Bestwig. Nur Wälder, Wiesen und Kühe? Nein. Das Sauerland ist eine uralte Montanregion. Das erfährt man im Besucherbergwerk Ramsbeck.

Die Lohnkiste hat ein falsches Schloss und eine hohe Kante. Ersteres soll Diebe entmutigen, in letztere kommt die Extrareserve Geld. Die schwere Truhe stammt noch aus der Zeit, als in Bestwig-Ramsbeck die Zukunftsmusik spielt, als Hunderte von Bergleuten hier nach Erzen graben.

Heute erinnert das Sauerländer Besucherbergwerk an jenes bedeutsame, wenngleich wenig bekannte Kapitel der NRW-Industriegeschichte, das immer noch nachwirkt. Viele hundert Jahre, bevor im Ruhrgebiet der erste Stollen gegraben wird, fördert und verarbeitet man im Sauer- und Siegerland bereits Erz. Das ist der Grund, warum es heute in Südwestfalen über 140 industrielle Weltmarktführer gibt, zumeist in der Metallbranche.

Wozu das Arschleder dient

Besucherbergwerk Ramsbeck- Museum-Erlebnis unter Tage

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Arschleder. Hier im Museum darf man es sagen, das böse Wort. Ein Lederlappen, der die Hosenböden der Bergleute vor Abnutzung und Nässe schützen soll. Das Team um Museumsleiterin Friederica Ihling legt Wert darauf, Industriegeschichte nicht nur als Technikgeschichte zu vermitteln, sondern auch als Sozialgeschichte. Die Arbeit unter Tage ist hart. Ob der mittelalterliche Hauer mit Schlägel und Eisen das Erz aus dem Berg schlägt oder der moderne Bergmann die damals größte Doppeltrommelfördermaschine in Gang setzt, gefährlich und anstrengend ist beides. Auch Kinder haben in der Nacht des Berges geschuftet. Der Venetianerstollen aus dem 12. Jahrhundert ist an manchen Stellen nur 90 Zentimeter hoch und 60 Zentimeter breit.

50.000 Besucher pro Jahr

Mit der originalen Grubenbahn geht es in die Tiefe. Doch wo ist sie, die Tiefe? Kulturwissenschaftler Manuel Dech ist im Besucherbergwerk für die Museumspädagogik zuständig und klärt auf. „Die Bahn fährt unter der Straße her in den Dörnberg ein, das sind 1,5 Kilometer in Richtung Fort Fun. Und dann hat man 300 Meter Berg über sich. Tatsächlich fährt die Bahn nicht bergab, sondern sogar sieben Meter hoch. Die Steigung brauchen wir, damit das Wasser laufen kann.“

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Die Fahrt ist die große Attraktion für die rund 50.000 Besucher, die jährlich ins Besucherbergwerk kommen. Wieder über Tage, wird die Dauerausstellung mit den historischen Werkzeugen und Maschinen noch viel spannender, und auch der Mineralienraum lädt zu Erkundungen ein.

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Um 1850 soll in Ramsbeck das größte Industrierevier Europas entstehen. Aus Sachsen und dem Harz werden Bergleute angeworben, die Zahl der Beschäftigten steigt von 450 auf über 2000. Ein Marquis de Sassenay, der Titel ist gekauft, kommt in die Bergfreiheit und setzt das „Sauerländische Kalifornien“ in Gang.

Aktien-Betrug im Sauerland

Der Zink-Rausch entpuppt sich schnell als Aktienbetrug. Der Marquis verschwindet und hinterlässt 3,5 Millionen Taler Schulden. Die arbeitslos gewordenen Bergleute müssen sich mit ihren Familien in die Heimat zurück betteln.

„Wir sind reich an armen Erzen“, beschreibt Manuel Dech die Vorkommen von Silber, Blei und Zink. 1974 wird das Erzbergwerk Ramsbeck als unrentabel stillgelegt, mit enormen Folgen für die Region. Aber: „Eine eiserne Reserve haben wir noch“, weiß Dech. „Zehn Millionen Tonnen Erz befinden sich noch im Gestein, drei bis vier Millionen Tonnen davon sind nutzbar.“

Die Ramsbecker haben eben etwas auf der hohen Kante.