Werl. Am 1. Mai beginnt in Werl die Wallfahrtsaison. Worauf sich die Pilger in diesem Jahr einstellen müssen

Die eigene Komfortzone zu verlassen, um neue Wege zu suchen, ist das Ziel jeder Pilgerreise. Das gilt besonders in Notzeiten. Viele der traditionellen Fußwallfahrten zur Muttergottes nach Werl wurden in Seuchen- und Kriegsgefahr begründet. Nun läuten die Glocken in der Basilika Mariä Heimsuchung bereits zur zweiten Saison unter Coronabedingungen. Auch dieses Jahr wird vieles anders sein, als das christliche Brauchtum es seit Hunderten von Jahren vorgibt.

„Man muss neue Formen entwickeln“, so beschreibt Wallfahrtsleiter Pastor Dr. Gerhard Best die Herausforderung. Statt der großen Gemeinschaften mit 100 oder mehr Teilnehmern pilgern jetzt Einzelpersonen oder kleine Abordnungen zur Muttergottes. „Es kommen immer Leute, oft aus den Orten, die sonst in Gruppen anreisen. Die kommen oft sogar an ihrem Tag. Die Gottesdienste sind immer gut besucht“, bilanziert Pastor Best die Wallfahrt 2020. „Das hat mich gefreut, denn es zeigt, dass es eine Bindung an die Wallfahrt gibt.“

Da die traditionsreichen Fußprozessionen etwa aus Dortmund, Olpe, Arpe, Much, Meschede oder Sundern, die Motorradwallfahrt oder die Wallfahrten der Schützen noch nicht wieder möglich sind, haben sich neue Wege aufgetan, den Segen der Muttergottes in Werl zu erbitten. Einige Wallfahrten schicken Delegierte, welche die Fürbitten der Daheimgebliebenen mitbringen, „und wir beten für diese Anliegen“. Jeder Pilger kann jederzeit per E-Mail oder Briefpost einen Gebetswunsch im Wallfahrtsbüro vortragen.

Künftig auch Trecker-Wallfahrt

Nach dem Wegzug der Franziskaner hat das neue Wallfahrtsteam, das aus drei Priestern und zwei Seelsorgern besteht, das Pilgerangebot anders aufgestellt. Die Wallfahrt Werl ist jetzt zum Beispiel auch in den sozialen Medien unterwegs, „darüber erreichen wir Tausende, das wird unglaublich gut angenommen“, bilanziert Best. Fahrradpilger können sich, sobald es die Coronaregeln zulassen, einen „Segen to go“ abholen. Wenn die Pandemie bewältigt ist, soll es zusätzlich zur „Moto Maria“ auch eine Trecker- und eine Oldtimer-Wallfahrt geben. Überhaupt liegt das Pilgern nach wie vor im Trend, „in den Fußprozessionen gehen vorwiegend jüngere Teilnehmer mit, der Durchschnitt ist deutlich jünger als in den Gottesdiensten“, beobachtet Best.

Doch noch müssen die Christen unter den Corona-Vorsichtsmaßnahmen zur Trösterin der Betrübten kommen. Für Einzelpilger und Familien gibt es täglich einen Gottesdienst in der Basilika; 100 Pilger finden ohne Anmeldung Einlass. „Wir können bei Bedarf die alte Wallfahrtskirche und den Vorplatz zusätzlich nutzen, so dass wir ohne Platzkarte flexibel sind“, schildert Pastor Best. Zu großen Ereignissen wie dem Patronatsfest Mariä Heimsuchung wird auch der Kreuzwegplatz geöffnet; dann können noch einmal 150 Pilger am Gottesdienst teilnehmen, allerdings mit vorher gebuchter Einlasskarte.

Ein Stück zu Fuß

Außerdem bietet das Wallfahrtsteam jetzt unter dem Motto „Ein Stück zu Fuß“ begleitete Pilgerwege rund um die Basilika an. Rund zehn ehrenamtliche Pilgerbegleiter sind dabei im Einsatz. Zur Auswahl stehen Wege mit jeweils drei Stationen von einem bis vier Kilometern. Inhaltlich gibt es Impulse zum Wallfahrtsmotto „Atme in uns, Heiliger Geist“. „Ich hoffe, dass es angenommen wird“, so Best. „Die Besucher wollen nicht einfach vorfahren und wieder zurückfahren. Ein Stückchen zu gehen, das gehört dazu.“

Die Wallfahrt Werl liegt am Jakobsweg; Jakobspilger können sich dort einen Stempel abholen. Wenn erst das neue Wallfahrtszentrum am alten Franziskaner-Kloster fertig ist, können Jakobspilger in Werl auch übernachten.

Intensive Begegnungen

Da Wallfahrten ihren Erfolg nicht in Zahlen messen, sondern in spirituellen Impulsen, ist Pastor Best trotz aller Beschränkungen zufrieden mit dem Auftakt seiner Amtszeit. „Rückblickend war meine erste Saison als Wallfahrtsleiter nicht so, wie ich es mir gewünscht hätte“, sagt er. „Aber im Nachhinein ist es eine schöne Wallfahrtszeit gewesen, weil sie sehr intensiv war. Die Leute waren sehr bewusst. Und die ganze Saison ist ohne eine einzige Infektion verlaufen, darüber bin ich sehr dankbar.“

Daher blickt das Wallfahrtsteam mit Zuversicht auf die kommenden Monate, selbst wenn der Betrieb „mit angezogener Handbremse“ laufen muss. Best: „Was wichtig ist und was in die Annalen eingehen wird: 2020 war in Werl Wallfahrtszeit. Wir haben nicht dicht gemacht. Und auch 2022 ist in Werl Wallfahrtszeit.“ Die Muttergottes ist ja da. Seit 360 Jahren.

Für das Eröffnungspontifikalamt am 1. Mai mit dem Essener Bischof Dr. Franz-Josef Overbeck sind bereits alle Platzkarten verkauft. www..wallfahrt-werl.de