Gronau. . Eine furchtbare Verletzung beendete die Karriere von D.J. Covington. Doch der frühere Basketballspieler von Phoenix Hagen fand dadurch die Liebe.

Das Lächeln soll den Schmerz besiegen. „Ich dachte damals, dass mich nichts und niemand aufhalten kann“, sagt D.J. Covington (28), als er an seiner Wohnungstür angekommen ist. Mehrfamilienhaus in der Innenstadt von Gronau an der niederländischen Grenze. Zweite Etage. Ein paar Stufen sind‘s zu ihm hinauf. Damals hätte man ihm zugetraut, dass er aus dem Stand in die zweite Etage springt. Heute nimmt er lieber den Aufzug. Ach, damals. Seine Geschichte ist eine von Wehmut, von Vergangenheit, aber auch von Hoffnung und Optimismus.

24 Jahre alt war er damals und professioneller Basketballspieler bei Bundesligist Phoenix Hagen. Eine unglückliche Sekunde veränderte alles. Sie kostete ihn seinen Traum. Im Grunde gleich zweimal. Doch so sieht er das nicht. Oder nur manchmal. „Ich bin sehr gläubig“, sagt er: „Immer wenn Gott dir etwas wegnimmt, dann bekommst du etwas Besseres zurück.“

Der liebe Gott, das Schicksal, wer auch immer...nahm ihm das, was er liebte: Basketball. Und gab ihm, was er heute liebt: seine Frau Stella (21). „Ich hätte sie nicht getroffen, wenn ich nicht verletzt gewesen wäre. Ich glaube, alles ist aus einem bestimmten Grund passiert und sie ist aus einem bestimmten Grund in meinem Leben.“

Tragischer Unfall beendet seine Basketball-Karriere

Es war ein Heimspiel, Gegner das Spitzenteam aus Bamberg. Volle Halle in Hagen, 3000 Zuschauer. Covington sprintete über das Feld, stolperte, stürzte. So unglücklich, dass er sich das Knie ausrenkte. Als er an sich heruntersah, standen Unterschenkel und Oberschenkel in einem absurden Winkel zueinander. Die Zuschauer in der Halle kollabierten reihenweise bei dem Anblick. Die Bilder von Darius Jamar Covington gingen um die Welt. Wer sie sah, vergaß sie so schnell nicht.

„Als ich an mir herunterschaute, wusste ich sofort, dass meine Karriere vorbei war.“ Kurzes Innehalten. „Ich habe mir zwar versprochen, dass ich zurückkehren werde, aber ich wusste es.“ Alles im Knie war kaputt: Gefäße, Sehnen, Bänder, Nervenbahnen. Die Blutversorgung des Beins geriet in Gefahr. Es bestand sogar Lebensgefahr. Auf die erste Not-Operation folgten bis heute 17 weitere. Das Knie ist über und über vernarbt.

Covington arbeitete sich zurück, versuchte es wenigstens. Mühevoll, Stück für Stück. Reha, Schmerzen, Fragen. Langsam nur kehrt das Gefühl in den Fuß zurück, langsam nur weicht die Taubheit. Noch immer setzt der linke Fuß auf dem Boden auf als wäre er leblos, als taste er im Dunkeln nach etwas. „Ich vermisse es“, sagt er, „ich vermisse es so sehr.“ Basketball. Er wirft den Ball, den er eben noch in den Händen hielt, in den Wäschekorb.

Die Wohnung in Gronau hat er mit seiner Frau Stella und Hündchen Lola erst kürzlich bezogen. Covington muss sich jedes Mal ducken, wenn er den Raum wechselt. Die Türrahmen sind nicht hoch genug. Vor den Widrigkeiten des Lebens duckt er sich nicht weg. „Das Leben kommt in Wellen“, sagt er. Diese eine Welle, die er nicht erwartet hatte und ihn so verheerend mitriss, drückte ihn so weit unter Wasser, dass er nach Luft japste. „Ich hatte natürlich Phasen, in denen ich mich gefragt habe: Warum ich? Warum jetzt?“, sagt er: „Ich war verzweifelt, wollte wochenlang allein sein und empfand eine tiefe Traurigkeit.“

Aufbau eines neuen Lebens mit Ehefrau Stella

Doch irgendwo da unten lernte er seine heutige Frau kennen. Das Profi-Leben bestand aus Terminen. Nach dem Spiel ist vor dem Spiel. Rastlos. Training. Leistung abliefern. Aus dieser Hast heraus stürzte er haltlos. Er schrieb die Dame an, die ihm in den Sozialen Medien begegnete. Sie gefiel ihm. Sie antwortete, die beiden trafen sich. Gemeinsam seien sie an der Situation gewachsen. „Sie hilft mir, ein neues Leben aufzubauen“, sagt er. Stella studiert im nahe gelegenen Enschede. Deshalb wohnen sie in Gronau.

Und D.J.?

Es zog ihn zurück auf den Basketball-Platz – als Trainer. Im Sommer heuerte er beim TV Ibbenbüren an. Er assistierte dem Cheftrainer in der Regionalliga, coachte die Oberliga-Mannschaft. Fast jeden Tag in der Halle, zurück auf den Brettern, die ihm die Welt bedeuteten. „Es ist schön, meinen Fokus wieder auf etwas richten zu können, was ich liebe“, sagt er. Er wollte versuchen, als Coach Erfolg zu haben. Doch das Abenteuer ist vorerst schon wieder vorbei. Das Geld reichte nicht, auch nicht, wenn er die Frührente hinzurechnete. Von irgendwas müssen er und Stella leben. Er behilft sich seitdem, arbeitet im Fitness-Studio und in einer Brauerei.

Der nächste Traum – vorerst geplatzt.

„Er meistert das alles erstaunlich gut“, sagt Stella über ihren Mann. Im November 2017 heirateten sie. „Er versucht in er Öffentlichkeit immer zu lachen, aber zu Hause ist es auch mal anders. Allein schon, weil ihm das Bein weh tut.“ Den Fuß kann er noch immer nicht anziehen, das Bein muss oft gedehnt werden, die Muskulatur in den Beinen ist unterschiedlich stark ausgeprägt, der Rücken schmerzt deswegen häufig. „Ich versuche immer für ihn da zu sein, versuche mich in ihn hineinzuversetzen, höre ihm zu.“

Er sagt, dass er mit ihr über alles reden kann. Darius Jamar Covington hat jemanden gefunden, bei dem er sich fallen lassen kann. Jemanden, der ihn versteht.

Ein neuer Traum

Trainer wäre er immer noch gern. An der Militär-Universität in Virgina hat er den Bachelor in Psychologie abgelegt. Vielleicht kann er das mit seiner Geschichte und seinem Basketball-Wissen verbinden zu einer Zukunft. Das ist ein neuer Traum. „Es macht ihm Spaß, anderen Mut zu machen“, sagt Stella über ihren Mann, dessen Reise noch längst nicht beendet ist. „Ich habe viel über mich gelernt. Das wichtigste ist, dass nichts im Leben selbstverständlich ist. Ich weiß jetzt mehr zu schätzen, was ich hatte. Und ich weiß zu schätzen, was ich noch habe. Es gibt noch genug Dinge, die ich tun kann.“ Er überlegt kurz: „Ich kann das Leben anderer positiv beeinflussen.“ Er lächelt.