Hagen/Schmallenberg/Siegen. Trotz Warteschlangen vor den Läden: Warum die Coronakrise die Bäcker und Metzger in der Region hart trifft. Und wie sie Hoffnung schöpfen.
In Schlangen warten die Menschen in diesen Tagen oft darauf, Brot und Fleisch kaufen zu können. Absperrband und Klebestreifen markieren den Mindestabstand, Schilder warnen vor zu vielen Kunden im Laden. So sieht es aktuell bei vielen Bäckern und Metzgern aus. Für sie hat sich in diesen Wochen einiges geändert: Hygienevorschriften, Mundschutzpflicht, Kurzarbeit, Umsatzeinbußen. Und trotz des augenscheinlich großen Kundenzustroms und obwohl ihre Läden dauerhaft aufbleiben durften, leidet das Geschäft.
Verkaufs-Personal im Kurzarbeit
In der Bäckerei Klein in Siegen sind ist Verkaufspersonal seit dem 1. April in Kurzarbeit. „Wenn das noch ein halbes Jahr so weiter geht, muss ich darüber nachdenken, Leute zu entlassen“, sagt Bäckermeister Dennis Klein. Die Mitarbeiter in der Produktion würden Überstunden abbauen und Urlaub nehmen. Klein kalkuliert mit zwei bis drei Monaten, dann müssten auch sie in Kurzarbeit.
Den Umsatzrückgang könne der Betrieb nicht ausgleichen. „Weit über 30 Prozent“ seien es. Lieferungen an Schulen und Hochschulen brechen weg. „Ich bekomme diese 30 Prozent definitiv nicht kompensiert. Da muss ich an Rücklagen gehen, bis die Schulen wieder aufmachen“, sagt Klein.
Ähnlich ist es bei der Bäckerei Kamp in Hagen. Die Café-Bereiche sind geschlossen. „Wir beliefern sonst Hotels, das fällt weg. Und wir merken, dass keine Schüler in der Stadt sind“, sagt Stefanie Kamp. Ein Lieferservice lohne sich für die meisten Unternehmen nicht. „Auch für eine Pauschale bringt es mir nichts, wegen zehn Brötchen hin- und herzufahren“, sagt Bäcker Klein aus Siegen. Er setzt stattdessen auf Nachbarschaftshilfe, bei der sich die Menschen gegenseitig versorgen, Stefanie Kamp ebenfalls.
Schützenfest-Ausfall trifft Metzger
Auch die Metzger spüren die Folgen der Corona-Krise. Für die Fleischerei Merte in Schmallenberg bedeutet das: keine Lieferungen an die Gastronomie, keine Schützenfeste. 40 Prozent weniger Umsatz seien es bisher. „Die Umsätze sind verloren, das kann nicht alles im September und Oktober nachgeholt werden. Wir haben gut gewirtschaftet, aber zum Juhu schreien ist das nicht“, sagt Metzgermeister Bernd Willmes. In der Produktion seien die Mitarbeiter in Kurzarbeit und in zwei Schichten geteilt, damit der Betrieb weiter produzieren kann, falls sich jemand infiziert.
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Die Fleischerei Hartmann in Siegen ist ein sehr kleiner Betrieb: Drei Mitarbeiter arbeiten in der Produktion. 1977 hat Metzger Werner Hartmann den Betrieb gegründet, „aber sowas wie Corona hatten wir noch nicht“. Kurzarbeit habe er nicht anmelden müssen. Umsatzeinbrüche habe er trotzdem. „Die Umsätze sind weg und durch nichts zu ersetzen“, sagt Hartmann. „Solange wir gesund bleiben, werden wir über die Runden kommen. Wenn jemand von uns infiziert wird, müssen wir zumachen. Dann weiß ich es auch nicht.“
Hygiene schon immer ein Thema
Die aktuellen Hygienevorschriften verändern die Arbeit in den Läden. Je nach Größe dürfen maximal zwei Kunden zeitgleich darin sein, es gibt Plexiglas für Kassierer. In der Produktion habe sich hingegen nicht viel geändert, sagt Metzger Willmes. „80 Prozent der Dinge, die jetzt durch das Infektionsschutzgesetz gefordert werden, machen wir sowieso schon.“ Es gehe nur um Nachrüstungen wie weitere Hauben für die Mitarbeiter oder ein zusätzliches Desinfektionsmittel.
Für die Filialen der Bäckerei Kamp würden die Mitarbeiter Mundschutze aus alten Schürzen nähen, die Teams in der Backstube Abstand halten. „Wir sind darauf gebrieft, hygienisch einwandfrei zu arbeiten. Handschuhe und Desinfektionsmittel verwenden wir sowieso“, sagt Stefanie Kamp. Es sei aber mehr Aufwand, die Auflagen umzusetzen. „Wir prüfen dauerhaft: Woher bekomme ich Masken? Ist genug Desinfektionsmittel da? Mein Mann und ich arbeiten mehr denn je“, sagt Kamp. An den Türen der Filialen hänge mittlerweile ein Schild, damit die Kunden sich an die Regeln halten.
Dabei sei der Großteil der Menschen wertschätzend, sagt Kamp. Sie seien dankbar „für den Bäcker um die Ecke, der auch in Krisenzeiten da ist“. Bei der Fleischerei Merte bedankten sich Kunden in E-Mails, bei Bäcker Klein mit Karten.
Mehr Bewerbungen machen Hoffnung
Die Metzger und Bäcker hoffen, dass das so bleibt und sich die Menschen auf regionale Läden besinnen. „Wenn es den kleinen Bäcker, der jeden Morgen um vier Uhr aufsteht, nicht mehr gibt, sind die Leute auf eine Logistikfirma angewiesen, die Produkte von A nach B fährt“, sagt Dennis Klein.
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Auf diese Erkenntnis setzt auch Metzger Willmes. „Wenn wir morgen zumachen, gibt es einen Versorgungsengpass“, sagt er. „Wir produzieren selbst, wir kennen die Landwirte. Das ist was anderes, als ein Produkt zu kaufen, was durch halb Europa transportiert wurde.“ Ein erstes Anzeichen gebe es vielleicht: „Wir hatten noch nie so viele Bewerbungen wie in den letzten 14 Tagen“, sagt Willmes.