jas steht hinter ihrem Verkaufstresen. Inmitten des kleinen Ladens an der Lange Straße in Hagen. Das Geschäft wirkt schlicht aber gemütlich, ähnlich wie ein uriger Tante-Emma-Laden. „Kann ich Ihnen weiterhelfen?“, fragt die 44-Jährige freundlich, die es durchaus kennt, wenn jemand „nur mal gucken möchte“, sich einmal ansehen will, wie es in so einem Unverpackt-Laden eigentlich aussieht. Und was zu tun ist.
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Beim ersten Schritt ins Geschäft fallen sie gleich auf: Zahlreiche Gläser in verschiedenen Formen und Größen stehen auf einem großen Verkaufstisch bereit. Sie sind befüllt mit Reis, Süßigkeiten und Backwaren. Weitere hängen an den Wänden, mit Nudeln und Kaffeebohnen. Die Behälter für die Waren sind allesamt handbeschriftet, manche sind alte Einmachgläser, andere mit einem Holzdeckel oder einem Korken verschlossen. Auf der anderen Seite des Raums steht ein Holzregal, allerhand Kosmetikartikel und Haushaltswaren wie Seifen, Cremes, Deo und Toilettenpapier aus Bambus liegen dort aus, sogar Waschmittel zum Abfüllen und Kerzen aus Altwachs gibt es.
Der Einkauf
Und wie bekomme ich mein Müsli jetzt nach Hause, so ganz ohne Verpackung? „Keine Sorge“, sagt Nicole Jas und lächelt. „Sie können sich hier gerne Gläser nehmen, wir haben immer welche da.“ Die Inhaberin zeigt auf einen kleinen Schrank, gleich neben dem Eingang. Darin stehen einige Behältern bereit. Keine gekauften, die meisten waren vermutlich mal Marmeladen- oder Suppengläser. Es sind Mitbringsel von Kunden, Spenden sozusagen, die Nicole Jas dann reinigt und bei Bedarf kostenfrei abgibt an alle, die nichts dabei haben, erzählt die 44-Jährige.
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Darauf sei man in den Geschäften vorbereitet: Immerhin schauten manche Kunden spontan dort vorbei, weil sie neugierig oder gerade in der Nähe sind. Andere kämen gar mit einem ganzen Korb voll Dosen zum Wocheneinkauf her. Und wieder andere kauften nur eine Kleinigkeit, die sie auch schon mal in die alte Verpackung der Nudeln aus dem Supermarkt füllten. „Letztlich kann man alles für den Einkauf hier nutzen, wenn es sauber und lebensmitteltauglich ist“, erklärt Nicole Jas.
Und das war’s? Einfüllen, fertig? Nicht ganz: Das Gefäß muss vor dem Einkauf einmal gewogen – eine Waage gibt’s vor Ort – und entsprechend beschriftet werden, „damit ich das Gewicht an der Kasse abziehen kann, sodass auch wirklich nur für das Produkt bezahlt wird“. Dann kann’s losgehen. Müsli, Nudeln, Kaffee und eben alles, was das Angebot her gibt, können nach Bedarf umgefüllt werden. Gereinigte Löffel liegen griffbereit bei den Waren, Nudeln, Müsli und Kaffee etwa lassen sich sogar einfach direkt aus den Wandgefäßen zapfen.
Das Angebot
Was es hier zu kaufen gibt, ist entweder Trockenware oder mindestens lange haltbar, so das Konzept. Mehr als 500 Artikel sind es, rund 200 waren es bei der Eröffnung im Februar 2020. Darunter auch Lasagneplatten, Popcornmais, Öle und Essige sowie Trinkschokolade und Fruchtgummis. Was fehlt, sind Frischwaren: „Obst und Gemüse gibt es im Moment nur ab und an in Kooperation mit einem Hof aus Witten, dann können Kunden eine Kiste vorbestellen“, erklärt die Inhaberin. Die Nachfrage sei noch nicht groß und sie wolle keinesfalls Lebensmittel wegschmeißen.
Beim Stöbern durchs Sortiment fällt auf: hier ist ja gar nicht alles unverpackt. Ketchup und Nussmus zum Beispiel gibt es fertig abgefüllt in Gläsern, auch bei den Haushaltswaren liegen die Taschentücher im Papier-Paket aus. Warum? „Die Produkte werden in Pfandgläsern verkauft“, erklärt Nicole Jas, und könnten später wieder abgegeben werden. Die Hüllen seien nachhaltig, aus Papier und recycelbar. Sie räumt ein: Auch in einem Unverpackt-Laden fällt Müll an. „Aber deutlich weniger, und das macht einen großen Unterschied.“
Im Gegensatz zu großen Supermärkten kaufe sie nach Bedarf ein und nicht auf Masse. Und was viele nicht sähen: „Das Mehl etwa, das man im Supermarkt in der Papierverpackung kauft, kommt vorher über viele mehrfach folierte Paletten in die Märkte – sowas gibt es hier nicht.“ Oder die Nudeln: „Im Supermarkt bekommt man die oft in Plastik verpackt oder in einem Karton, der vorne in der Regel trotzdem ein Guck-Fenster aus Folie hat – wird das zuhause nicht ordentlich getrennt, kann die Verpackung schon nicht mehr recycelt werden.“
Die Preise
Zugegeben, ungewohnt ist der Einkauf im Unverpackt-Laden schon. Aber: Hier lässt sich nicht nur Verpackung einsparen, sondern auch nach Bedarf einkaufen. Ist das jetzt teurer als im Supermarkt? Das kommt auch darauf an, zu welchen Produkten man üblicherweise greift. Ein Vergleich: Für 500 Gramm Vollkorn-Fusilli zahlt man im Unverpackt-Laden in Hagen 2,25 Euro, in den Supermärkten variieren die Preise je nach Hersteller zwischen ungefähr 75 Cent und 2,60 Euro.
Bio-Siegel gibt es hier nicht, auch wenn viele Produkte Bio-Qualität hätten, betont Nicole Jas. Aber das sei keine Pflicht. Noch wichtiger als das sei ihr nämlich ein anderer Aspekt: Dass die Produkte so regional wie möglich sind. Seien es Seifen aus Hohenlimburg, Haferflocken aus Witten oder Recycling-Toilettenpapier aus Arnsberg. Denn für die Nachhaltigkeit zähle alles: Das Material selbst, weniger Umverpackung und kurze Transportwege. „Viel nachhaltiger geht es tatsächlich nicht mehr.“