Hagen. Viele Menschen, die als Geflüchtete nach Südwestfalen gekommen sind, müssten eigentlich wieder ausreisen. Doch es gibt Gründe, warum sie bleiben.

Fünf Jahre nach der großen Fluchtbewegung in Richtung Deutschland müssen die Kommunen in der Region zwar deutlich weniger Asylbewerber betreuen, deren Verfahren noch nicht abgeschlossen sind. Gleichzeitig wächst aber vielerorts der Anteil der Menschen, die eigentlich ausreisepflichtig sind, die aber entweder geduldet sind oder nicht abgeschoben werden können.

So gibt es aktuell in Hagen, dem Hochsauerlandkreis, dem Ennepe-Ruhr-Kreis, dem Märkischen Kreis sowie den Kreisen Siegen-Wittgenstein und Olpe rund 5400 Menschen, deren Asylantrag noch läuft. Demgegenüber sind etwa 4000 Menschen generell ausreisepflichtig, sie leben aber dennoch weiter in der Region. Zum größten Teil, weil sie sie den Status der vorübergehenden Duldung haben, etwa aus gesundheitlichen Gründen oder weil die familiäre Situation dagegen spricht.

Nur wenige haben ein ganz konkretes Ausreisedatum

Zudem haben die am Anfang des Jahres in Kraft getretenen Regelungen des Migrationspakts den Stellenwert der Ausbildung erhöht. So werden zum Beispiel in Hagen explizit 43 Geflüchtete aufgrund ihrer laufenden Ausbildung geduldet. Darüber hinaus spielen aber auch fehlende Ausweispapiere, die unsichere Lage in dem Herkunftsland oder die mangelnde Kooperationsbereitschaft der dortigen Behörden, aber auch der Geflüchteten selbst eine große Rolle.

Insgesamt führt das dazu, dass zwar eine hohe Zahl generell ausreisepflichtig ist, es aber nur bei wenigen eine exakte Frist dazu gibt. Beispiel Hagen: 485 Menschen sind dort generell ausreisepflichtig, aber nur 95 haben aktuell eine so genannte Grenzübertrittsbescheinigung (GBÜ) erhalten – mit einem ganz konkreten Datum, bis zu dem die Ausreise erfolgt sein muss, 380 werden dagegen geduldet.

Corona macht Abschiebungen so gut wie unmöglich

Zudem kommt aktuell das Problem der Corona-Pandemie hinzu, die zwangsweise Abschiebungen nahezu unmöglich macht. So hat zum Beispiel die Stadt Hagen in diesem Jahr erst drei Abschiebungen vollzogen, vergangenes Jahr waren es bis Ende Juli immerhin 19. Im Hochsauerlandkreis waren es von Januar bis März noch zehn Abschiebungen, seitdem gab es keine mehr.

Denn teilweise arbeiteten die Botschaften in anderen Ländern gar nicht, so eine Behördensprecherin. Zudem gebe es immer noch weltweite Reisebeschränkungen und damit weniger Flüge. Ähnlich auch die Einschätzung von Ingo Niemann, Sprecher des Ennepe-Ruhr-Kreises: „Es gibt Staaten, die die die Rückführungen aufgrund der Pandemie nicht zulassen.“ Beim Kreis Siegen-Wittgenstein ist man allerdings optimistisch: „Derzeit deutet einiges darauf hin, dass wieder mehr Flüge durchgeführt werden können“, so Sprecher Thorsten Manges.

Vor vier Jahre noch dreimal so viele Flüchtlinge zugewiesen

Generell liegen die Zahlen, der neu hinzu gekommenen Geflüchteten aber erheblich unter denen der Jahre 2015/16, die den Höhepunkt der Fluchtbewegung markierten. So müssen die Kommunen im Hochsauerlandkreis (außer Arnsberg) aktuell 838 Asylbewerber betreuen, deren Verfahren noch nicht abgeschlossen ist. Im August 2016 waren es 2724, also gut dreimal so viel. Ganz ähnlich die Situation im Märkischen Kreis, wo aktuell (ohne die Stadt Iserlohn) 1159 Menschen betreut werden, vor vier Jahren waren es 4190. In der Stadt Hagen sind es aktuell 535 Asylbewerber, deren Verfahren noch läuft, im August 2016 waren es 1462.

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Und so sehr die Corona-Pandemie auch Abschiebungen erschweren mag, sie sorgt auch dafür, dass in diesem Jahr weniger Geflüchtete neu ins Land gekommen sind. Ein Indikator für die Entwicklung: Wurden der Stadt Hagen im gesamten Jahr 2017 noch 549 Geflüchtete zugewiesen, so waren es vergangenen Jahr nur noch 252. Eine Zahl, die im Corona-Jahr 2020 noch deutlich unterschritten werden dürfte, denn bis Ende Juli waren es erst 75 Menschen.