Plettenberg/Hagen. Überraschende Wende nach dem Mord an einer jungen Mutter im Sauerland: Der lange gesuchte Verdächtige ging Ermittlern durch Zufall ins Netz.

Eine junge, zweifache Mutter wurde brutal getötet: Nach gut 31 Jahren gibt es nun Hoffnung, dass die Tat aus dem Sauerland doch noch vor Gericht landet. Ein Zufall hat jetzt zu dem Verdächtigen geführt.

In Griechenland ist der seit Jahrzehnten untergetauchte und mit Haftbefehl gesuchte Spiridon K. der Polizei in Netz gegangen. Er soll vor gut 31 Jahren, am 6. April 1990, in Plettenberg insgesamt acht Schüsse auf eine damals 28 Jahre alte Frau abgefeuert haben. Die zweifache Mutter starb – und zwar vor den Augen einer guten Freundin. Das offensichtliche Motiv für die Tat: Die junge Frau, die wie der mutmaßliche Täter aus Griechenland stammt, aber schon lange in Plettenberg lebte, hatte seine Avancen zurückgewiesen.

Vor den Augen der Freundin erschießt er die Frau

Der damals 37-jährige Spiridon K. – er soll ein Freund des Ehemanns der Getöteten gewesen sein – hatte sich offensichtlich eingebildet, dass die 28-jährige Mutter von zwei kleinen Töchtern mit ihm eine Beziehung beginnen und den Ehemann verlassen würde. An jenem 6. April 1990, einem Freitag, sollte es dann auf einem Parkplatz in der Nähe von Dingeringhausen, einem Dorf bei Plettenberg, den Ermittlern zufolge zu einer Aussprache kommen. Die 28-Jährige hatte eine Freundin dabei. Doch als sie Spiridon K. wohl eine klare Absage erteilt hatte, rastete diese aus. Er zog eine Pistole, die er illegal besaß, und feuerte durch die Windschutzscheibe des Opel Kadetts, den die 28-Jährige gerade starten wollte.

Sechs Mal schoss er vor den Augen ihrer Freundin auf den Kopf und den Oberkörper der wehrlosen Frau, die in ihrem Auto starb. Dann flüchtete er. Und es gelang ihm ganz offensichtlich, Deutschland zu verlassen. Nach Italien führte noch eine Spur, doch der Mord-Verdächtige blieb verschwunden. Daran änderte auch eine öffentlichkeitswirksame Fahndung in der ZDF-Sendung Aktenzeichen XY am 5. Mai 1990 nichts.

Medizinischer Notfall führt auf die Spur von Spiridon K.

Erst jetzt wurde Spiridon K. gefunden, wie zuerst das Online-Portal Come-on.de der Lüdenscheider Nachrichten berichtet hatte und der Hagener Oberstaatsanwalt Dr. Gerhard Pauli gegenüber der WESTFALENPOST bestätigte. Demnach hatte der inzwischen 68-Jährige in Griechenland Ende April einen epileptischen Anfall erlitten und musste behandelt werden. Im Zuge dessen wurden Angaben zu seiner Person auch von der dortigen Polizei überprüft. Und die bemerkte in dem internationalen Fahndungssystem, dass schon seit Jahren ein europäischer Haftbefehl gegen den Mann wegen der Tat im Sauerland vorlag.

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„Für uns war der Fall nie abgeschlossen, der Mann war immer zur Fahndung ausgeschrieben und der europäische Haftbefehl ist auch immer wieder überprüft worden“, so Dr. Gerhard Pauli. „Aber dass es jetzt zu dieser Entwicklung gekommen ist, ist natürlich überraschend.“ Noch sei zumindest für die zuständige Hagener Staatsanwaltschaft nicht klar, wie es Spiridon K. geschafft habe, trotz des europäischen Haftbefehls so lange unerkannt geblieben zu sein. „Wir wissen nicht, ob er vielleicht auch unter falschem Namen in Griechenland gelebt hat.“

Mord verjährt in Deutschland nicht, aber in Griechenland

Klar ist allerdings: Die Staatsanwaltschaft in Hagen will dem 68-Jährigen in Deutschland den Prozess machen. Die Auslieferung sei beantragt worden, so Dr. Gerhard Pauli. Nun warte man auf eine Reaktion der griechischen Behörden. Generell ist es möglich und auch eigentlich so geregelt, dass ein Land auch eigene Staatsangehörige ausliefert, damit ihnen im Land des Tatorts der Prozess gemacht werden kann. Was im konkreten Fall schwierig werden könnte: Der Vorwurf der Ermittler in Deutschland lautet auf Mord. In Griechenland verjährt Mord nach 25 Jahren, in Deutschland dagegen nie. Jetzt wird also zu klären sein, ob Griechenland Spiridon K. wegen einer mehr als 30 Jahre alten Tat ausliefern wird, für die er dort gar nicht mehr belangt werden könnte.

Dass es sich bei Spiridon K. um den Tatverdächtigen handelt, daran hat Oberstaatsanwalt Pauli keine Zweifel: „Die Beweislast ist aus unserer Sicht ganz eindeutig. Allein schon durch die Zeugenaussagen der Freundin, die alles gesehen hat.“ Eine Anklage und einen Prozess kann es aber nur geben, wenn der 68-Jährige tatsächlich ausgeliefert wird, ein Prozess in Abwesenheit wäre nicht möglich.

Gute internationale Zusammenarbeit

Könnte sich die Zusammenarbeit der Justiz beider Länder in diesem Fall im Detail als schwierig entpuppen, so lobt der Oberstaatsanwalt generell die internationale Zusammenarbeit: „Der europäische Haftbefehl ist ein wirksames Mittel“, so Dr. Gerhard Pauli. Und die Zusammenarbeit mit anderen Ländern sei inzwischen Alltag. Drei Kräfte der Staatsanwaltschaft Hagen seien damit beschäftigt.