Hagen. Kippen, Kaugummi und Kaffeebecher: Bürger, die ihren Müll achtlos wegwerfen, müssen in einigen Kommunen tief in die Tasche greifen.

Eben noch schnell eine Zigarette rauchen – das wollte auch der Mann am Elbersufer in Hagen. Der 61-jährige Sauerländer war zu Besuch und auf dem Weg in ein Restaurant, als er noch einmal einen tiefen Zug nahm, die Kippe schließlich auf dem Boden ausdrückte und durch den Gullydeckel warf. Von der Zigarette war nichts mehr zu sehen, als ihn zwei Mitarbeiter des Ordnungsamtes plötzlich von hinten ansprachen. „Sie haben soeben eine Ordnungswidrigkeit begangen. Wir würden gerne Ihren Ausweis sehen.“ Der Mann war sichtlich verdutzt. Noch überraschter war er, als wenige Wochen später ein Bescheid im Briefkasten lag: 30 Euro, weil er seine Zigarette nicht ordnungsgemäß entsorgt hatte.

55 statt 30 Euro

Hätte er die Kippe nach dem 1. Oktober 2019 weggeworfen, wäre es für ihn noch teurer geworden. Denn seitdem gelten in Hagen andere „Tarife“. 55 statt 30 Euro kostet es nun, wenn Umweltsünder ihren Müll illegal entsorgen. Es gibt auch Bußgelder bis zu 100 Euro, sollten sie sich nicht einsichtig zeigen oder mehrfach erwischt werden. Dabei geht es nicht nur um Zigaretten, wie Michael Kaub, Sprecher der Stadt Hagen, mitteilt. „Es geht um Müll allgemein. Dazu zählen unter anderem auch Kaffeebecher, Taschentücher und Kaugummis.“

Grund für die Erhöhung ist der überarbeitete Abfall-Bußgeldkatalog des NRW-Umweltministeriums – eine Entscheidungshilfe zur „Ahn-dung von Ordnungswidrigkeiten im Bereich Umweltschutz“. Empfohlen werden Strafen von mindestens 100 Euro – was eine Frau in Lüdenscheid erst jüngst zu spüren bekam. Die Polizei hatte sie dabei ertappt, wie sie eine Zigarette aus dem Auto warf. Der grüne Geldschein war fällig.

In vielen Regionen Südwestfalens jedoch wurden die Bußgelder in diesem Zuge nicht erhöht. So kostet es in Siegen je nach Vergehen zwischen 30 und 50 Euro, in Balve zwischen 20 und 75 Euro und in Bad Berleburg rund 20 Euro.

Nicht genügend Personal

In Brilon kann es für größere Umweltsünden sogar noch teurer werden. Für die illegale Abfallentsorgung sieht die Stadt Strafen bis zu 200 Euro vor. Die Sanktionierung richte sich nach der Menge des Abfalls. „Verwarnungen bei Kleinmengen, wie Zigarettenkippen oder Kaugummis, werden jedoch nur äußerst selten erteilt“, sagt Stadtsprecherin Andrea Wind.

Hinzu komme, dass nur selten Umweltsünder auf frischer Tat ertappt werden. Das bestätigt auch Dennis Osberg von der Stadt Herdecke. Das liegt unter anderem daran, dass die Ordnungsamtsmitarbeiter „auch mit vielen anderen Aufgaben beschäftigt sind und es keine eigene Müllpolizei in Herdecke gibt“. Kein Einzelfall – auch in Siegen sei es eher schwierig, die Mitmenschen direkt zu erwischen. In diesem Jahr wurden bislang 16 Verfahren eingeleitet.

Die Stadt Soest setzt derweil auf das Prinzip der Ermahnung. Im Stadtgebiet sind drei Mitarbeiter der Abteilung Bürger- und Ordnungswidrigkeiten sowie die City-Streife eines gewerblichen Wachdienstes unterwegs, um unter anderem Verunreinigungen nachzugehen. „Die Erfahrungen zeigen, dass ertappte Personen in der Regel durch eine direkte Ansprache dazu bewegt werden können, den Müll sofort zu entfernen“, sagt Stadtsprecher Thorsten Bottin. Doch auch in Soest sei es trotz City-Streife schwierig, die Verursacher zu erwischen. „Eine Verschärfung des Bußgeldkatalogs würde daran nichts ändern“, so Bottin.

Winterberg erhöht Strafen

Das wird sich in Winterberg noch zeigen. Der Rat hat sich kürzlich mit dem Thema „illegale Müllentsorgung“ beschäftigt und einstimmig eine Absichtserklärung formuliert, nach der die Stadt sich künftig an dem überarbeiteten Bußgeldkatalog orientieren wird. Dennoch wird weiterhin unterschieden, ob es sich um einen erstmaligen Verstoß handelt oder um einen vorsätzlichen. Sprecherin Kristin Leber: „Wenn der Außendienst einen Verstoß feststellt, beispielsweise das Wegwerfen eines Kaugummis, dann erfolgt in der Regel eine Verwarnung ohne Bußgeld. Wiederholungstäter haben wir derzeit nicht.“

Der 61-jährige Raucher aus dem Sauerland, der in Hagen auf frischer Tat erwischt wurde, will aus dem 30-Euro-Bußgeldbescheid lernen, wie er sagt: „Das passiert mir nicht noch einmal.“