Neuenrade. Heimische Landwirte können ihre Flächen womöglich nicht mehr bewirtschaften wie bisher. Warum sie durch den Regionalplan Futterknappheit fürchten.

Erst vor wenigen Jahren hat Landwirt Markus Schwartpaul seinen Betrieb in Neuenrade-Affeln erweitert. Damit er seine 160 Milchkühe und ebenso viele Jungtiere artgerecht halten kann, sie genug Platz haben, draußen und im Stall. Und um für ihr Futter zu sorgen, das er auf seinen Flächen erntet. Doch damit könnte es bald vorbei sein.

Denn der im Januar veröffentlichte Entwurf des Regionalplans der Bezirksregierung Arnsberg sieht vor, dass ein großer Teil der bis jetzt landwirtschaftlich genutzten Flächen künftig geschützt werden soll.

Wichtig: Wenn der Regionalplan in Kraft ist, hat er nicht sofort eine direkte Wirkung. Aber die Städte und Gemeinden müssen die dort festgelegten Ziele in ihren Flächennutzungsplänen umsetzen. Sollten die Flächen der Bauern irgendwann tatsächlich zu Schutzgebieten erklärt werden, wäre eine Bewirtschaftung dort so nicht mehr möglich. Informiert worden seien sie vorab nicht, sagen die Landwirte, und haben Einspruch gegen den Entwurf eingelegt. Weil sie um ihre Existenzen fürchten, und weil sie die Auswahl der Flächen in Frage stellen. Nun ist ihre Geduld gefragt.

Nicht genug Futter für die Tiere

Betroffen sind etwa 2200 Betriebe in den Kreisen Olpe, Siegen-Wittgenstein und dem Märkischen Kreis. „Das grenzt an Zwangsenteignung“, sagt Ulrich Peterschulte, Vorsitzender des Landwirtschaftlichen Ortsverbandes Neuenrade. Um es anschaulicher zu machen: 80 Hektar Land bewirtschaftet Markus Schwartpaul. Knapp die Hälfte der Fläche wäre von dem Plan betroffen. „Das ist ein Genickschuss“, sagt der 41-Jährige. Seit rund 20 Jahren führt er den Familienbetrieb, ob das auch in Zukunft noch möglich sein wird, weiß er nicht. Denn bereits in den vergangenen Jahren hätte das Futter für die Tiere nicht ausgereicht, zu trocken war es, zu gering die Ernte. „Wenn uns dann noch Flächen wegfallen, brauche ich gar nicht mehr rechnen – so viel Futter kann ich nicht zukaufen, dann kann ich direkt zumachen.“

Das Problem: Falls die Flächen unter Naturschutz gestellt werden, gelten klare Regeln: Gülle darf dann nicht mehr genutzt werden, und auch das Mähen wäre erst ab Juli erlaubt. Viel zu spät, um für ausreichend Futter für die Milchkühe zu sorgen. Und nicht nur das: Flächenverlust bedeute auch weniger Platz, um regionale Produkte zu erzeugen. All das betreffe letztlich also auch den Endverbraucher.

Naturschutz ja, aber sinnvoll

Dabei wollen die Bauern eins klarstellen: Wenn etwas schützenswert sei, wehrten sie das keinesfalls ab. Immerhin hätten sie selbst bereits viele Hektar Land unter Naturschutz gestellt. Freiwillig. Der Regionalplan dagegen gebe Ziele vor, die aus Sicht der Landwirte unsinnig seien: Denn teilweise werden darin ganze Betriebe eingezeichnet, auch die Hofstellen selbst. „Hier sind die Flächen gepflastert, und das Grünland, das jetzt auf einmal geschützt werden soll, wird seit Jahrzehnten bewirtschaftet“, sagt Landwirt Schwartpaul. „Was soll davon plötzlich schützenswert sein?“

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Und strenge Auflagen gelten bereits: etwa durch die Düngeverordnung, das Wasserhaushaltsgesetz und für den Tier- und Artenschutz. Klar sei: Naturschutz gehe nur mit den Landwirten zusammen. Und der Schutz ihrer Nutzflächen müsse unbedingt mitgedacht werden. Wie die Bezirksregierung mit den kritischen Eingaben der Landwirte umgehen und ob sie die in den Entwurf einarbeiten wird, müssen sie nun erstmal abwarten, sagen sie.

Auch der Wald ist betroffen

Auch Waldflächen könnten durch den Regionalplan unter Schutz gestellt werden: Bei den Forstflächen, die auch als Naherholungsgebiete ausgewiesen sind, handelt es sich allerdings um Wald, der bewirtschaftet wird. Und das seit vielen Generationen, die damit auch Geld verdienen müssen, weiß Günter Buttighoffer vom Landwirtschaftlichen Kreisverband MK.

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Die Forstwirte dürften dann aber in vielen Bereichen nicht mehr selbst entscheiden, wie sie ihren Wald bewirtschaften. Wiederaufforstungsmaßnahmen würden sich für sie nicht mehr rechnen, sagt Buttighoffer, „wenn sie dort nicht einmal mehr die toten Bäume schlagen dürften“. Auch eine Umwandlung in Fläche zum Futteranbau wäre dann nicht mehr möglich.