Hagen/Winterberg. 75 Kilometer Luftlinie, zwei Corona-Welten: Hagen mit einer 200er-Inzidenz zieht die Zügel weiter an, Im Sauerland denkt man an Skisaison-Start.
Es scheint, als gebe es zwei Welten in unserer Region: Während im Osten, in Winterberg, eine schrittweise Lockerung des Lockdowns gefordert wird, um doch noch eine Rest-Skisaison zu ermöglichen, werden im Westen, in Hagen, die Maßnahmen noch einmal verschärft.
Doch es gibt auch tatsächlich große Unterschiede auf den 75 Kilometern Luftlinie, die die beiden Städte trennen: Während Hagen mit einer Inzidenz von 212 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner in den vergangenen sieben Tagen den höchsten Wert in ganz Nordrhein-Westfalen aufweist, liegt die Sieben-Tages-Inzidenz im Hochsauerlandkreis bei 87,8. Im Kreis Olpe sind es sogar nur 85,8, im Kreis Siegen-Wittgenstein 88,8.
Damit liegen auch diese Landkreise noch weit von der 50er-Marke entfernt, die als Mindest-Marke für ein Ende des Lockdowns quasi definiert ist. Und noch mehr von einem Zielwert von 25 oder niedriger, der als eigentliche Marke von Experten genannt wird, um die Corona-Pandemie wieder in den Griff zu bekommen. Doch im Sauerland liegt man aktuell schon unter dem NRW-Durchschnitt von 93,1 – und selbst die Großstadt Dortmund in Hagens Nachbarschaft weist „nur“ 92,8 auf, gleichauf mit dem Ennepe-Ruhr-Kreis.
Andere Kreise sollen mehr testen
Was ist da los in Hagen? Die Stadt bemüht sich offensiv um eine Erklärung, sieht auch nicht ganz Hagen als großen Corona-Hotspot: In mehreren Pflegeheimen, Behinderteneinrichtungen und Krankenhäusern sei es vielmehr zu Corona-Ausbrüchen gekommen, die immer mit jeweils hohen Fallzahlen verbunden gewesen seien. In der Summe ergebe sich daraus der hohe Wert.
Und die Stadt Hagen nimmt für sich in Anspruch, besonders viel zu testen – und wo viel getestet werde, da würden auch viel Positiv-Fälle gefunden. Die Stadt wirbt jetzt sogar bei der Bezirksregierung in Arnsberg dafür, dass die Testanlässe und die Testrhythmen in den Kommunen und Kreisen in Nordrhein-Westfalen vereinheitlicht werden. So würden in Hagen alle, die unmittelbaren Kontakt zu einem Infizierten hatten, mittlerweile zweimal mit einem PCR-Test auf Corona getestet. Das sei woanders so nicht üblich wie in Hagen.
Trotz des Überschreitens der 200er-Marke soll es in Hagen aber nicht den umstrittenen 15-Kilometer-Radius geben, den die Hagener dann rund um ihren Wohnort nicht verlassen dürften. Die Coronaschutzverordnung sieht das als Möglichkeit vor, um die Mobilität einzuschränken. Aber ebenso wie ein nächtliches Ausgangsverbot hält der Krisenstab der Stadt Hagen dies für nicht sinnvoll. Stattdessen wurde eine Reihe kleinerer Maßnahmen beschlossen, die am Freitag aber noch das NRW-Gesundheitsministerium absegnen muss: So soll es rund um den Hauptbahnhof wieder eine Maskenpflicht geben. Und im Einzelhandel muss das Verkaufspersonal auch hinter einer Plexiglasscheibe eine Maske tragen. In Behinderteneinrichtungen soll zudem noch mehr getestet werden.
30 lukrative Wintertage verpasst
Ganz anders hören sich da die Forderungen aus Winterberg an: Die Skigebiete im Sauerland und im hessischen Willingen wollen den schrittweisen Ausstieg aus dem Corona-Lockdown. Man habe Hygiene-Konzepte mit limitiertem Ticketverkauf und strengen Kontrollen, um sicheren Wintersport anzubieten, teilte die Wintersport-Arena Sauerland, der Zusammenschluss der Skigebiete in der Region, am Donnerstag mit.
Für die Skigebiete ist die diesjährige Saison auch besonders schmerzhaft: Seit Jahren gibt es wieder einen schneereichen Winter, Gastronomen und Skiliftbetreiber könnten gute Geschäfte machen, nach den warmen Saison-Verläufen der letzten Jahre. Allein bis Ende Januar hätten sie 30 lukrative Wintersporttage hinter sich bringen können, hieß es am Donnerstag. In den großen Gebieten sei soviel Schnee vorhanden, dass er bis mindestens Mitte März gute Wintersportbedingungen gewährleisten würde. Doch nun macht Corona einen Strich durch die Rechnung.
Daher fordern sie nun bei weiterhin sinkenden Corona-Infektionszahlen noch in dieser Saison Lockerungen, die sie „vorsichtig und verantwortungsvoll“ umsetzen wollen. Testtage und kleine Ticketkontingente, die langsam steigen, soll es geben. Die Besucherlenkung soll durch Zäune und Hinweistafeln erfolgen, außerdem könne man die Betriebszeiten ausweiten.
Aber das ist bislang nur eine Forderung: Und so bleibt es auch am kommenden Wochenende dabei, dass die Pisten, Hänge und viele Parkplätze der Skigebiete in Winterberg, Schmallenberg und Willingen gesperrt sind, um Besucher nicht anzulocken. Und auch der sonst so gut besucht Skisprung-Weltcup in Willingen muss am Wochenende völlig ohne Publikum stattfinden.