Lippstadt. Am Tag vor der Hauptversammlung meldet der Zulieferer Hella einen schwachen Start ins Geschäftsjahr. Warum sich Aktionäre dennoch freuen dürfen.
Der Automobilzulieferer Hella hat im ersten Quartal des neuen Geschäftsjahres einen deutlichen Umsatzrückgang um 5,5 Prozent auf 1,6 Milliarden Euro gegenüber dem Vorjahreszeitraum (1,7 Milliarden Euro) verbuchen müssen. Bereinigt. Zählt man unter anderem die Umsätze aus dem inzwischen verkauften Großhandelsgeschäft hinzu, läge das Umsatzminus sogar bei 12,1 Prozent. Dennoch dürften sich die Aktionäre auf die Hauptversammlung am heutigen Freitag am Stammsitz in Lippstadt freuen. Es winkt eine Dividende pro Aktie in Höhe von 3,35 Euro.
Enormes Bonbon
Ein enormes Bonbon in schwierigen Zeiten für die Branche. Die Höhe der Ausschüttung hat vor allem mit einem Sondereffekt zu tun, dem Verkauf der Großhandelsfirmen in Dänemark und Polen. Knapp 400 Millionen Euro spülte die Portfoliobereinigung in die ohnehin gut gefüllten Kassen des Licht- und Elektronikspezialisten, von denen ein wesentlicher Teil als Sonderdividende in Höhe von 2,30 Euro pro Aktie nun ausgeschüttet werden soll.
Die „normale“ Dividende bleibt also bei 1,05 Euro auf Vorjahresniveau. Was angesichts des Marktumfeldes, in dem Zulieferer wie Continental gerade harte Einschnitte mit immensem Arbeitsplatzabbau verkündeten und zunehmend Kurzarbeit in Betrieben Einzug hält, dennoch nicht selbstverständlich ist.
Aktie auf sanfter Achterbahnfahrt
Die Hella-Aktie hat innerhalb des vergangenen Jahres verloren. Vor einem Jahr notierte das Papier im M-Dax noch bei rund 50 Euro pro Stück. Zum Börsenschluss in Frankfurt lag es am Donnerstag bei knapp 43 Euro.
Nach Bekanntgabe der vergleichsweise guten Bilanz des am 30. Juni 2019 abgelaufenen Geschäftsjahres war die Aktie zeitweise sogar auf 34 Euro abgerutscht. Analysten scheint ein Kurs zwischen 45 und 50 Euro angesichts der guten Hella-Geschäftsfelder gerechtfertigt.
Gestartet war die Aktie im November 2014 mit einem Kurs von 27,50 Euro. Bisheriger Höchststand war im Januar 2018 bei 58,60 Euro.
Ganz so schlecht liegt Hella mit den Quartalszahlen auch deshalb nicht, weil im Juli und August 2018 die Geschäfte außerordentlich gut liefen, bevor ab September vergangenen Jahres das WLTP-Abgas-Messverfahren eingeführt wurde.
Die schwache Marktentwicklung hatte Hella-Chef Rolf Breidenbach im August bei der Vorstellung der Gesamtbilanz für 2018/19 bereits vorhergesagt. Insofern ist man in Lippstadt nicht kalt erwischt worden. „Es war der erwartet schwierige Start in das neue Geschäftsjahr. Die Automobilkonjunktur hat sich im ersten Quartal weiter eingetrübt, die Fahrzeugproduktion ist erneut deutlich zurückgegangen“, sagte Breidenbach gestern. Hella entwickle sich weiter besser als der Markt, insofern sehe man sich in der Strategie bestätigt, weiter auf die großen Trends Elektrifizierung und Autonomes Fahren zu setzen.
6,5 bis 7 Milliarden Euro Jahresziel
Der Blick über den Tag der Hauptversammlung hinaus auf das gesamte Geschäftsjahr 2019/20 bleibt trübe. „Wir rechnen nach wie vor mit keiner Markterholung. Im Gegenteil: Die weltweite Automobilkonjunktur wird sich auf Sicht weiter abschwächen“, so Breidenbach. Am Ende des laufenden Geschäftsjahres soll der Konzernumsatz dennoch bei 6,5 bis 7 Milliarden Euro liegen.
Dass Hella sich dem Druck im Markt trotz Technologieführerschaft in wichtigen Bereichen nicht komplett entziehen kann, hat der im Sommer angekündigte Arbeitsplatzabbau im Lichtwerk II gezeigt. 200 von 1350 Jobs in der Scheinwerferproduktion fallen hier weg, weil konzernintern in Osteuropa deutlich günstiger produziert werden kann. Hella bot betroffenen Beschäftigten unter anderem Wechsel in das Elektronikwerk in Hamm an.