Balve. Im Sauerland gibt es die erste Demonstration gegen Streckensperrungen. Der Organisator sieht die Politik und Hersteller in der Pflicht.

Seit Wochen wehren sich Motorradfahrer mit Protestveranstaltungen gegen drohende Fahrverbote an Sonn- und Feiertagen. Zur Reduzierung von Motorrad-Lärm und Unfälle durch Raserei wollen die Bundesländer notfalls Fahrverbote auf beliebten Ausflugsstrecken erlassen. Eine entsprechende Entschließung wurde der Bundesregierung zugeleitet. Olaf Keul aus Balve veranstaltet mit Unterstützung der Motorradfreunde Sauerland am Sonntag, 23. August, die erste Motorrad-Demonstration gegen Streckensperrungen im Sauerland. Motto: „Leis’ ist kein Scheiß! Fahre mit Verstand durch das Sauerland!“ Start zu der 36 Kilometer langen Fahrt ist um 11.30 Uhr am Hagebaumarkt in Neuenrade.

Wenn Sie an einem Sonntagnachmittag auf der Terrasse eines Cafés an einem Sauerland-See säßen und auf der nahen Straße plötzlich ein Motorradfahrer den Gashebel betätigte und ganz bewusst ohrenbetäubenden Lärm erzeugte – was würden Sie denken?

Olaf Keul: Ich hätte kein Verständnis dafür. Ich würde einen solchen Krachmacher fragen, warum er seine Maschine im Stand oder beim Starten aufheulen lässt – oder im niedrigen Gang mit hoher Drehzahl durch Ortschaften fährt. Ob er sich nicht in die Lage von Anwohnern, Urlaubern und Tagesgästen versetzen könne. Das gleiche gelte bei Bikern, die 18 Mal hintereinander Berge rauf und runter fahren oder ohne Rücksicht auf Verluste Rennen veranstalten – und davon auch noch Videos verbreiten.

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Was treibt die Menschen an? Kennen sie keine Rücksichtnahme?

Das sind für mich – entschuldigen Sie die saloppe Ausdrucksweise – Vollidioten, Adrenalin-Junkies oder auch Lebensmüde. Wenn ich meine, anderen imponieren zu müssen oder ihnen zeigen will, zu welcher Soundkulisse oder Geschwindigkeit meine Karre fähig ist, kann ich dies auf einer Rennstrecke wie den Nürburgring machen. Da gefährde ich keine anderen Menschen.

Bereits Anfang Juli gab es Motorrad-Demos in verschiedenen Städten im Bundesgebiet, unter anderem in Düsseldorf und in Siegen. Warum hat es im Sauerland so lange gedauert?

Das habe ich mich auch gefragt. Es hat offenbar keiner gemacht. Dabei liegt es nahe. Das Sauerland hat eine Vielzahl beliebter Motorrad-Strecken.

Warum gehen Sie (oder hier besser: fahren) auf die Straße?

Mich stört, dass mit pauschalen Verboten alle Motorradfahrer über einen Kamm geschoren werden. Der überwiegende Teil setzt sich auf die Karre, fährt irgendwo hin, isst etwas und fährt wieder nach Hause. Ganz friedlich und nach der Devise: Wir können auch leise. Wegen einiger weniger schwarzer Schafe, die ich nicht zu meiner Familie der Motorradfahrer zählen möchte, darf man nicht alle unter Generalverdacht stellen und bestrafen. Ich finde es auch nicht gerecht, wenn trotz aufgemotzter und entsprechend lauter Autos immer nur die Motorradfahrer ,die Bösen’ sind. Haben Sie schon einmal gehört, dass über Sonntags-Fahrverbote für Pkw diskutiert wurde? Wir zahlen genauso Steuern wie Autofahrer. Warum fokussiert man sich so einseitig auf Motorräder? Wo ist da die Gleichbehandlung?

Haben Sie eine Lösung parat?

Die Politik muss den Herstellern endlich Grenzen aufzeigen. Warum ist es nach wie vor legal, Maschinen mit immer fetteren Auspuffanlagen in den Markt zu bringen? Es ist ein Problem der Zulassung, wenn Unbelehrbare mit Motorrädern unterwegs sind, die den geltenden Bestimmungen entsprechen, aber Lärm ohne Ende erzeugen können.

Biker erzählen gerne, dass man Motorräder hören muss. Geht es nicht ohne Soundkulisse?

Der Sound gehört für mich dazu. Wenn ich Elektro-Motorräder betrachte, fehlen mir der Klang und der Benzin-Geruch. Aber man kann den Sound so haben, dass er keinen belästigt. Also: kein fieses Schreien, sondern ein leichtes Brummen.

Fahrverbote würden Sie in Ihrer Freiheit einschränken?

Ja. Motorradfahren ist ein Lebensgefühl: Man will sich frei fühlen. Streckensperrungen sind ein Schlag ins Gesicht.

Also demonstrieren Sie am 23. August gegen Fahrverbote. Mit wie vielen Teilnehmern rechnen Sie?

Mein Traum wären 500 bis 1000 Mit-Demonstranten.

Haben Sie nicht die Sorge, dass auch Gruppen auf den Demo-Zug aufspringen könnten, die nichts mit Motorrädern am Hut haben?

Es geht am 23. August ausschließlich um die Sache der Motorradfahrer. Alles andere hat hier nichts verloren. Niemand wird die Möglichkeit bekommen, in einer Rede politische Statements zu verbreiten.

Kontaktaufnahme zu dem Organisator über sein Facebook-Profil www.facebook.com/olaf.keul