Attendorn. Wie kommen Bilder aus dem Nachlass des berühmten Kunstsammlers Schnütgen ins Südsauerlandmuseum Attendorn. Wir haben uns im Magazin umgesehen
Die Muttergottes hatte schon nasse Füße, als sie endlich gefunden wurde. Der Neuzugang in der Sammlung des Südsauerlandmuseums Attendorn beweist, dass Museen mehr sind als Orte für Präsentationen. Sie sind Rettungsstationen für bedroht Kunst. „Das Sammeln und Bewahren von Kulturgütern sind unsere Kernaufgaben. Das findet hinter den Kulissen statt, immer, auch wenn wir Ausstellungen machen“, sagt Monika Löcken, Leiterin des Südsauerlandmuseums in Attendorn und des Museums Wendener Hütte.
Nur ein kleiner Teil der Sammlung kann gezeigt werden. Die Schätze sind in den Magazinen Gegenstand wissenschaftlicher Erforschung und von Sonderausstellungen. Die coronabedingte Schließung des Hauses nutzen Monika Löcken und ihr Team, um sich intensiv um die Magazine zu kümmern. „Wir säubern die Sammlung, überprüfen die Inventarisierungen. Unsere Bestände sind über 100 Jahre alt, man hat immer neue Kriterien, nach denen man das verwahrt.“
Münzsammlung und Zinnfiguren
Das Südsauerlandmuseum hegt und pflegt in seinen Magazinen vielfältigste Artefakte mit Bezug zur Region: Die Münzsammlung, das westfälische Zinnfigurenkabinett, das Naturkundemagazin, sowie der Mineralien-Sammlung, die Mineralien-Sammlung, die Paramentensammlung, die umfangreiche Bibliothek, die bis ins 16. Jahrhundert zurückreicht, „das wäre wirklich ein Forschungsprojekt“. Dazu kommen Bestände zur Stadt- und Landesgeschichte, Gegenstände aus der regionalen Sachkultur aus Handwerk und Haushalt, die Gemäldegalerie mit 400 Exponaten und als Kernstück eine Sammlung zu liturgischen Geräten. „Das ist ganz wichtig“, betont Monika Löcken, „weil selbst Kinder aus katholischen Haushalten nicht mehr wissen, was eine Monstranz ist.“ Alle diese vielen tausend Objekte vom winzigen Zinnsoldaten bis zum großen Türportal dokumentieren Leben, Alltag, Politik und Wirtschaft im Kreis Olpe in Vergangenheit und Gegenwart, denn die Gegenwart ist die Vergangenheit der Zukunft.
Künstlerisches Vermächtnis
Bei vielen Sammlungen handelt es sich um Nachlässe; so hütet das Südsauerlandmuseum das künstlerische Vermächtnis des Expressionisten Jupp Steinhoff aus Bilstein. Eine weitere bekannte Künstlerpersönlichkeit sorgt jetzt für Zuwachs im Magazin: Alexander Schnütgen (1843 – 1918), einer der berühmtesten Kunstsammler der Welt, Namensgeber des bekannten Schnütgen-Museums in Köln und Ehrenbürger Attendorns. Acht großformatige Gemälde aus seinem Nachlass konnte das Südsauerlandmuseum vor einigen Wochen übernehmen. Monika Löcken: „Ich bin so glücklich, dass wir diese Gemälde jetzt haben.“
Damit sie nicht zugrunde gehen
Alexander Schnütgen ließ sich nach seiner Pensionierung im Elternhaus seines Vaters in Listernohl nieder. Zwischen 1903 und 1915 finanzierte er als Kunstmäzen den Bau und die Ausstattung von vier Dorfkirchen im ehemaligen Amt Attendorn. In seiner Zeit als Kölner Domkapitular hatte er bis 1910 mehr als 12.000 sakrale Objekte und Bilder gesammelt. Oft entdeckte er diese Gegenstände in Kellern und auf Dachböden der Pfarrhäuser, in denen er bei Visitationen übernachtete. Sie stammten aus dem Mittelalter oder dem Barock, sie waren unmodern geworden und drohten, auf dem Müll zu landen. Schnütgen prägte das Bewusstsein, vergangene Kunststile zu bewahren und damit ein Leitwort des verantwortungsbewussten Sammelns: „Sammelt die Stücklein, damit sie nicht zugrunde gehen.“
Schimmel wird entfernt
Die Bilder aus seinem Nachlass standen in einem Keller. „Wir sind jetzt dabei, ganz vorsichtig den Schimmel zu entfernen“, schildert Monika Löcken. Ein Tafelbild mit der Auferstehung Christi wurde nach einem Kupferstich von Peter Paul Rubens gemalt. Interessantes Detail: „Bei Rubens ist das Grabtuch weiß, in diesem Bild rot.“ Die Schöpfer der acht Gemälde sind nicht bekannt. „Das sind unbekannte Künstler. Rubens hat seine Gemälde mit Kupferstichen international bekannt gemacht und die regionalen Maler haben diese Stiche als Vorlage genommen“, weiß Monika Löcken.
Bis das Geheimnis um die Schnütgen-Gemälde endgültig gelüftet ist, hat Monika Löcken noch viel Forschungsarbeit vor sich. Damit das Bewahren und Verwahren auch in Zukunft möglich bleibt, hat das Südsauerlandmuseum die komplette Sammlung digital erfasst. „Das erleichtert die Recherche und vor allem die Provenzienzforschung.“