Bottrop/Hagen. Der Hagener Stifter und Museumsleiter Dr. Ulrich Schumacher ist tot. Er leitete Museen in Bottrop und Hagen

Die Kunstwelt trauert um den Museumsdirektor, Stifter und Sammler Dr. Ulrich Schumacher. Der langjährige Leiter des Museums Quadrat in Bottrop sowie Stiftungsvorsitzender und Gründer des Emil-Schumacher-Museums in Hagen starb am frühen Donnerstagmorgen nach langer schwerer Krankheit im Alter von 79 Jahren im St. Johannes-Hospital in Hagen. Mit fundierter Kenntnis und Leidenschaft widmete sich Ulrich Schumacher dem Werk seines Vaters, des großen Malers Emil Schumacher. Die Stiftung mehrerer 100 Arbeiten des Künstlers durch die Familie ermöglichte im Jahr 2009 die Eröffnung des Emil-Schumacher-Museums im Kunstquartier Hagen.

In der Öffentlichkeit galt er eher als schroff und unnahbar. Doch das Unzugängliche war der selbst errichtete Schutzschild eines scheuen und sensiblen Menschen. Hassbriefe und Drohschreiben gehörten zum Alltag von Ulrich Schumacher und seiner Frau Ingrid. Die Errichtung des Schumacher-Museums war umstritten; bis heute wird in Hagen mehr über die Baumängel am Gebäude gesprochen als darüber, dass der Name Emil Schumachers durch Leihgaben aus Hagen ein exzellenter Werbeträger für die Stadt in den Museen der Welt ist. Wer aber mit ihm ins Gespräch kam, der erlebte Ulrich Schumacher als ungemein kundigen, liebenswerten Kunstwissenschaftler, der mit Begeisterung das Schaffen seines Vaters erklären konnte, und der auch dessen Herzensbildung und feinen Humor geerbt hatte.

Aufgewachsen zwischen Farben und Leinwänden

Dass es ausgerechnet Hagen sein muss, stand für Vater und Sohn nie zur Disposition. Ulrich Schumacher, am 3. September 1941 geboren, wuchs in dem Haus in Hagen-Wehringhausen auf, das seine Eltern ihr Leben lang bewohnten. Aller Weltruhm konnte Emil Schumacher nicht dazu bringen, seine Wurzeln in der westfälischen Industriestadt auszureißen. Sohn Ulrich wurde zwischen Pinseln, Farben und Leinwänden groß und entschied sich nach dem Abitur, Kunstgeschichte zu studieren. Nach der Promotion 1972 in Bochum katalogisierte er die Schenkung des Sammlerehepaares Sprengel an die Stadt Hannover. 1976 wechselte er als Leiter der Modernen Galerie nach Bottrop und wurde 1983 zum Gründungsdirektor des neuen Josef-Albers-Museum Quadrat in Bottrop berufen, das er fast 30 Jahre lang mit großem Erfolg leitete.

„Über die Kartoffelkiste hängen“

Im Jahr 2003 beendete Schumacher seine Tätigkeit in Bottrop vorzeitig, um sich dem Aufbau eines Emil-Schumacher-Museums in Hagen zu widmen. Der Maler war am 4. Oktober 1999 gestorben; sein Erbe sollte in seiner Heimatstadt bewahrt und gepflegt werden. Zu diesem Zweck gründete Schumacher eine Stiftung, in die er mehrere 100 Arbeiten seines Vaters einbrachte. „Bundespräsident Rau hat zu mir gesagt: Dieses Werk gehört nach Hagen. Und ich bin ebenfalls der Meinung, dass das Werk meines Vaters in seine Heimatstadt gehört“, betonte Schumacher einmal im Interview. Der Streit um den Museumsbau schmerzte Schumacher tief. „Wenn ich mir angucke, wie in anderen Städten um Sammler geworben wird, die stiften wollen“, sagte er im Interview. „Wir hingegen geben ein riesiges Kapital nach Hagen, und es kommt von Teilen der Politik keine Wertschätzung, sondern nur die Bemerkung: Was soll er denn sonst mit den Bildern machen? So fing das ja schon bei meinem Vater an, als ein Politiker zu ihm sagte: Das Bild kannst Du Dir im Keller über die Kartoffelkiste hängen.“

Das Emil-Schumacher-Museum gehört daher immer noch zu den eher verborgenen Schätzen der Museumslandschaft NRW, bei Besuchern aus dem Umland ist es bekannter als bei den Hagenern selbst. Gleichwohl engagiert sich ein engagierter Kreis von Förderern für das in privat-öffentlicher Partnerschaft betriebene Haus, das bisher eine große Ausstellung im Jahr präsentiert und dazu begleitend mehrere Kabinettausstellungen, die im regen internationalen Austausch das Schaffen Emil Schumachers aus unterschiedlichen Perspektiven beleuchten. Dieses Werk bekannt zu machen, seine fortdauernde Aktualität, Transzendenz und Erkenntnistiefe zu vermitteln, das hat sich Ulrich Schumacher zu Lebensaufgabe gemacht.

Ein Leben für das Werk des Vaters

Viele bedeutend Künstler werden vergessen, weil sie sich nicht um das Nachleben ihres Werkes kümmern. Dieser Gefahr war sich Ulrich Schumacher bewusst. „Mein Vater wollte, dass seine Bilder in die Welt gehen. Aus meiner Erfahrung als Museumsmann habe ich gesagt, man sollte das eine oder andere Bild zurückbehalten, vielleicht eins in jedem Jahr.“ So wurde der Grundstock zur Stiftung gelegt. Ulrich Schumacher und seine Frau Ingrid arbeiteten als Team. Ingrid Schumacher ist die Archivarin des Schumacher-Werkes. Ein Leben für das Werk seines Vaters hat Ulrich Schumacher immer als Privileg empfunden, nie als Bürde.

Was ihm zu schaffen machte, war jedoch der Hass. Die anonymen Briefe und abwertenden Internetkommentare belasteten Ulrich Schumacher auch gesundheitlich schwer. „Das hat mich so deprimiert und verletzt. Ich habe nicht umsonst einen Schlaganfall bekommen. Ich hätte auch etwas ganz anders mit dem Erbe meines Vaters machen können. Ich hätte alles verkaufen können.“ Die Angst, dass das Vermächtnis seines Vaters nach dem Tod des Sohnes ungeschützt sei, saß tief. Umso glücklicher war Ulrich Schumacher, wenn die Museumsbesucher von den Gemälden seines Vaters regelrecht entflammt wurden. Der schroffe, scheue Mann liebte es, Kindern Kunst nahezubringen - und die Kinder liebten ihn. Kunst, das war für Ulrich Schumacher nichts Akademisch-Abstraktes, sondern ein Lebensprinzip, so notwendig wie die Luft zum Atmen.