Hagen/Dresden. Die katholischen Bischöfe treffen sich zu ihrer Frühjahrsvollversammlung. Ein Bündnis von Laien warnt: Verspielen Sie die letzte Chance nicht.“

Der Missbrauch und seine schleppende Aufarbeitung, die undemokratischen Machtstrukturen, die Rolle der Frauen und die steigenden Kirchenaustritte prägen die Frühjahrs-Vollversammlung der deutschen Bischöfe, die heute beginnt und bis zum 25. Februar dauert. Erstmals wird die Konferenz digital ausgerichtet.

Im Vorfeld der Vollversammlung hat die Fraueninitiative Maria 2.0 am Sonntag mit Thesenanschlägen an Kirchentüren bundesweit, auch in Meschede und Olpe, auf die Missstände im katholischen System aufmerksam gemacht. Maria 2.0 setzt sich für eine „zukunftsfähige, geschwisterliche und vielgestaltige Kirche“ ein, fordert die Gleichberechtigung von Frauen und Männern sowie den Zugang von Frauen zu den Ämtern und kämpft gegen sexuellen Missbrauch, Machtmissbrauch und den Pflichtzölibat.

„Ich finde es klasse, dass Maria 2.0 die Aktion mit den Thesen auf die Beine gestellt hat“, sagt Angelika Haude, Vorsitzende des Pfarrgemeinderates Maria Himmelfahrt in Meschede. „Über den Thesen steht: An alle Menschen, die guten Willens sind. Es spricht uns allen aus dem Herzen, dass sich endlich etwas bewegt. Ich weiß, dass nichts passieren wird, aber Nichtstun nützt auch nichts.“

Laien schließen sich zusammen

Ein Zusammenschluss mehrerer Initiativen und Gruppen wendet sich zum Auftakt an die Bischöfe. „Verspielen Sie die letzte Chance nicht“, heißt es in einem Appell der katholischen Frauenverbände, Betroffenengruppen und Reforminitiativen, der gestern veröffentlicht wurde. Das Bündnis sorgt sich um den Reformprozess in der Kirche, dessen Gelingen an eine Aufarbeitung des Missbrauchs geknüpft sei. „Solange nicht eine ehrliche, offene und vollständige Aufarbeitung sexualisierter Gewalt in allen deutschen Bistümern auf wissenschaftlich hohem Niveau und gleichem Standard erfolgt, werden die Reformbemühungen des Synodalen Weges ins Leere laufen“, fürchtet das Bündnis.

Die Bischofskonferenz hat den Synodalen Weg gemeinsam mit dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) als Initiative zur Zukunft der Kirche gestartet. In der zweiten Synodalversammlung Ende September soll bereits über erste Vorlagen zu den Themen Macht, priesterliche Lebensform, Sexualmoral und Rolle der Frauen abgestimmt werden. Bei ihrer Frühjahrsvollversammlung müssen die Bischöfe also eine Linie finden.

Gespaltene Meinungen

Doch die Oberhirten selbst sind nicht einer Meinung, was notwendige Reformen betrifft und wie diese auszusehen haben. Den deutschen Synodalen Weg beobachtet der Vatikan ohnehin mit Misstrauen. Der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki gehört zu den Wortführern der Kritiker des Reformprozesses, in den neben Klerikern auch Laien eingebunden sind. Im Erzbistum Köln jedoch treten Katholiken seit Wochen massenhaft aus der Kirche aus, weil sie Woelkis Verhalten in der Aufarbeitung des Missbrauchs nicht akzeptieren können. Der Kardinal hält eine Studie über den Missbrauch im Erzbistum Köln zurück.

Mit Blick auf diese Situation fordert das Bündnis von den Bischöfen: „Nehmen Sie die Betroffenen ernst - anstatt sich selbst als Opfer darzustellen. Sexualisierte Gewalt und das erfahrene Leid sind nicht wiedergutzumachen. Deshalb ist es das Mindeste, die Taten aufzuklären und aufzuarbeiten, die Verantwortlichen zu benennen und die Betroffenen angemessen zu entschädigen.“

Stellung in der Gesellschaft

Dem Appell angeschlossen haben sich die Katholische Frauengemeinschaft Deutschlands, der Katholische Deutsche Frauenbund, die Reformbewegungen Wir sind Kirche und Maria 2.0 sowie das Katholische LSBT-Komitee. Die Betroffeneninitiativen Eckiger Tisch und MoJoRed unterstützen die katholische Laienbewegung.

Die zukünftige Stellung der Kirche in der Gesellschaft ist nicht nur in inhaltlicher Hinsicht relevant, sondern auch in finanzieller. Weniger Mitglieder bedeuten weniger Einnahmen. Angesichts von schwindender Glaubwürdigkeit müssen sich die Bischöfe beim Thema Austritte der Frage stellen, ob die Kirche in der Gegenwart und der Zukunft noch etwas zu sagen hat. Ein Prüfstein dafür ist das Thema Sterbehilfe. Während im protestantischen Bereich ein assistierter professioneller Suizid inzwischen denkbar erscheint, lehnen die katholischen Bischöfe diesen ab.

Nicht nur das Fundament der katholischen Kirche bröckelt also, sondern inzwischen auch die traditionelle Geschlossenheit der beiden großen Kirchen in den großen ethischen Debatten.