Hagen/Schwelm. Das Firmengelände der Spedition Honselmann in Hagen versank im Hochwasser. Warum dies spürbare Folgen für die Wirtschaft der Region hat.
Der Güterzug, der am Mittwoch vergangener Woche auf das Firmengelände in Hagen eingefahren ist, steht da immer noch. Der Lokführer habe den Zug abgestellt, einen Kaffee getrunken – und das Gelände zu Fuß verlassen. So berichtet es Stefan Honselmann, Geschäftsführer der gleichnamigen Spedition. Grund: Das Wasser der Volme hatte Besitz ergriffen vom Gelände. Binnen einer Stunde standen die Lagerhalle und die Gleisanlage unter Wasser. „Es sieht aus wie auf einem Schlachtfeld. Wenn ich das hier alles sehe, dann bin ich sprachlos und könnte heulen“, sagt Honselmann.
Die Spedition mit Sitz in Schwelm ist eines der Rädchen, die ineinander greifen müssen, damit die heimische Wirtschaft funktioniert, wie sie soll. Nicht einmal längere Lagerzeiten sehen die auf Effizienz getrimmten Prozesse vor – und nun steht da in Hagen seit einer Woche ein Zug im Dreck und bewegt sich keinen Zentimeter. Und vermutlich bleibt das auch erstmal so. Er ist nur ein Beispiel für die vielen Abläufe, die das Wasser in den stark betroffenen Gebieten nachhaltig gestört hat. Die Deutsche Bahn wird am Freitagmorgen eine erste Schadensbilanz ziehen und einen Ausblick liefern.
Die Mengen, die fehlen, sind im Markt spürbar
„Das, was wir gerade nicht transportieren können, sind Mengen, die im Markt spürbar fehlen“, sagt Stefan Honselmann. Die gesamte metallverarbeitende Industrie klage ohnehin schon über Materialknappheit. Von Hagen aus werden die Waren auf der Straße weitertransportiert, u.a. nach Siegen, Attendorn, Remscheid und Solingen, besonders an die Automobilzulieferer. 10 bis 15 Waggons kommen normalerweise jeden Tag bei der Spedition in Hagen an, jeder fasst das Gewicht von 100 Tonnen. Raus geht gerade: nichts.
Fast noch schlimmer: Besserung ist derzeit kaum in Sicht. Nicht nur, dass noch immer die Lagerhalle von Schlamm und Schlick befreit werden muss. Die Gleisanlage sei zugeschüttet mit Geröll und Schlamm, manche Teile des Gleisbetts seien unterspült und freigelegt, sagt Honselmann. Er habe noch keine Ahnung, wie lange es dauern wird, diesen Schaden zu beheben. Die Bahn ist dafür nicht verantwortlich, der Anschluss befindet sich in privatem Besitz. „Die Gleisanlage ist ein zentraler Punkt unseres Geschäftsmodells“, sagt Honselmann. Lange auf dessen Inbetriebnahme warten zu müssen, wäre schwerwiegend. „Wir sind auch ohne den Gleiskörper handlungsfähig. Aber wir müssen abwarten, was die Experten sagen und wie wir damit umgehen.“
Noch herrscht vornehmlich Fassungslosigkeit – auch bei Kunden
Die Kunden seien sehr verständnisvoll und fassungslos über die Geschehnisse in Hagen. Stefan Honselmann geht es nicht sonderlich anders. „Ich habe mir über die Kostensituation noch keine Gedanken machen können. Wir stehen hier immer noch jeden Tag im Schlamm. Es heißt jetzt, zusammenzurücken und gucken, dass wir gemeinsam da durch kommen.“ Einen Monat, vielleicht zwei, sagt er, wird es bestimmt dauern, bis so etwas wie Regelbetrieb herrschen könne – und der Zug vom Gleis geholt ist.