Hagen. Veranstaltungen mit weniger als 1000 Teilnehmern gibt es täglich in der Region. Doch der Umgang damit ist wegen des Coronaviorus’ nicht leicht.

Wie immer viel Herzblut haben die Organisatoren des Fördervereins der Grundschule Boloh in Hagen in die Vorbereitung der Kindersachenbörse gesteckt. Am kommenden Samstag sollten gut erhaltene Kinderkleidung in den Größen 92/98 bis 188, Bücher, Spielzeuge und Fahrzeuge verkauft werden. „Schweren Herzens und nach reiflicher Überlegung“, so Katja Schmidt vom Organisationsteam, „haben wir die Kindersachenbörse abgesagt.“ Der Grund: In Zeiten des Coronavirus’ herrscht mit Blick auf Menschenansammlungen Verunsicherung. Auch angesichts von Vorerkrankungen bei Familienangehörigen wollten sich einige Helfer nicht einem Risiko aussetzen, sagt Katja Schmidt. „Zudem konnten wir nicht einschätzen, ob wegen der aktuellen Entwicklungen überhaupt viele Besucher kommen.“

Für den Förderverein geht durch die Absage eine „ordentliche Geldsumme aus den erwarteten Einnahmen“ verloren. Katja Schmidt: „Sie fehlen für Projekte, die wir regelmäßig unterstützen.“

Veranstaltungen mit weniger als 1000 Teilnehmern sollen kritisch geprüft werden

Zwar fällt die Kindersachenbörse nicht unter das am Dienstag verkündete Verbot der NRW-Landesregierung für Veranstaltungen mit mehr als 1000 Teilnehmern – aber auch Veranstaltungen mit weniger als eben jenen 1000 Besuchern sollen von den Behörden kritisch geprüft werden. Die Landrätin und die Bürgermeister im Kreis Soest haben am Mittwoch an „Privatpersonen und Vereine“ appelliert, Veranstaltungen, „die öffentlichen Charakter haben und nicht wirklich zwingend jetzt stattfinden müssen, wenn möglich zunächst auf einen Zeitpunkt nach Ostern zu verschieben“. Damit könne man gemeinsam helfen, „einer raschen Verschlechterung entgegenzuwirken“. Gemeint ist: Vorbeugung einer allzu schnellen Ausbreitung.

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Es ist zwar noch einige Zeit bis zum 23. Mai 2020 – die Organisatoren des Parkfestes im Freizeitzentrum Biebertal in Menden haben dennoch bereits Plan B im Kopf: „Aktuell bleibt der Termin bestehen“, sagt Christian Feuring vom Förderverein, „aber letztendlich muss man abwarten, wie sich die Lage in den nächsten Wochen entwickelt.“

„Risiko in Schulen größer als auf Märkten“

Feuring hat sehr wohl Facebook-Diskussionen verfolgt, in denen die Notwendigkeit von Veranstaltungsabsagen angezweifelt wird. „Man muss immer das Risiko abwägen“, sagt er. Nachdem am Mittwoch der erste bestätigte Coronafall in Menden bekannt wurde und weitere folgen dürften, könnte es nach seiner Auffassung einen Sinneswandel geben. „Ich bin gespannt, ob sich das Meinungsbild ändert.“

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Maike Hauck verkauft auf Märkten selbstgenähte und gestickte Waren. „Die ersten Märkte wurden bereits abgesagt“, schildert die Hagenerin, „ich kann es verstehen. Es ist aber ein großer finanzieller Rückschlag für mich.“ Was sie allerdings nicht versteht: Outdoor-Veranstaltungen würden abgesagt, Schulen hingegen seien weiter geöffnet: „Das Risiko, sich an einer Schule – mit mehreren 100 Kindern in geschlossenen Räumen – zu infizieren, ist nach meiner Meinung größer als zum Beispiel auf einem Bauernmarkt an der frischen Luft.“ Maike Hauck nennt ein weiteres Beispiel, das sie „nicht versteht“: Schulausflüge werden abgesagt, wenn eine Fahrt in öffentlichen Verkehrsmitteln geplant war. Gleichzeitig fahren Jungen und Mädchen weiterhin in einem Bus oder einer Bahn zur Schule.

Größere Veranstaltungen meiden

Menschenansammlungen finden sich auch in Schwimmbädern – wie im Arnsberger „Nass“. Bis zu 800 Gäste kommen täglich dorthin – aber eben über den Tag verteilt, wie Geschäftsführer Bernd Löhr betont. 50 bis 100 Gäste seien pro Stunde gleichzeitig in der Halle. Weit unter dem Schwellenwert von 1000, der rechtfertigen würde, die Öffnung des Bades infrage zu stellen. „Wir konzentrieren uns auf das Kerngeschäft und meiden größere Veranstaltungen“, sagt Löhr.

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Ein Wettkampf am kommenden Samstag wurde daher ebenso abgesagt wie eine Pool-Party Anfang April. „Wir sitzen jeden Tag zusammen und bewerten die Lage neu“, sagt er. Angst vor einer Schließung durch das Ordnungsamt hat er derzeit nicht. Er fürchtet höchstens die Erkrankung seiner Mitarbeiter, die den Betrieb lahmlegen könnte. „Doch wirtschaftliche Überlegungen stehen derzeit hinter dem Schutz der Gesundheit zurück“, sagt er. Aber sind nicht Schwimmbäder und Saunen mit der feuchtwarmen Luft wahre Brutstätten für Viren? 35 Grad sind‘s in der Schwimmhalle. Bisher gilt bei Experten: Das Chlor im Wasser tötet die Viren zuverlässig ab.

Die private Geburtstagsfeier? Findet statt!

Auch im ganz privaten Rahmen treffen sich Menschen in größeren Gruppen. Ein 40. Geburtstag ist so ein Anlass. Der Ehrentag des Hageners Sebastian Bisplinghoff naht – und er wird diesen Tag auch groß feiern. Die Location ist gemietet, der D.J. bestellt. 70 Gäste werden kommen. An eine Absage „habe ich noch keine Sekunde gedacht“, sagt der 39-Jährige. „Das Thema ist weit weg.“ Weit weg? „Klar weiß ich, dass wir hier in Hagen Fälle haben. Ich meine: In meinem Umfeld spielt das ganze Thema keine große Rolle. Man kann es auch übertreiben und sich verrückt machen. Dann dürfte man aber gar nicht mehr vor die Tür gehen und wäre fast überall gefährdet.“