Hagen. Die Sauerländer Schützen reagieren irritiert auf den Vorstoß von Minister Scholz, reinen Männervereinen die Gemeinnützigkeit abzuerkennen.
Die Nachricht war noch nicht sehr lange in der Welt, da trudelten bei Martin Tillmann schon die ersten Hinweise darauf aus seinem Gefolge auf. Tillmann ist Bundesoberst des Sauerländer Schützenbundes und damit sozusagen der ranghöchste Schütze der Region. Und die Nachricht, um die es geht, versetzt das Schützenwesen in Aufruhr. Denn nach dem Willen von Bundesfinanzminister Olaf Scholz wird reinen Männervereinen in Zukunft die Gemeinnützigkeit aberkannt. Der Gesetzesentwurf sei auf dem Weg. Ein Vorstoß, der an verschiedenen Stellen auf Unverständnis stößt. Und auf Spott.
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„Als nächster Schritt wäre dann zu prüfen, ob man als Rentner nicht in einem Kinderchor aufgenommen werden muss, da man ansonsten ja altersdiskriminiert wird“, echauffiert sich Jochen Voigt, Kassierer der Garbecker Schützenbruderschaft Heilige Drei Könige in Balve. Tobias Klauke, Vorsitzender der Schützenbruderschaft St. Michael Olsberg, meint: „Wir sind alle im Ehrenamt tätig und machen als Schützen viele Dinge nicht nur für unseren Verein, sondern auch für die Allgemeinheit.“
„Plumpes Wahlkampfmanöver“
Martin Tillmann, der Bundesoberst, sieht es ähnlich. „Warum soll ein Verein, der nur für Frauen oder nur für Männer zugänglich ist, nicht trotzdem gemeinnützig sein“, fragt der Rechtsanwalt und will eigentlich keine Antwort auf seine Frage. Er kennt sie ja. Die Schützenhalle - nur zum Beispiel - stünde ja nicht nur den Schützen zur Verfügung. „Ich halte das für ein ziemlich plumpes Wahlkampfmanöver von Herrn Scholz“, sagt er. Die Mehrheit der Vereine im Sauerländer Schützenbund, sagt Tillmann, erlaubten keine weiblichen Mitglieder. Sie alle wären von einer solchen Regelung, wie sie Scholz vorschlägt, betroffen. „Die Gemeinnützigkeit ist für Vereine sehr wichtig. Wenn daran gerüttelt werden sollte, dann gibt das Anlass zur Sorge. Daher ist es ein ernstzunehmendes Thema.“
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Eines zudem, das nicht vom Himmel fällt. Einer Freimaurerloge, die nur Männer als Mitglied vorsah, war im Jahre 2012 die Gemeinnützigkeit aberkannt worden. Der Bundesfinanzhof bestätigte diese Sichtweise mit seinem Urteil 2017. Aber diese Entscheidung „hatte keine Allgemeingültigkeit“, sagt Tillmann. Aber was, wenn es doch so kommt? „Demnach wären die Katholische Frauen-Gemeinschaft Deutschlands, die Tölzer Sängerknaben oder der Mädchenchor nebenan auch nicht gemeinnützig. Diese Gleichung geht doch nicht auf“, sagt Tillmann.
Gesangsvereine haben Satzung schon geändert
Doch es gibt einen kleinen, aber entscheidenden Unterschied zwischen Männergesangsvereinen oder Frauenchören und den Schützen. Er liegt in der Satzung. „Mir wäre kein Chor oder Gesangsverein in NRW bekannt, der seine Satzung nicht schon längst angepasst hätte. Und wenn es solche Vereine noch gäbe, würden wir ihnen raten, das nachzuholen, um den heutigen Ansprüchen gerecht zu werden“, sagt Regina van Dinther, Präsidentin des Chor-Verbands Nordrhein-Westfalen. 2500 Vereine sind Mitglied im Landesverbands mit Sitz in Dortmund.
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Beispiel: Die Satzung des Frauenchors Harmonie in Wetter. „Singendes Mitglied kann jede stimmbegabte Person ab einem Alter von 14 Jahren sein.“ Bei der St. Georgs-Schützenbruderschaft Meschede klingt das anders: „Jeder Mann, der das 16. Lebensjahr vollendet hat, im Besitz der bürgerlichen Ehrenrechte ist und christliches Gedankengut vertritt, kann Mitglied der Bruderschaft werden.“
Die Büchse der Pandora
Obwohl laut Satzung Frauen nicht ausgeschlossen sind, verärgert der Vorstoß auch einen Sänger wie Bernhard Krüdewagen (57). Er ist 1. Vorsitzender des 1874 gegründeten Männerchores Balve und appelliert „an den gesunden Menschenverstand“ und das Ehrenamt nicht weiter zu beschädigen. „Wenn wir den Status der Gemeinnützigkeit verlieren, dann wird es den Männerchor Balve in zwei Jahren nicht mehr geben.“
Ebenfalls nicht im Folus von Scholz’ Idee steht die Katholische Frauengemeinschaft Deutschlands. Männern ist es dort ebenfalls möglich, Mitglied zu werden. „Wir gehen momentan davon aus, dass wir von dieser möglichen Gesetzesänderung nicht betroffen wären“, meint Saskia Bellem, Pressesprecherin des Bundesverbandes. „Wenn doch, hätten wir ein Problem. Dann wäre die Büchse der Pandora geöffnet.“