Arnsberg. 705 Personen aus dem Schul-Umfeld sind im Regierungsbezirk Arnsberg in Quarantäne. Ein Vater berichtet, wie es ist, wenn es den Sohn trifft.
Michael Ternes (46) hatte eh schon ein ungutes Gefühl bei der Sache. „Ich fand das kurios, dass die Türen zu den Schulen wieder aufgerissen wurden, obwohl die Fallzahlen wieder steigen“, sagt der Arnsberger. Vergangenen Mittwoch ging’s los, erster Tag im neuen Schuljahr. Am Donnerstagnachmittag kam die Mail von der Schule auf seinem Handy an: Ein Kind aus der Klasse seines elfjährigen Sohnes sei positiv auf das Coronavirus getestet worden. Ternes erster Gedanke: „Ach du Schei...e!“
Nächster Schulstart: 27. August
Der Spross geht in die sechste Klasse der Realschule Hüsten. Sollte er. Denn nun ist er wie die gesamte Klasse in Quarantäne, alle Klassenkameraden müssen sich testen lassen. Der Unterricht soll Stand jetzt am 27. August weitergehen. Bis dahin: alles wieder auf Anfang, wieder Homeschooling, wieder Kinder zu Hause betreuen, wieder Ungewissheit erfahren.
Wie Michael Ternes und seinem Sohn geht es vielen Menschen in NRW und speziell im Regierungsbezirk Arnsberg. 705 Personen aus dem Umkreis der Schulen sind aktuell in Quarantäne (Stand: Montagmittag, 17. August). Das geht aus einer Antwort der Bezirksregierung in Arnsberg auf eine Anfrage dieser Redaktion hervor. Eine Momentaufnahme sei das, weil die Situation „sehr dynamisch sei“, heißt es aus Arnsberg.
Zwölf Klassen aktuell geschlossen
Täglich kommen neue Fälle dazu. Montagmittag waren 26 Schülerinnen und Schüler sowie acht Lehrkräfte mit dem Coronavirus infiziert und positiv getestet worden. Zwölf Klassen sind aktuell geschlossen, insgesamt 50 Schulen betroffen (dass die Zahl der betroffenen Schulen höher ist als die der Klassenschließungen liegt daran, dass auch Infektionen erfasst sind, die nicht zu Quarantänemaßnahmen für eine ganze Klasse führen).
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Papa Ternes wirft einen Blick in die Hausaufgaben. Die kamen heute per Mail, der Sohn hat sie schon erledigt. Deutsch, Grammatik: Fragesätze, Aussagesätze, Befehlssätze identifizieren. Notgedrungen ist die intensive schulische Begleitung des Nachwuchses für tausende und abertausende Eltern seit März fast Routine. Eine, auf die sich gut verzichten ließe.
Geduld bei den Hausaufgaben auf die Probe gestellt
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„Das ist für alle Seiten nicht befriedigend, die Erklärungen fehlen einfach“, sagt Michael Ternes. Wenn Vater und Sohn zu Lehrer und Schüler werden, muss das nicht zwingend immer funktionieren. „Manchmal“, sagt der alleinerziehende Vater, „wird die Geduld auf die Probe gestellt“. Vermutlich gilt das in den allermeisten Fällen für beide Seiten.
Immerhin die Betreuung stellt kein Problem dar, sagt Ternes. Der Beamte hat noch zwei ältere Söhne, einer ist 21, einer 17 Jahre alt. Getestet wird zunächst niemand außer dem Jüngsten. „Wir dürfen normal weitermachen mit allem, der Kleine darf höchstens raus in den Garten.“ Zum Fußballtraining darf er ebenso wenig wie zur Musikschule. „Es sind erst vier Tage rum“, schwant Ternes, „mal gucken, wann ihm die Decke auf den Kopf fällt.“
190 Personen in Quarantäne
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In Gevelsberg, Halver, Hemer, Iserlohn, Lüdenscheid, Plettenberg, Arnsberg, Hagen, Schmallenberg, Wenden, Kreuztal, Siegen und Wilnsdorf sind Schüler und/oder Lehrkräfte mindestens indirekt betroffen. Allein im Kreis Soest sind 190 Personen in Quarantäne, im Kreis Unna haben elf Schulen mindestens im nahen Umfeld einen positiven Corona-Fall. Dort ist das Infektionsgeschehen ohnehin seit Tagen hoch. „So lange die Coronazahlen steigen, ist der Regelbetrieb an den Schulen der falsche Weg“, sagt Ternes. „Zum Glück muss ich das nicht verantworten.“
Andererseits: An mehr als 1000 öffentlichen und privaten Schulen im Regierungsbezirk Arnsberg unterrichten mehr als 30.000 Lehrer fast 380.000 Schüler. Mit anderen Worten: Nur 0,17 Prozent der Schüler und Lehrkräfte - wenn die 705 Personen denn ausschließlich Schüler und Lehrkräfte wären - befinden sich derzeit in Quarantäne.
Keine Vorwürfe machen
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Der zweite Gedanke nach Erhalt der E-Mail, sagt Michael Ternes, sei gewesen, dass es wichtig sei, der betroffenen Schülerin und ihrer Familie keine Vorwürfe zu machen, sie nicht für etwas zu verurteilen, das jedem hätte passieren können. Niemand könne sich vollumfänglich gegen das Virus schützen. Er sich und seine Kinder ja auch nicht. Der Test wird für den Moment Gewissheit bringen. „Natürlich denkt man daran, was ist, wenn auch sein Test positiv ist. Das täte mir für den Kleinen leid. Dann hätten wir unseren persönlichen Lockdown.“