Hagen. In der Krise entdecken die Menschen den Wald als Zufluchtsort wieder. Er lässt uns Kraft tanken und stillt die Sehnsucht nach Entschleunigung.

Im Wald passieren die erstaunlichsten Dinge. Das weiß Deutschlands bekanntester Förster Peter Wohlleben nur zu genau und nennt in seinen Bestsellern das Beispiel der Bäume: Sie lebten, so sagt er in seiner populärwissenschaftlichen Erkenntnis, im Familienverbund und tauschten Botschaften untereinander aus.

In diesen Corona-Tagen unterhalten sich die Baums bestimmt über die vielen Menschen, die den Wald bevölkern, ihn als Zufluchtsort und Entspannungsraum wiederentdeckt haben. Während die Welt still steht, sorgt der Forst für Ruhe und ein Stück Geborgenheit. Wald, lass dich umarmen!

Mehr Menschen im Wald als sonst

Einen Baum zu umarmen - das gehört dazu, wenn Katrin Arens als Sauerland-Coach mit Gruppen zum Waldbaden aufbricht. Natürlich finden solche Termine derzeit nicht statt, wenn die Bevölkerung angesichts der Bedrohung durch das Corona-Virus aufgerufen ist, soziale Kontakte möglichst zu vermeiden. Aber: "Es ist schon richtig, dass sich mehr Menschen im Wald aufhalten als vorher", sagt die Diplom-Sozialarbeiterin aus Attendorn, die mit ihrer Firma "Katrin Arens Soulworker" Unternehmen und Privatpersonen mental berät.

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Längst habe der Wald, dieser immer geöffnete und kostenfrei zu nutzende Raum, die sozialen Netzwerke erreicht und spreche auch die jungen Leute an, die das Wandern eigentlich per se als uncool ansehen: "Man tauscht sich ausführlich über Fitnesskochen und Waldspaziergänge aus."

Den Wald mit allen Sinnen spüren

Wenn Katrin Arens alleine oder mit ihrer Familie durch den Wald geht, dann macht sie Augen, Ohren und Nase auf, wenn sie über den federnden und leicht nachhallenden Boden geht - oder bewusst für einen Moment stehen bleibt. Sie hört das Zwitschern der Vögel und das Rascheln der Zweige, sieht die Natur, wie sie mit Macht aus der Winterruhe sprießt und riecht den typischen frischen Frühlingsduft.

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"Man ist sofort geerdet, schaltet ab, schärft die Sinne für das Schöne im Leben und bekommt ein Gefühl, was wirklich wichtig ist", sagt sie. Nie war der Wald so wertvoll wie in verunsichernden Corona-Zeiten: "Für das Stress-Management ist er super. Er fängt uns in der jetzigen schwierigen Situation auf. Er tut einfach gut." Der Forst als Kraft- und Heilquelle für das seelische Gleichgewicht.

Anderen Spaziergängern aus dem Weg gehen

Der Corona-Krisenstab des waldreichen Hochsauerlandkreises kann auch gut verstehen, dass es die Menschen "jetzt, wo wir alle schon viel Zeit zu Hause verbracht haben", in die Wälder zieht. Die gute Nachricht: "Der Osterspaziergang muss nicht ausfallen." Und: "Natürlich dürfen Sie sich auch unterhalten, wenn Sie unterwegs Verwandte, Freunde und Bekannte treffen."

Aber es gelte weiterhin, Abstand zu halten und anderen Spaziergängern "so gut wie möglich" aus dem Weg zu gehen. Und die Zigarette hat ohnehin derzeit im Forst nichts zu suchen: In NRW herrscht zwischen März und Oktober im Wald ein gesetzliches Rauchverbot.

Auch das Schweigen im Walde tut gut

Für Katrin Arens ist das Schweigen im Walde grundsätzlich keine Einschränkung: "Man kann die Natur viel besser mit allen Sinnen genießen, wenn man beim Spaziergang einmal nicht redet und auf seinem Handy für eine gewisse Zeit nicht erreichbar ist." Eben Stille und Bewegung: "Zwei Fliegen mit einer Klappe", wie die Sauerländerin aus dem Kreis Olpe sagt.

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Janine Priester könnte es nicht besser ausdrücken. Die selbstständige Waldpädagogin ("Waldblume Sauerland") aus dem Schmallenberger Land sieht für die Wiederentdeckung des Waldes zwei Hauptgründe: "Der Wald gibt uns ein Gefühl von Freiheit und Sicherheit. Wir können uns in dieser unruhigen Zeit, in der wir uns eingeengt fühlen, in einer verlässlichen Umgebung frei bewegen."

Den Wald mit Kinderaugen sehen

Insbesondere Familien hätten im Wald die Möglichkeit, ohne den üblichen Zeitdruck Kraft zu tanken und die lange Sehnsucht nach Entschleunigung zu stillen. Ein Vater, erzählt Janine Priester, habe in einer WhatsApp-Gruppe dieser Tage einen schönen Satz gesagt: "Das Besondere an dieser Zeit ist: Wenn ich mit meinen Kindern in den Wald gehe, fange ich an, die Natur mit Kinderaugen zu sehen."

>>>> Was darf man an den Ostertagen - und was nicht?

Bund und Länder haben eine Reihe von Verordnungen erlassen, die das öffentliche Leben einschränken. Insbesondere die kommenden Osterfeiertage werden ein Gradmesser dafür sein, ob die Menschen die Ausgangsbeschränkungen verinnerlicht oder immer noch nicht den Ernst der Lage erkannt haben. Der Krisenstab des Hochsauerlandkreises hat soeben wichtige Verhaltensregeln noch einmal zusammengefasst:

Besuche zu Ostern:
Der Besuch unter Freunden und Verwandten in NRW ist weiterhin erlaubt: „Das Land setzt hier auf die Eigenverantwortlichkeit der Menschen.“ Das Kaffeetrinken mit der Familie und das Grillen mit Freunden im eigenen Garten seien grundsätzlich erlaubt, aber man sollte sich genau überlegen, wen und wie viele Gäste man einlädt. Gerade ältere und kranke Menschen seien bei einer Infektion besonders gefährdet: „Halten Sie die Personenanzahl bitte so gering wie möglich.“ Picknick auf der grünen Wiese oder Grillen im Park sind nicht erlaubt. Sollte das Kaffeetrinken oder das Grillen auf dem eigenen Grundstück den Charakter einer öffentlichen Veranstaltung annehmen, sollen die Ordnungsämter einschreiten.

Besuche in Seniorenheimen, Kliniken und Einrichtungen für Behinderte:
Weil ältere und kranke Menschen als Hochrisikogruppen bei einer Infektion mit dem Coronavirus gelten, sind Besuche in Seniorenheimen, Krankenhäusern und Einrichtungen für Behinderte derzeit grundsätzlich untersagt. Der Krisenstab des HSK: „Auch wenn die Familie gerade zu Ostern zusammen sein möchte – bitte haben Sie dafür Verständnis!"