Südwestfalen. Statistik-Expertin Dr. Ana Moya erklärt, wie die Daten zum Heimat-Check erhoben wurden und wieso die Umfrageergebnisse ein echter „Schatz“ sind.
Fast 16.000 Teilnehmer in 40 Städten. 2750 Kommentare und Anregungen. Der Heimat-Check dieser Zeitung ist zwischen Fröndenberg und Siegen, zwischen Schwelm und Marsberg auf eine große Beteiligung gestoßen. Die Aktion wurde konzeptionell begleitet von Statistik-Expertin Dr. Ana Moya. Sie arbeitet im Funke-Konzern für den User- und Lesermarkt. Mit Dr. Moya sprach der stellvertretende Chefredakteur Torsten Berninghaus über die Systematik der Erhebung und die Qualität der Daten.
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Frau Moya, Sie haben den Heimat-Check auch schon bei unserer Schwesterzeitung in Essen und Bochum begleitet. Wie ist Ihr Eindruck von der Antwortqualität in Südwestfalen?
Ana Moya: Ich kann sagen, dass mir eine so breit angelegte Befragung nicht bekannt ist. Eine gesamte Region aufzufordern, die Lebenssituation in den Heimatgemeinden zu bewerten, ist etwas ganz Besonderes. Und man muss bedenken, dass die Umfrage ja gestartet wurde, als die Corona-Krise ihrem ersten Höhepunkt, also der Schulschließung entgegenstrebte. Dass sich in einer solchen Lage 16.000 Menschen die Zeit genommen haben, um den Fragebogen auszufüllen, zeigt eine hohe Verbundenheit mit der Heimat und mit der Zeitung.
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Können Sie den Leserinnen und Lesern erläutern, wie wir vorgegangen sind?
Wir haben uns sehr stark auf die Berechnung des optimalen Stichprobenumfangs konzentriert, denn es ist kein Geheimnis, dass eine geeignete Stichprobengröße entscheidend zur Aussagekraft beiträgt. Auf diesem Sektor haben wir deshalb mit geringen Fehlerspannen (zwischen 3% und 6%) und einem hohen Konfidenz- also Vertrauensniveau (95%) gearbeitet. Mit den beiden Werten und den Haushaltszahlen der einzelnen Städte bzw. Stadtteile konnten wir eine solide Datenbasis erzeugen.
Und wurden die Zielwerte bezüglich der Beteiligung überall erreicht?
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Ja, mancherorts haben wir sogar eine deutlich höhere Beteiligung gehabt. Ich erinnere mich, dass zum Beispiel Arnsberg oder Breckerfeld schon nach zwei oder drei Wochen die Mindestanzahl an Teilnehmern erreicht haben. Wo es nicht so gut anlief, konnten wir über die Zeitung, aber vor allem auch über die Online-Kanäle weitere Aufrufe platzieren. Das hat sehr gut funktioniert. Nur das Siegerland-Ergebnis weicht etwas ab. Dort haben wir einen Zielwert von 1293 Teilnehmern errechnet, den wir auch erreichen. Auf diese Weise haben wir eine geschichtete (stratifizierte) Stichprobe erzielt: Für die Berechnung der Ergebnisparameter wurden die Schichtergebnisse ihrem jeweiligen Verhältnis entsprechend gewichtet. Belastbare Aussagen innerhalb der einzelnen Schichten sind also möglich.
Wie aussagekräftig sind die Daten denn unter dem Strich?
Selbst im Siegerland haben wir aus statistischer Sicht ein sehr valides Meinungsbild. An allen anderen Orten sind die Ergebnisse aus meiner Sicht statistisch völlig unumstritten. Natürlich können wir nicht garantieren, dass wir eine bevölkerungs-kongruente Verteilung zum Beispiel von Geschlecht oder Altersgruppen in unseren Stichproben haben. Die sind ja zufällig und anonym. Allerdings haben wir aus meiner Sicht die Meinung von Menschen vorliegen, die ein sehr hohes Interesse haben an den lokalen Gegebenheit und an lokalen Nachrichten. Immerhin haben wir sie zum großen Teil über die verschiedenen Zeitungs-Plattformen erreicht.
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Mehr als 90 Prozent der Teilnehmer haben digital, also online abgestimmt. Beeinflusst so etwas das Ergebnis?
Uns sind die Kritikpunkte an Online-Befragungen natürlich bekannt: zum einen werden häufig nicht alle Bevölkerungsgruppen erreicht, weil die Umfrage z. B. nur auf einer bestimmten Webseite eingebunden ist und nur eine spezifische Zielgruppe diese Webseite besucht. Zum anderen stimmen bei diesen Umfragen nur die Besucher ab, die sich für das Thema interessieren (Self Selection Bias). Allerdings haben wir unsere Umfragen über verschiedenste Kanäle (z. B. Mailing, Print, Facebook, Website) ausgespielt. So erreichen wir von vornherein verschiedenste Bevölkerungsgruppen. Dem Self Selection Bias wirken wir entgegen, weil die Auswahl der Fragen ganz verschiedene Themen und damit verschiedene Interessen umfasst.
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Wie Sie wissen, wollen wir die Umfrage-Ergebnisse den lokalen Experten und später auch der Lokalpolitik vorlegen. Wie beurteilen Sie diesen Weg?
Lokale Experten einzubeziehen halte ich für ein ganz wesentliches Element. An diesem Punkt treffen die Bürger-Empfindungen auf andere Zahlen. Zum Beispiel trifft das Sicherheitsgefühl der Bürger auf die Ergebnisse der Kriminalitätsstatistik. Das kann ich mir sehr spannend vorstellen. Und den lokalen Politikern möchte ich raten: Sie halten hier einen Schatz in Händen. Nehmen Sie ernst, was die Bürger zu sagen haben. Zumal ich den Eindruck habe, dass die Menschen in Südwestfalen ihren Städten gegenüber grundsätzlich positiv gegenüber eingestellt sind.
Dafür sprechen auch 2750 Kommentare, die die Teilnehmer im freien Textfeld hinterlassen haben, oder?
Da kann ich mich nur wiederholen. Das ist aus meiner Sicht ein echter Schatz. Da stecken ganz viele Anregungen drin.